Das Spiel ist vorbei
Peter F. sitzt vor Gericht, weil sein alter Schulfreund ausgepackt hat. Der Angeklagte soll rund 200 Gramm Haschisch weiterverkauft haben. Den Ernst der Lage hat er nicht erkannt
Nördlingen In Handschellen und flankiert von zwei Polizisten betritt Peter F.* den Sitzungssaal am Amtsgericht in Nördlingen. Als einer der Beamten die Hände des 24-Jährigen befreit, wendet er sich kurz an die Zuschauer. Er lacht und winkt seiner Mutter zu, er wurde aus der Untersuchungshaft abgeholt. Dann nimmt er auf der Anklagebank Platz. Peter F. vermittelt nicht den Eindruck, als würde er in wenigen Verhandlungsstunden als verurteilter Drogendealer ins Gefängnis wandern. Er wirkt so, als sei das nur ein Spiel für ihn – nur das ist jetzt vorbei.
Anfang des vergangenen Jahres wurde ein früherer Schulfreund des Angeklagten in Oettingen in seiner Wohnung wegen des Verdachts auf Drogenhandel verhaftet und schwärzte seine Kompagnons an. Er nannte den Polizisten alles und jeden, mit denen er Geschäfte gemacht hat, darunter auch Peter F. Ihm verkaufte der heutige Kronzeu- Marihuana und Haschisch, zunächst in kleineren Mengen – später dann zweimal je 100 Gramm. Damit wollte F. selbst Gewinn einfahren. Er bekam das Gramm für acht Euro und veräußerte es für 12,50 Euro. Knapp 1000 Euro Gewinn mussten für den Angeklagten verlockend geklungen haben. Während der Verhandlung zeigt sich Peter F. fast stolz auf den Einkaufspreis. „Den habe ich so ausgehandelt“, sagt er mit einem Grinsen im Gesicht. Als die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts Ruth Roser ihn fragt, wie die Qualität des Stoffes war, antwortet er mit ebendiesem Grinsen: „Ich war zufrieden.“Noch scheint sich Peter F. gegen die Verurteilung zu stemmen, so wie er sich damals gegen seine eigene Wohnungstüre stemmte, als vier Polizisten davor standen. Das war Mitte des Jahres. Vier Freunde hängten bei Peter F. ab, als sein Leben eine Wendung nahm. Die Beamten drangen nach einem Durchsuchungsbeschluss in sein Apartment ein. Einer von Peter F.s Freunden verschwand im Bad, ein anderer schlief auf der Couch und auf dem Tisch lagen Schnupfröhrchen und andere Drogenutensilien – das berichtet ein Polizist während der Gerichtsverhandlung. Er vermutet, dass die fünf jungen Erwachsenen Drogen genommen hatten und einer die übrigen im Abfluss verschwinden lassen wollte. Letztlich fanden die Polizisten neben Haschisch auch 15 Gramm Amphetamin.
„Das ist nicht gerade wenig“, sagt die Richterin zu dem Angeklagten. Der erwidert nur, das liege im Auge des Betrachters. Daraufhin flüstert F.’s Anwalt Bernd Hegendörfer ihm etwas ins Ohr. Der Angeklagte schüttelt aber nur den Kopf und führt seine Antwort nicht weiter aus. Als die Richterin ihn fragt, ob er mit der Vernichtung der sichergestellten Gegenstände einverstanden sei, darunter auch ein Smartphone, wird es laut im Zuschauersaal. Seine Mutter ruft, dass dies ihr Mobiltelefon gewesen sei. „Alles kann weg, außer dem Handy. Die restlichen Gegenstände brauge chen Sie nicht extra vorlesen“, sagt F. zur Richterin.
Dass er die Drogen besaß und verkaufte, räumt F. bereits zu Beginn der Gerichtsverhandlung ein. Er widerspricht nur in einem Punkt: Die Staatsanwältin Kerstin Reitlinger wirft ihm vor, dass er auch das Amphetamin verkaufen wollte. F. sagt aber, dies sei zum Eigenbedarf bestimmt gewesen. Die Staatsanwältin fordert in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren und einen Wertersatz von 2500 Euro. Der Verteidiger hingegen spricht sich für eine Freiheitsstrafe unter zwei Jahren und die Bewilligung einer Drogentherapie seines Mandanten aus.
Als Peter F. das letzte Wort erteilt wird, winkt er ab. Er hat wohl eingesehen, das Spiel verloren zu haben. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Ruth Roser verurteilt ihn letztlich zu zwei Jahren und drei Monaten. Außerdem muss er 2500 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
*Name von der Redaktion geändert