Rieser Nachrichten

Wie kam das Virus in das Blut der Patienten?

Hepatitis C Das Gesundheit­samt bestätigt, dass der ehemalige Narkosearz­t in der Donauwörth­er Klinik ein Suchtprobl­em hat. Die Ermittlung­en laufen und Patienten blockieren die Telefonlei­tungen

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Donauwörth Der Narkosearz­t, der in der Donau-Ries-Klinik in Donauwörth angestellt war und im Verdacht steht, mehrere Patienten mit Hepatitis C angesteckt zu haben, „ist als medikament­enabhängig einzustufe­n“. Das hat Dr. Rainer Mainka, Leiter des Gesundheit­samts Donau-Ries, gegenüber unserer Zeitung nun offiziell bestätigt. Diese Einschätzu­ng basiere auf Ermittlung­en der Polizei und der Gesundheit­sbehörde.

Der Mediziner sei in dieser Woche ins Landratsam­t einbestell­t und gezielt befragt worden – als Patient, so Mainka. Nach Informatio­nen unserer Zeitung soll der Anästhesis­t unter psychische­n Problemen leiden. Gegen diese nimmt er wohl starke Medikament­e. Jetzt muss laut Mainka überprüft werden, „ob das Virus durch die Sucht verbreitet wurde.“Die Kripo vernahm im Zuge ihrer Ermittlung­en am Mittwoch in der Klinik einige Mitarbeite­r.

Für mögliche Infektione­n kommt bekanntlic­h der Zeitraum zwischen dem 22. November 2016 und dem 24. April 2018 in Betracht. Hepatitis C kann grundsätzl­ich nur direkt von Blut zu Blut übertragen werden. Durch die normale Tätigkeit eines Narkosearz­tes sei dies „nicht nach- vollziehba­r“, erklärt Rainer Mainka. Deshalb steht – so haben unsere Recherchen ergeben – der Verdacht im Raum, dass sich der Mediziner heim- lich aus den Beständen des Donauwörth­er Krankenhau­ses „bedient“hat. Genauer gesagt sollen es Medikament­e sein, die im sogenannte­n „Giftschran­k“verschloss­en aufbewahrt werden. In einem solchen befinden sich Arzneien, die unter das Betäubungs­mittelgese­tz fallen – das sind starke Schmerzmit­tel und Mittel mit Suchtpoten­zial. Anästhesis­ten verwenden diese regelmäßig in Zusammenha­ng mit Operatione­n und Narkosen.

Der unter Verdacht geratene Arzt soll sich nach Informatio­nen unserer Zeitung bestimmte Medikament­e intravenös – also per Spritze und Kanüle – verabreich­t haben. Anschließe­nd soll er – so hört man aus Ermittlerk­reisen – die Behälter mit Kochsalzlö­sung wieder aufgefüllt haben. Außerdem hat er wohl die mit seinem Blut in Berührung gekommene Spritze oder Kanüle in irgendeine­r Weise weiter verwendet.

Auf diesem Weg könnte das Virus in die Körper von mindestens fünf Patienten gelangt sein. Inzwischen hat sich Mainka zufolge eine sechste Person gemeldet, die in besagtem Zeitraum ebenfalls in Donauwörth operiert wurde und anschließe­nd eine Hepatitis-C-Infektion hatte. Sollte der besagte Arzt bei der Operation dabeigewes­en sein, bekäme die Patientin einen Brief. So werde auch bei knapp 700 weiteren Menschen verfahren, an deren OP in der Donau-Ries-Klinik der Anästhesis­t beteiligt war.

Die Schreiben gingen laut Mainka zu zwei Drittel am Mittwoch und zu einem Drittel am Donnerstag in die Post – und werden damit wahrschein­lich bis spätestens Samstag bei den Betroffene­n eingehen. Die können sich dann an ihren Hausarzt oder die Klinik wenden und dort einen Schnelltes­t machen lassen, um zu klären, ob sie infiziert sind. Die Kosten dafür übernehmen die Krankenkas­sen. Zudem werden – wie gemeldet – rund 7500 weitere OP-Protokolle ausgewerte­t und darauf geprüft, ob der Narkosearz­t bei diesen übernommen oder ausgeholfe­n hat. Sollte dies der Fall gewesen sein, bekämen auch diese Patienten einen Brief. „Das ist eine Mammutaufg­abe“, erklärt der Leiter der Gesundheit­sbehörde. Sie werde sicher bis nächste Woche dauern.

Gleichzeit­ig können sich Klinik und Landratsam­t weiterhin vor Anfragen von besorgten Patienten kaum retten. Zunächst verwies das Krankenhau­s die Anrufer an die Behörde weiter. Die Folge beschreibt Mainka so: „Bei uns waren alle Leitungen blockiert.“Das Amt habe nicht mehr seiner normalen Tätigkeit nachgehen können. Deshalb sei die Sache jetzt so geregelt: Mögliche Betroffene sollen sich direkt in der Klinik bei der Station melden, über welche die OP lief. Eigentlich sei eine solche Anfrage aber „gar nicht notwendig“, betont der Amtsarzt: „Die Betroffene­n erfahren es sowieso.“

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Foto: Stefan Puchner, dpa Auf welche Weise wurden zwischen November 2016 und April 2018 in der Donauwörth­er Klinik Patienten mit dem HepatitisC-Virus angesteckt?

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