Anschlag im Iran facht Spannungen am Golf an
Teheran macht Saudi-Arabien und Washington für die Gewalttat bei einer Militärparade verantwortlich
Istanbul Nach dem Tod von mindestens 24 Menschen bei einem Anschlag auf die iranischen Revolutionsgarden eskalieren die Spannungen in der Golf-Region. Die Gewalttat könnte wie ein Funke für die Lunte an einem Pulverfass wirken: Aus Sicht der Regierung steht fest, dass der regionale Rivale Saudi-Arabien seine Hand im Spiel hatte. Schon vor dem Anschlag bildeten der Stellvertreterkrieg zwischen Teheran und Riad in Jemen, der iranische Einfluss im Irak und in Syrien sowie der wachsende wirtschaftliche Druck der USA auf den Iran eine hochgefährliche Mischung. Diese könnte jetzt bis zu militärischen Auseinandersetzungen mit Beteiligung Amerikas eskalieren.
Das Ziel des Anschlags während eines Aufmarsches in Ahwas zum Gedenken an den Ausbruch des iranisch-irakischen Krieges im Jahr 1980 machte deutlich, dass es den Tätern und deren mutmaßlichen Hintermännern um das iranische Regime an sich ging: Die Revolutionsgarden bilden die mächtigste militärische Streitmacht im Land und unterstehen direkt Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei.
Schon wenige Stunden, nachdem die Attentäter das Feuer auf die Soldaten der Harden und auf Schaulustige eröffnet hatten, ging die Führung mit Vorwürfen an Riad in die Öffentlichkeit. Anfängliche Beschuldigungen gegen den Islamischen Staat (IS), der sich auch umgehend zu dem Anschlag bekannte, wichen bei Politikern und Medien rasch der Einschätzung, dass die Bluttat einen regionalpolitischen Hintergrund gehabt haben muss. Als Schuldige für das Blutvergießen kommen aus Sicht Teherans vor allem Organisationen infrage, die von Saudi-Arabien unterstützt werden. So wurden in iranischen Medienberichten die Bekenntnisse von arabisch-separatistischen Gruppen zitiert: Diese hätten als Extremisten der sunnitischen Minderheit im Iran den Kampf gegen die Sicherheitskräfte in dem überwiegend schiitischen Land aufgenommen.
Ob die zitierten Bekenntnisse echt sind oder nicht, ist fast schon Nebensache: Die iranische Regierung beschuldigte die USA und ihre Partner am Golf. Khamenei sprach von „Staaten in der Region, die Marionetten der USA“seien – und meinte damit Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE). Präsident Hasan Ruhani betonte, die USA würden ihre „aggressive Haltung“noch bereuen.
Hinweise auf diese „aggressive Haltung“der USA und ihrer Partner am Golf gibt es aus iranischem Blickwinkel heraus genug. Präsident Donald Trump überzieht den Iran mit Wirtschaftssanktionen. Seine Politik zielt auf eine Ablösung des Mullah-Regimes, auch wenn diese Absicht notdürftig mit dem Hinweis auf die Gefahren durch das iranische Atomprogramm bemäntelt wird. Der saudische Thronfolger Mohammed bin Salman stellte Khamenei im vergangenen Jahr auf eine Stufe mit Adolf Hitler und kündigte einen Machtkampf mit Teheran an, der „im Iran“stattfinden werde.
Beide Seiten fühlen sich vom jeweiligen Gegenüber in die Zange genommen. Im Jemen kämpfen die Saudis gegen die mit dem Iran verbündete Gruppe der Huthis. Riad betrachtet zudem mit Sorge, dass der Iran seine Rolle im Irak und in Syrien ausbaut: Diese Entwicklungen könnten das saudische Königreich vom Süden und Norden her unter Druck setzen. Umgekehrt sieht sich der Iran an seiner Südwestgrenze durch Saudi-Arabien, die UAE und die amerikanische Militärpräsenz am Golf bedroht, während im östlich gelegenen Afghanistan ebenfalls Amerikaner und andere westliche Staaten aktiv sind.
Trumps geplante Sanktionen gegen den iranischen Ölsektor heizen die Stimmung weiter an. Washington will erreichen, dass der Iran ab November kein Rohöl mehr exportieren kann. Damit will das Weiße Haus der Islamischen Republik ihre Haupteinnahmequelle nehmen. Teheran drohte deshalb bereits mit der Sperrung der Straße von Hormus, das Nadelöhr am Persischen Golf, durch das die Ölexporte der amerikanischen Partner in der Region zu den Weltmärkten gebracht werden.