Die Details im Blick
Kunst Sebastian Passmore-Cox zeigt seine Werke erstmals in Deutschland – in der Nördlinger Stadtbibliothek. Was ihm Wolfgang Mussgnug bei der Vernissage bescheinigt
Nördlingen Er ist ein Wiedereinsteiger. Seit 2015 wohnt er der Liebe wegen in Nördlingen und die romantisch-künstlerische Atmosphäre Nördlingens hat ihn, wie er sagt, wieder zur Kunst gebracht. Sebastian Passmore-Cox ist ein grenzüberschreitender Europäer: 1973 in Rotterdam als Sohn eines englischen Vaters und einer italienischen Mutter geboren, dann mit der Familie nach Ligurien/Italien gezogen. In Carrara besuchte er das Liceo Artistico und die Academia delle Belle Arti und schloss sie als „maestro di pittura“ab. Aber erst in Nördlingen erwacht seine Liebe zur Kunst wieder.
Sein Metier sind Zeichnungen, teil monochrom, teils farbig, Bleistift und/oder mit Ölpastellkreiden. Er richtet sich ein Atelier ein, beobachtet Menschen, porträtiert Bekannte und Freunde, nimmt seine unmittelbare Umgebung (Espressomaschine, Pumps, Biene, Schmetterling etc.) und seine neue Heimatstadt in den Focus. Im besten Sinne augenfällig ist seine Vorliebe für – eben – Augen, die er auf faszinierende Weise umsetzt. „Weil Augen der Spiegel der Seele sind“, sagt er. So verbindet er den Antrieb, künstlerisch voranzukommen mit dem Drang, seine Geschichte, seine Ausbildung an der Akademie zu erinnern und weiterzuentwickeln.
Zur gut besuchten Vernissage am vergangenen Samstag sprach kein Geringerer als Professor Wolfgang Mussgnug. Und er bescheinigt Passmore-Cox sowohl die nötige Grundausbildung als auch die erforderliche Obsession für die Kunst und eine Beobachtungsgabe, „die man wohl nicht erlernen kann“. Seine Kleinode der Beobachtung sind empfindsame Darstellungen verborgener Szenen, Konkretisierungen scheinbar uninteressanter Begebenheiten, Ansichten aus ungewohnter Perspektive. Er spielt mit den Proportionen, Kleines wird groß, Winziges wird riesig. Er zwingt sich und die Betrachter, genau hinzuschauen. Es sind keine „fertigen“Bilder, die Raum zur Interpretation lassen, es sind Studien: Details.
Seine Zeichennetze verdichten sich in ihrer Komplexität, um sich bei näherem Hinsehen nicht selten in oszillierende, abstrakte Landschaften aufzulösen. Er nutzt seine technischen Fertigkeiten, setzt klare Linien, Schraffuren, legt Farben übereinander, erzeugt Tiefe und Raum, Licht und Schatten. Er erreicht damit eine Virtuosität, so Mussgnug, „die einem vor so kurzer Zeit wiederauferstandenen Künstler zur Ehre gereicht“. Und er gibt ihm zum Abschluss einen professoralen Ratschlag mit einem Augenzwinkern auf den Ausstellungs-Titel: „Bleibe detailverliebt, gehe ins Detail, zeichne detailgetreu, ohne dich in Details zu verlieren, übe deine Detailgenauigkeit ohne den Gegenstand bis ins kleinste Detail zu zerpflücken.“
Die Leiterin der Nördlinger Stadtbibliothek, Kathrin Häffner, zeigte sich in ihrer Begrüßung erfreut, dass der Künstler ausgerechnet ihr Haus für seine erste Ausstellung in Deutschland gewählt hat. Die zahlreichen Gäste, unter ihnen auch die Familie des Künstlers, genossen den entspannten Vormittag, es war zu beobachten, dass nicht wenige sich intensiv mit den Bildern befassten. Was jedefrau/jedermann auch in den nächsten Wochen noch tun kann: Die Ausstellung ist bis Ende November zu den bekannten Öffnungszeiten im ersten Stock der Nördlinger Stadtbibliothek zu sehen.