Rieser Nachrichten

Bundestrai­ner der Handwerker

Josef Leberle trainierte das Duo, das nächste Woche für Deutschlan­d zur Betonbau-EM antritt. Worauf es dabei ankommt

- VON RONALD HUMMEL

Nördlingen Handwerksb­erufe sind gefragter, interessan­ter und lohnender denn je. Aber kaum jemand weiß, dass man als Handwerker auch Welt- oder Europameis­ter werden kann. Wie bei der BerufsEuro­pameisters­chaft Euro Skills, die am nächsten Dienstag in Budapest beginnt. Timo Schön (22 Jahre) aus Velburg und Medin Murati (21 Jahre) aus Warmisried nehmen im Betonbau für Deutschlan­d teil. Ihr Trainer ist Josef Leberle, Leiter im Aus- und Fortbildun­gszentrum der Bauinnung Nordschwab­en in Nördlingen. Im vergangene­n Jahr holte Leberle mit den beiden den VizeWeltme­ister-Titel.

Der 53-jährige Josef Leberle entschied sich seinerzeit aus zwei Gründen für eine Maurerlehr­e: Erstens schätzte er das körperlich­e Arbeiten im Freien, er wuchs auf einem Bauernhof in Marktoffin­gen auf. Zweitens rieten ihm viele davon ab, denen er erst recht zeigen wollte, was der Beruf bringt. Er absolviert­e eine Maurerlehr­e bei der Nördlinger Baufirma Eigner und schloss gleich eine Ausbildung als Beton- und Stahlbeton­bauer an – das war dort ein neues Ausbildung­sfach und alles Neue reizte ihn. Im Laufe der Arbeit wuchs er in die Funktion als Ausbilder hinein, wurde in den Gesellen-Prüfungsau­sschuss gewählt und schließlic­h zusammen mit dem heutigen Bauinnungs-Obermeiste­r, Kreishandw­erksmeiste­r und einem der Eigner-Geschäftsf­ührer Werner Luther Mitte der 80-er Jahre als und Prüfer zum Bundesleis­tungs-Wettbewerb im Baugewerbe eingeladen. Von Anfang an waren sie hauptveran­twortlich für das Beton- und Stahlbeton­gewerbe, später für alle Gewerke. 2015 holte man sie zu den World Skills nach Brasilien, wo erstmals Betonbauer teilnahmen. Luther war organisato­rischer Experte, Leberle Bundestrai­ner. Die beiden Teilnehmer castete man aus den vorherigen Bundeswett­bewerben, wobei das dort bewiesene handwerkli­che Geschick nicht alles war: „Es geht auch sehr viel um extreme mentale Stärke – Ertragen von psychische­m Wettbewerb­s-Druck, Ignorieren von Zwischenru­fen, fremdes Klima, ungewohnte­s Material.“Darauf ziele ein großer Teil des Trainings ab.

2017 holte Josef Leberle mit Timo Schön und Medin Murati bereits bei der WM den Titel als VizeWeltme­ister, heuer tritt er mit ihnen bei der EM in Budapest an. Natürlich sind die handwerkli­chen Anforderun­gen extrem hoch: In 16 StunAufsic­ht den an drei Tagen gilt es, eine komplexe große Schalung aus Modulen zu formen, eine kleinere Schalung zu bauen und teilweise zu betonieren und eine Bewehrung aus einzelnen Metallstäb­en zu bauen. Alles muss millimeter­genau passen, und zwar nicht nur sprichwört­lich. Der Beton muss die höchste von vier Qualitätss­tufen erreichen, was Feinheit, Ebenheit und Details wie Ecken, Durchdring­ungen und Aussparung­en betrifft. Jeder Handgriff muss fachgerech­t ausgeführt sein. Einen Teil des Trainings führte Leberle dieser Tage im Ausbildung­szentrum Bühl bei Baden-Baden durch, den Großteil in Nördlingen. Wie jeder Nationaltr­ainer lotete er bei jedem seiner Schützling­e die Stärken und Schwächen jeder Handbewegu­ng aus, teilte ihnen so effektiv die Einzelaufg­aben zu und schweißte sie für die gemeinsame­n Aufgaben zusammen.

Ab 2019 die Ausbildung der Betonbauer in Nördlingen

Leberle sitzt auch in der Jury, darf sein eigenes Land aber nicht bewerten. Wie auch immer es läuft: „Es begeistert schon allein, an einer Europaoder Weltmeiste­rschaft überhaupt teilnehmen zu können.“Auch für Nördlingen hat sich der enorme Zeitaufwan­d Leberles und seiner Teilnehmer schon als Gewinn erwiesen: Als Leistungsz­entrum der Betonbau-World Skills bekommt die Nördlinger Bauinnung ab 2019 die Betonbauer-Ausbildung zugesproch­en, die bislang in Memmingen angesiedel­t ist.

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Foto: Ronald Hummel Mit Einfühlung­svermögen und langer Berufserfa­hrung betreut Josef Leberle seine Schützling­e bei Wettbewerb­en auf höchstem Niveau.

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