Was stimmt? Faktencheck zum TV-Duell
Landtagswahl Markus Söder und Ludwig Hartmann lieferten sich einen Schlagabtausch zu den Themen Wohnen, Energie und Zuwanderung. Doch waren alle Aussagen wahr?
München „Bleiben wir doch bitte bei den Fakten.“Immer wieder ermahnte Ministerpräsident Markus Söder, 51, den jüngeren GrünenPolitiker Ludwig Hartmann, 40, im TV-Duell. Der Spitzenkandidat der Grünen kommentierte Aussagen Söders allerdings ähnlich häufig mit dem Satz: „Das kann ich so nicht stehen lassen.“Rund 740000 Menschen in Bayern sahen sich den Schlagabtausch der beiden an. Doch was war richtig, was war falsch? Das TV-Duell zur Landtagswahl im Faktencheck.
● Wirtschaftswachstum „An Fakten kommt man nicht vorbei: Das Wachstum in Baden-Württemberg ist mittlerweile schwächer als in Berlin oder Bremen.“Diese Aussage von Ministerpräsident Markus Söder stimmt zwar, doch einen wichtigen Aspekt lässt der Ministerpräsident weg: Auch Bayerns Wachstum ist schwächer als das der beiden Stadtstaaten. Der „Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder“vergleicht jährlich die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in den Bundesländern. In Baden-Württemberg stieg das BIP im vergangenen Jahr um 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Berlin um 4,7 Prozent, in Bremen sogar um fünf Prozent. In Bayern stieg das BIP um 4,3 Prozent. Also mehr als in Baden-Würt- aber weniger als in Berlin und Bremen. Betrachtet man das Wachstum je Einwohner oder je Erwerbstätigem liegt Bayern zwar vor Berlin, aber immer noch hinter Bremen. Allerdings liegt die bayerische Wirtschaft, ebenso wie die in Baden-Württemberg, auch auf einem deutlich höheren Niveau.
Ludwig Hartmann entgegnete, Bayern und Baden-Württemberg hätten sich seit der Wirtschaftskrise 2009 beim Wirtschaftswachstum immer wieder abgewechselt. Damit hat der Politiker nur teilweise recht. Zwar gab es Wechsel, wer von beiden stärker wächst. Allerdings wuchs Bayern in sechs Jahren stärker, Baden-Württemberg nur in zwei.
● Zuwanderung Bayern ist ein Zuwanderungsland, da sind sich Söder und Hartmann einig. Doch Söder sagte, der Hauptteil der Zuwanderung komme aus den anderen Bundesländern. Diese Aussage des Ministerpräsidenten stimmte zwar vor zehn Jahren, heute sieht die Situation allerdings anders aus. Wie viele Menschen nach Bayern ziehen und woher diese kommen, erfasst das Bayerische Landesamt für Statistik in Fürth. 2016 zogen demnach 129 138 Menschen aus Gemeinden innerhalb des Bundesgebiets nach Bayern. Aus dem Ausland kamen 316 217 Menschen, mehr als die Hälfte davon aus Ländern der Europäischen Union.
● Energie Bayern sei eines der führenden Länder bei der Erzeugung von Öko-Energie, erklärte Markus Söder während der Diskussion zur Abstandsregelung für Windkrafträder. Fakt ist: Von der Führung ist Bayern weit entfernt. Zahlen hierfür liefert das Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie. Die erneuerbaren Energien machten 2016 43,3 Prozent der Bruttostromerzeugung in Bayern aus. Deutlich höher liegt der Wert etwa in Schleswig-Holstein (54,8 Prozent). In absoluten Zahlen liegt das flächenmäßig größere Bayern allerdings vorn. Dort wurden 35,3 Terawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, in Schleswig-Holstein 19,2. Söder erklärte allerdings auch: „Bayern ist kein Windland, wir sind nicht die Küste.“
● Wohnen Aus Sicht der Bürger sei bezahlbares Wohnen derzeit das zweitwichtigste Thema, sagte Moderator und BR-Chefredakteur
Christian Nitsche im TV-Duell. Söder verwies auf die Förderungen des Freistaats. Hartmann konterte: Vor zehn Jahren sei die Wohnraumförderung etwa auf dem Niveau von heute gewesen. Unter anderem während Söders Zeit als Finanzminister sei sie deutlich nach unten gegangen und steige erst jetzt wieder. Damit hat Hartmann nur in Teilen recht: Als Söder 2011 Finanzminister wurde, wurden in Bayern zunächst ettemberg, was weniger Eigentums- und Mietwohnungen durch das bayerische Wohnungsbauprogramm gefördert. Das geht aus Zahlen des bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr hervor. Deutlicher sank das ausbezahlte Wohngeld: Von 136,9 Millionen Euro 2011 auf 57,7 Millionen Euro 2015. Die Mittel des Freistaats zur Wohnraumförderung blieben in diesem Zeitraum allerdings in etwa gleich – zwischen 170 und 180 Millionen Euro. Seit 2015 steigen sie, zuletzt auf 548 Millionen Euro. Das ist deutlich mehr als vor zehn Jahren.
● Beamtenbonus Söder brüstete sich im Duell auch mit der Aussage, bayerische Beamte, etwa Polizisten und Lehrer, verdienen im Bundesdurchschnitt am meisten. Das stimmt, wie der diesjährige Besoldungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) gezeigt hat. Seit 2006 bezahlen die Bundesländer ihre Staatsbediensteten nach Kassenlage. Dank der guten wirtschaftlichen Situation kommen bayerische Beamte so deutlich besser weg als ihre Kollegen in den übrigen Ländern. So verdient laut DGB eine neu verbeamtete Justizvollzugsbeamtin in Berlin rund 12 Prozent weniger als im Freistaat, ein Lehrer in Rheinland-Pfalz sogar 18,5 Prozent weniger als in Bayern. Für die DGB sind diese enormen Gehaltsunterschiede innerhalb Deutschlands aber eher negativ zu sehen.