Hepatitis-C-Infektionen: Was bisher bekannt ist
Hintergrund Mindestens 16 Patienten sind mit dem Virus infiziert. Wie das passieren konnte
Donauwörth Seit gut einer Woche beschäftigen Infektionen mit dem Hepatitis-C-Virus am Krankenhaus Donauwörth die Menschen in der Region. Immer neue Details werden bekannt. Hier ein Überblick über die bisherigen Erkenntnisse:
● Wie wurden die Infektionen bekannt?
Bei drei Patienten aus dem Landkreis, die im gleichen Zeitraum im Krankenhaus Donauwörth operiert worden waren, wurde das HepatitisC-Virus festgestellt. Ein Hausarzt brachte weitere Nachforschungen ins Rollen. Bei der medizinischen Kontrolle von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern der Klinik kam ans Licht, dass ein seit April 2018 nicht mehr im Haus tätiger Narkosearzt Träger des Virus war. Das hat er aufgrund der Nachfrage Anfang Oktober selbst dem Krankenhaus mitgeteilt. Er gab an, dass er erst im Juni von seiner Infektion erfahren habe. Der Krankenhausträger gKU Donau-Ries (gemeinsames Kommunalunternehmen) hat den Mann daraufhin angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt wegen Körperverletzung.
● Wie wurde das Virus übertragen?
Hepatitis C kann nur von Blut zu Blut übertragen werden. Durch die normale Tätigkeit eines Narkosearztes ist eine Infektion nicht nachvollziehbar. Deshalb steht der Verdacht im Raum, dass sich der Mediziner heimlich aus den Beständen des Donauwörther Krankenhauses bedient hat. Dabei geht es um starke Schmerzmittel mit Suchtpotenzial, sogenannte Opioide. Dabei hat er nichts aus den Betäubungsmitteltresor genommen, sondern für die Operation bereitgestellte Medikamente für sich verwendet. Der unter Verdacht geratene Arzt soll sich diese intravenös – also per Spritze und Kanüle – verabreicht haben. Außerdem hat er wohl die mit seinem Blut in Berührung gekommene Spritze oder Kanüle in irgendeiner Weise weiter verwendet.
● Wie viele Menschen sind gefährdet?
1200 Patienten, die im Zeitraum zwischen November 2016 und April 2018 operiert wurden, könnte der Arzt angesteckt haben. Aktuell sind 16 Personen ermittelt, die das Virus in sich tragen. Der Zeitraum ist eingrenzbar, weil der Mediziner im November 2016 bei Routinekontrollen negativ getestet wurde. Im April 2018 hat er das Krankenhaus verlassen.
● Warum wurde der Arzt schon im April entlassen?
Pflegepersonal hatte den Narkosearzt während einer Operation mit der gefüllten Spritze im Arm erwischt. Anstatt auf die Kündigung zu warten, schlug er vor, einen Auflösungsvertrag einzugehen. Die Verantwortlichen des gKU willigten ein. Eine Meldung bei der Ärztekammer erfolgte nicht. Im vom Chefarzt ausgestellten Arbeitszeugnis sei allerdings ein deutlicher Hinweis auf die Vorfälle aufgeführt.
Das sehen die Vorstände der Ostalb-Klinik in Aalen anders. Sie hatten den Mann aufgrund der „positiven Arbeitszeugnisse“zum 1. Oktober angestellt und in der zum Klinkverbund gehörenden St.-AnnaVirngrundklink in Ellwangen eingesetzt – so lange, bis die Vorfälle in Donauwörth bekannt wurden.
● Warum hat der Mediziner so gehandelt? Nach Angaben seiner Anwälte war der Mediziner wohl psychisch krank. Das Gesundheitsamt DonauRies ist mittlerweile überzeugt, dass er medikamentenabhängig war.
● Hat niemand im Krankenhaus etwas geahnt?
Die Verantwortlichen beteuern, es habe keine Hinweise auf die Probleme und die Vorgehensweise des Narkosearztes gegeben. Kollegen fielen die sehr starken Stimmungsschwankungen des sonst sehr beliebten Mediziners auf. Er selbst hat seine Sucht niemandem offenbart, obwohl er seinen Arbeitsplatz damit nicht riskiert hätte.
● Wer muss sich testen lassen?
Das Gesundheitsamt Donau-Ries schreibt alle Patienten an, die mit dem Narkosearzt in direktem Kontakt standen. In einer ersten Welle waren dies 700. Bei deren Operationen war der Mediziner zuständiger Anästhesist. Bei 500 weiteren Verdachtsfällen, die in den kommenden Tagen informiert werden, war der Arzt als Vertretung oder Schlussdienst dabei. Diese Fälle mussten erst per Hand aussortiert werden und werden daher jetzt verzögert informiert.
● Wer zahlt den Test?
Wer einen Brief des Gesundheitsamtes erhält oder erhalten hat, kann beim Hausarzt oder im Krankenhaus einen Antikörper–Schnelltest machen lassen, dessen Kosten die
Die Donau-Ries-Klinik Donauwörth steht weiterhin im Fokus.
Krankenkasse übernimmt. Wer ohne dieses Schreiben zum Arzt geht, muss damit rechnen, die Kosten – rund 25 Euro – privat bezahlen zu müssen.
● Gibt es eine Therapie?
Hepatitis C gilt mittlerweile als gut therapierbar. Die Heilungschance liegt bei 95 Prozent. Der Erkrankte nimmt über mehrere Wochen täglich eine Tablette. Die Kosten sind enorm und werden – je nach Präparat – mit eine Höhe von 30 bis 55 000 Euro angegeben. Diese übernehmen allerdings die Krankenkassen ohne Probleme.
● Wie gefährlich ist Hepatitis C?
Die Gefahr liegt darin, dass Infizierte jahrzehntelang das Virus in sich tragen und damit ihre Leber stark schwächen. Die Wenigsten zeigen Symptome, sodass die Infektion unerkannt bleibt. Daher ist es so wichtig, dass alle Infizierten ermittelt werden und sich die Betroffenen testen lassen.
● Welche weiteren Infektionswege gibt es noch? Hepatitis C ist eine Infektion, die insbesondere in der Drogenszene häufig vorkommt. Die Meinungen der Experten, ob man sich über Bluttransfusionen anstecken kann, gehen auseinander. Es besteht wohl eine geringe Gefahr. Infizierte Mütter, die ein ungeborenes Kind in sich tragen, geben den Virus nicht zwangsläufig an das Baby weiter.