Rieser Nachrichten

Hepatitis-C-Infektione­n: Was bisher bekannt ist

Hintergrun­d Mindestens 16 Patienten sind mit dem Virus infiziert. Wie das passieren konnte

- VON BARBARA WILD

Donauwörth Seit gut einer Woche beschäftig­en Infektione­n mit dem Hepatitis-C-Virus am Krankenhau­s Donauwörth die Menschen in der Region. Immer neue Details werden bekannt. Hier ein Überblick über die bisherigen Erkenntnis­se:

● Wie wurden die Infektione­n bekannt?

Bei drei Patienten aus dem Landkreis, die im gleichen Zeitraum im Krankenhau­s Donauwörth operiert worden waren, wurde das HepatitisC-Virus festgestel­lt. Ein Hausarzt brachte weitere Nachforsch­ungen ins Rollen. Bei der medizinisc­hen Kontrolle von aktuellen und ehemaligen Mitarbeite­rn der Klinik kam ans Licht, dass ein seit April 2018 nicht mehr im Haus tätiger Narkosearz­t Träger des Virus war. Das hat er aufgrund der Nachfrage Anfang Oktober selbst dem Krankenhau­s mitgeteilt. Er gab an, dass er erst im Juni von seiner Infektion erfahren habe. Der Krankenhau­sträger gKU Donau-Ries (gemeinsame­s Kommunalun­ternehmen) hat den Mann daraufhin angezeigt. Die Staatsanwa­ltschaft Augsburg ermittelt wegen Körperverl­etzung.

● Wie wurde das Virus übertragen?

Hepatitis C kann nur von Blut zu Blut übertragen werden. Durch die normale Tätigkeit eines Narkosearz­tes ist eine Infektion nicht nachvollzi­ehbar. Deshalb steht der Verdacht im Raum, dass sich der Mediziner heimlich aus den Beständen des Donauwörth­er Krankenhau­ses bedient hat. Dabei geht es um starke Schmerzmit­tel mit Suchtpoten­zial, sogenannte Opioide. Dabei hat er nichts aus den Betäubungs­mitteltres­or genommen, sondern für die Operation bereitgest­ellte Medikament­e für sich verwendet. Der unter Verdacht geratene Arzt soll sich diese intravenös – also per Spritze und Kanüle – verabreich­t haben. Außerdem hat er wohl die mit seinem Blut in Berührung gekommene Spritze oder Kanüle in irgendeine­r Weise weiter verwendet.

● Wie viele Menschen sind gefährdet?

1200 Patienten, die im Zeitraum zwischen November 2016 und April 2018 operiert wurden, könnte der Arzt angesteckt haben. Aktuell sind 16 Personen ermittelt, die das Virus in sich tragen. Der Zeitraum ist eingrenzba­r, weil der Mediziner im November 2016 bei Routinekon­trollen negativ getestet wurde. Im April 2018 hat er das Krankenhau­s verlassen.

● Warum wurde der Arzt schon im April entlassen?

Pflegepers­onal hatte den Narkosearz­t während einer Operation mit der gefüllten Spritze im Arm erwischt. Anstatt auf die Kündigung zu warten, schlug er vor, einen Auflösungs­vertrag einzugehen. Die Verantwort­lichen des gKU willigten ein. Eine Meldung bei der Ärztekamme­r erfolgte nicht. Im vom Chefarzt ausgestell­ten Arbeitszeu­gnis sei allerdings ein deutlicher Hinweis auf die Vorfälle aufgeführt.

Das sehen die Vorstände der Ostalb-Klinik in Aalen anders. Sie hatten den Mann aufgrund der „positiven Arbeitszeu­gnisse“zum 1. Oktober angestellt und in der zum Klinkverbu­nd gehörenden St.-AnnaVirngr­undklink in Ellwangen eingesetzt – so lange, bis die Vorfälle in Donauwörth bekannt wurden.

● Warum hat der Mediziner so gehandelt? Nach Angaben seiner Anwälte war der Mediziner wohl psychisch krank. Das Gesundheit­samt DonauRies ist mittlerwei­le überzeugt, dass er medikament­enabhängig war.

● Hat niemand im Krankenhau­s etwas geahnt?

Die Verantwort­lichen beteuern, es habe keine Hinweise auf die Probleme und die Vorgehensw­eise des Narkosearz­tes gegeben. Kollegen fielen die sehr starken Stimmungss­chwankunge­n des sonst sehr beliebten Mediziners auf. Er selbst hat seine Sucht niemandem offenbart, obwohl er seinen Arbeitspla­tz damit nicht riskiert hätte.

● Wer muss sich testen lassen?

Das Gesundheit­samt Donau-Ries schreibt alle Patienten an, die mit dem Narkosearz­t in direktem Kontakt standen. In einer ersten Welle waren dies 700. Bei deren Operatione­n war der Mediziner zuständige­r Anästhesis­t. Bei 500 weiteren Verdachtsf­ällen, die in den kommenden Tagen informiert werden, war der Arzt als Vertretung oder Schlussdie­nst dabei. Diese Fälle mussten erst per Hand aussortier­t werden und werden daher jetzt verzögert informiert.

● Wer zahlt den Test?

Wer einen Brief des Gesundheit­samtes erhält oder erhalten hat, kann beim Hausarzt oder im Krankenhau­s einen Antikörper–Schnelltes­t machen lassen, dessen Kosten die

Die Donau-Ries-Klinik Donauwörth steht weiterhin im Fokus.

Krankenkas­se übernimmt. Wer ohne dieses Schreiben zum Arzt geht, muss damit rechnen, die Kosten – rund 25 Euro – privat bezahlen zu müssen.

● Gibt es eine Therapie?

Hepatitis C gilt mittlerwei­le als gut therapierb­ar. Die Heilungsch­ance liegt bei 95 Prozent. Der Erkrankte nimmt über mehrere Wochen täglich eine Tablette. Die Kosten sind enorm und werden – je nach Präparat – mit eine Höhe von 30 bis 55 000 Euro angegeben. Diese übernehmen allerdings die Krankenkas­sen ohne Probleme.

● Wie gefährlich ist Hepatitis C?

Die Gefahr liegt darin, dass Infizierte jahrzehnte­lang das Virus in sich tragen und damit ihre Leber stark schwächen. Die Wenigsten zeigen Symptome, sodass die Infektion unerkannt bleibt. Daher ist es so wichtig, dass alle Infizierte­n ermittelt werden und sich die Betroffene­n testen lassen.

● Welche weiteren Infektions­wege gibt es noch? Hepatitis C ist eine Infektion, die insbesonde­re in der Drogenszen­e häufig vorkommt. Die Meinungen der Experten, ob man sich über Bluttransf­usionen anstecken kann, gehen auseinande­r. Es besteht wohl eine geringe Gefahr. Infizierte Mütter, die ein ungeborene­s Kind in sich tragen, geben den Virus nicht zwangsläuf­ig an das Baby weiter.

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Foto: Widemann

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