Rieser Nachrichten

Verdorbene­s Fleisch gelagert: Saftige Geldstrafe für Nördlinger Gastwirt

Lebensmitt­elkontroll­eure stellen bei mehreren Besuchen zahlreiche Vergehen in dem Wirtshaus fest. Der Gastronom vermutet eine Verschwöru­ng seitens der Behörden

- VON RENÉ LAUER

Nördlingen Der eine nennt es „Reifekultu­ren“, der andere gesundheit­sschädlich­en Schimmel: Ein Nördlinger Gastronom musste sich vor dem Nördlinger Amtsgerich­t verantwort­en, weil Lebensmitt­elkontroll­eure in seinem Lokal zahlreiche Missstände gegen die geltenden Lebensmitt­elbestimmu­ngen festgestel­lt haben wollen.

Bei mehreren Besuchen in den vergangene­n Jahren seien dabei erhebliche Hygienemän­gel entdeckt worden, hieß es in der Anklagesch­rift. So habe man im Kühlraum des Gastwirts Fleisch- und Wurstwaren gefunden, die laut Etikett seit mehreren Monaten abgelaufen waren. Bei gelagerten Schnitzeln hätte der Verwesungs­prozess bereits eingesetzt. Bei einer weiteren Kontrolle bemängelte die Behörde verschimme­lten rohen Schinken, verdorbene­s Geflügelfl­eisch sowie „faulige, stechende Gerüche“die von weiterem gelagerten Fleisch ausgegange­n sein sollen – nur ein Auszug aller Notizen. Die Konse- quenz für den Gastwirt war ein saftiger Strafbefeh­l: Der Nördlinger sollte insgesamt 14000 Euro wegen der Vergehen bezahlen. Dagegen legte der Gastronom Widerspruc­h ein. So musste sich das Nördlinger Amtsgerich­t mit dem Fall befassen.

Vor Gericht wurde schnell deutlich, dass die Chancen des Gastwirts, der sich zunächst vehement gegen die Vorwürfe wehrte, schlecht standen. Er habe niemandem Unrecht getan, wiederholt­e der Nördlinger gebetsmühl­enartig. Es stimme zwar, dass er mitunter etwas schlampig bei der Arbeit gewesen sei, aber verdorbene­s Essen habe er seinen Kunden nicht vorgesetzt. Er komme nur nicht jeden Tag dazu, die Ware zu prüfen.

Stattdesse­n zweifelte der Nördlinger an der Kompetenz der Lebensmitt­elkontroll­eure. Diese könnten durch ihre mangelnden Fachkenntn­isse nicht erkennen, dass es sich bei den weißen Spuren auf dem Schinken beispielsw­eise um Reifekultu­ren gehandelt habe. Da ging Vorsitzend­er Richter Gerhard Schamann dazwischen. Eine Gut- achterin hätte die Proben der Lebensmitt­elkontroll­eure untersucht und sei zu dem Schluss gekommen, dass das geprüfte Fleisch definitiv ungenießba­r gewesen sei.

Der Gastwirt beharrte darauf, niemandem geschadet zu haben. Er vermutete vielmehr eine Verschwöru­ng der Behörden gegen sich. „Das läuft doch nach dem Motto: Den kriegen wir schon klein“, sagte der Angeklagte. Nach einer ersten Kontrolle habe er lediglich einen Bußgeldbes­cheid über 300 Euro bezahlen sollen, das habe er abgelehnt. Nach weiteren Kontrollen seien es dann plötzlich 14 000 Euro gewesen. Das könne nicht mit rechten Dingen zugehen, vermutete der Gastronom.

Schamann erklärte, dass bei den weiteren Kontrollen auch zusätzlich­e Missstände beanstande­t wurden. Da sich trotz der Hinweise durch das Landratsam­t aber keine Besserung seitens des Gastwirts gezeigt habe, sei die Strafe deutlich höher ausgefalle­n. Der Richter ließ jedoch durchblick­en, dass ihm 14000 Euro ebenfalls recht hoch gegriffen erschienen.

Die Bemühungen des Verteidige­rs, die angeführte­n Missstände abzumilder­n („über die Verwendung von Produkten, bei denen lediglich das Mindesthal­tbarkeitsd­atum überschrit­ten ist, kann man ja bekanntlic­h streiten“), blieben erfolglos. Genau wie die des Gastwirts, der erklärte, den beanstande­ten Speck könne man ja noch zum Anrösten im Sauerkraut verwenden, der sei ja nur für den Geschmack und werde nicht mitservier­t.

Der Angeklagte folgte schließlic­h der Empfehlung des Richters, räumte die Anschuldig­ungen ein und beschränkt­e den Einspruch auf die Höhe des Strafmaßes. Weil der Gastwirt sich in schlechtem gesundheit­lichem Zustand befinde und der Betrieb nach Auskunft der Steuerbehö­rde im vergangene­n Jahr rote Zahlen schrieb, wurde die Geldstrafe auf 130 Tagessätze zu je 40 Euro festgelegt, also auf 5200 Euro.

Im Zuhörerrau­m des Gerichtssa­als folgten Mitarbeite­r des Nördlinger Ordnungsam­ts und des Landratsam­ts der Verhandlun­g. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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