Das Lachen verfolgt sie bis heute
Professorin belastet Richter erneut schwer
New York Christine Blasey Ford kämpft. Mit den Tränen, mit ihrer Stimme, mit der Aufregung. Die 51-Jährige sitzt vor dem Justizausschuss des US-Senats, schaut angestrengt auf die Notizen vor sich und liest ein vorbereitetes Statement ab. Wort für Wort. „Ich bin heute nicht hier, weil ich das will. Ich habe Angst“, sagt sie, als ihre Stimme zum ersten Mal bricht. 15 Minuten lang kämpft sich die PsychologieProfessorin durch mehrere Seiten Text. Es ist unübersehbar, wie schwer ihr der Auftritt fällt.
Der Justizausschuss hört jene Frau an, die schwere Vorwürfe gegen den Supreme-Court-Anwärter Brett Kavanaugh erhoben hat und damit seine Berufung auf einen der einflussreichsten US-Richterposten stoppen könnte.
Seit Tagen dominiert Fords Name die Schlagzeilen. Doch an diesem Tag tritt sie zum ersten Mal öffentlich auf, seitdem ihre Anschuldigungen publik wurden. Der Druck auf Ford ist enorm. Eine Anhörung dieser Art hat sie noch nie durchgemacht, noch dazu zu diesem heiklen Thema. Eine Kamera ist durchgehend auf sie gerichtet. Fernsehsender übertragen die Anhörung live. Die Nation kann zuschauen, wie sie über jenen Moment spricht, der ihr Leben nach eigenen Angaben aus den Fugen gebracht hat: Jener Sommerabend Anfang der 80er Jahre, als Kavanaugh versucht haben soll, sie am
Rande einer Schülerparty zu vergewaltigen. Ford war damals 15 Jahre alt. Ford erzählt ihre Version des Abends vor den Senatoren: Kavanaugh und dessen Freund Mark Judge hätten sie in einen Nebenraum gelotst, Kavanaugh habe sich auf sie geworfen, versucht, sie auszuziehen, und ihr den Mund zugehalten, um sie am Schreien zu hindern. Sie habe gefürchtet, „Brett könnte mich versehentlich töten“. Das „schallende Lachen“der Jungen habe sich in ihr Gedächtnis eingebrannt, sagt Ford.
Und sie beschreibt, was in den vergangenen Tagen passierte, seitdem ihre Vorwürfe öffentlich wurden. Sie sei bedroht und angefeindet worden, sie und ihre Familie hätten aus Sicherheitsgründen ihr Zuhause verlassen müssen. Sie habe lange mit sich gerungen, ihre Geschichte öffentlich zu machen, sagt Ford. Was dann passiert sei, sei weit schlimmer, als sie es je befürchtet habe.
Kritiker hatten zuvor ihre Glaubwürdigkeit infrage gestellt und die These gestreut, womöglich habe Ford Kavanaugh einfach mit einem anderen jungen Mann verwechselt. Ford weist das vor dem Ausschuss mehrfach zurück. Sie sei „100 Prozent sicher“, dass der Angreifer Kavanaugh gewesen sei. An dieser Stelle kommt die Wissenschaftlerin in ihr durch. Sie verweist auf grundlegende Funktionen der Erinnerung, Prozesse im Gehirn.
Kavanaugh weist alle Vorwürfe zurück – die von Ford, aber auch die der weiteren Frauen, die nach Ford mit Anschuldigungen an die Öffentlichkeit gingen. Diese Frauen berichten von Partys und einem Brett Kavanaugh, der sich damals exzessiv betrunken und immer wieder Frauen sexuell belästigt habe. „Meine Familie und mein Name sind durch diese bösartigen und falschen Anschuldigungen zerstört worden“, sagt Kavanaugh in lautem und erregtem Ton und mit zornigem Gesichtsausdruck vor dem Justizausschuss, vor dem er nach Ford aussagte.