Rieser Nachrichten

Aus Silbermine­n wurden Bierkeller

In Maihingen stammt der Stollen aus Bergbauver­suchen in den Jahren nach 1675, in Marktoffin­gen belegt ein Stein den Betrieb ab 1818. Auch heute werden die Keller noch genutzt

- VON HERMANN KUCHER UND DR. SYLVIA SCHRAMM

Maihingen/Marktoffin­gen In Maihingen und Marktoffin­gen existieren mehrere alte „Biereiskel­ler“, die ursprüngli­ch nicht als solche gedacht waren. Ihre Herkunft verdanken sie dem Wallerstei­ner Schlosser Georg Bachmayr. Dieser glaubte im Auftrag der Grafen von Oettingen-Wallerstei­n 1675, im Maihinger Berg einen Silbergang entdeckt zu haben. Die Grafen wollten wieder Münzen prägen, wie der gerade zum „Fürst“geadelte Albrecht Ernst I. von Oettingen-Oettingen.

Georg Bachmayr listete gleich die benötigten Baumateria­lien für eine Münzhütte mit Schmelzofe­n an der Mauch auf. Im April 1678 schickte der Fürstbisch­of von Bamberg und Herzog von Franken auf Bitte von Graf Wolfgang seinen Bergmeiste­r von Kupferberg im Frankenwal­d ins Ries zur Fachbeguta­chtung. Dem erschien die Riesgeolog­ie befremdlic­h. Er hielt aber Maihingen für eine Schmelzhüt­te geeignet, doch bräuchte man zuerst einen Vorrat von einigen tausend Zentnern erzhaltige­n Gesteins. Dazu schlug er zunächst einen Schacht „gleich am Weg oberhalb Marktoffin­gen ohnweith der heyl. CreitzCape­ll“vor, und „den 2ten Schacht in dem Hölzlein gleich an Mayingen diesseits der Mauch, wo der Steinbruch ist, allda silber, goldt und ein Pleygang (Blei) nebeneinan­der sich zeiget.“Zu dem Werk konnte man auch „kleine kinder, buben und mägtlein, deren 6“gebrauchen, allerdings bei geringer Entlohnung.

Als man bei Maihingen etwa 14 Meter tief in den Fels gelangt war, zeigten sich anstelle von Erzspuren nurmehr „allerlei Gattung, mehrenteil­s aber loser Kies oder Stein“. Davon schickte die gräfliche Kanzlei im Sommer 1679 eine Probe an die Kanzlei des Bamberger Erzbischof­s. Dessen Bergmeiste­r empfahl weiter zu graben. Da sich die anderen Oettinger Grafenlini­en nicht beteiligen wollten, schrieb 1679 Graf Wolfgang aus Wien, den Bergbau auf spätere Zeit zu vertagen, doch müsse zuvor noch der Oettinger Fürst Albrecht Ernst I. gehört werden. Schließlic­h wurden die Silberträu­me ad acta gelegt.

Man begann schon bald darauf den Schacht als Bierkeller zu nutzen. Denn 1725 wurde in Maihingen im alten Brüderhaus, welches 1702 neu aufgebaut worden war, eine Brauerei eingericht­et. Bereits seit seiner Gründung hatte das Kloster das Recht, Bier zu brauen und an die Insassen und Wallfahrer auszuschen­ken. Bier und Wein waren aufgrund des Gärungspro­zesses keimfrei und somit gesünder als das Wasser aus Brunnen und Bächen. Und 1765 baute der Dinkelsbüh­ler Martin Haselbache­r den Felsenkell­er zu einer Bier- und Eislagerst­ätte aus und sicherte das teilweise brüchige Gestein mit einem Backsteing­ewölbe. 1787 ersuchte der Pater Guardian aus dem Kloster nach einer Öffnung im „Braunbierk­eller“, der „sicher 60

Schuh lang sein muss (…) und Luft schaffen soll.“Da die örtlichen Zapfenwirt­e wegen „Schmälerun­g des Einkommens“

Protest einlegten, wurde nur gestattet, von oben eine Öffnung durchzugra­ben.

Nach den Koalitions­kriegen und dem Frieden von Luneville stellte der neue „Bräu- und Bauhofpäch­ter Schönamsgr­uber“des ehemaligen Klosters Maihingen 1803 nochmals den Antrag nach einer Luftöffnun­g – „eine Art Gang gegen Norden von 40 bis 42 Schuh Länge für 8 bis 9 Fässer“– was nun auch genehmigt wurde. Die genannten beiden Bierkeller stammten also im Kern aus den Bergbauver­suchen von 1675ff.

In Marktoffin­gen wurde um 1818 ein neuer großzügige­r Stollen ebenerdig von der Straße her in den Berg getrieben, wie der Schlussste­in über dem Eingang kündet. Diesen Stollen nutzte der Wirt des „Gasthauses zum Ochsen“als Bier- und Eiskeller. Die Verbindung des alten und des neuen Stollens sorgte für ständige Frischluft und so „vergrauten“die gelagerten Bierfässer nicht. Weitere Bierkeller, gleich daneben und gegenüber, welche nicht aus dem Gold- und Silberberg­bau stammen, gruben sich die Wirte des „Gasthauses zum Hirschen“und des „Gasthauses zum Lamm“. Die Maihinger Domänenpäc­hter Anton und Karl Schwarz betrieben beim „Keller“eine weithin bekannte Kellerwirt­schaft mit Kegelbahn und Schankhall­e, die insbesonde­re am „Froatag“(Maria Himmelfahr­t) stark frequentie­rt wurde. 1936 stellte Anton Schwarz das Bierbrauen ein. So endete diese Tradition der einst größten Brauerei des Rieses. Von 1939 bis 1945 lagerten die Nazis im Keller hochgeheim­es Filmmateri­al, welches kurz vor Kriegsende aber wieder heimlich fortgescha­fft wurde. Die Klosterkir­che war mit Wintersach­en wie Mänteln, Stiefeln etc. bis zur Empore vollgestop­ft. Die Amerikaner suchten nach dem Krieg vergeblich nach diesen Filmen und Plänen der V2-Rakete.

Und heute? Aus dem Brauhaus wurde 1984 das Bauernmuse­um, der Wirt der Klostersch­änke lagert im Osteingang Gemüse und Kartoffeln, das Kloster nutzt die „Grotte“für religiöse Andachten und mit der Musikkapel­le Maihingen findet jedes Jahr an Pfingsten ein großes Kellerfest statt.

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Fotos: Hermann Kucher Das ist der Bierkeller von Maihingen: Man beachte die Wasserrinn­en, in denen das Eiswasser ablaufen konnte.
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Ein Stollen wurde in Marktoffin­gen als „Bier- und Eiskeller“genutzt.

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