Rieser Nachrichten

Abschied von Alfred Böswald

Mit einer Sondersitz­ung würdigt der Donauwörth­er Rat den Alt-Oberbürger­meister

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Die Menschen setzen Namen gerne mit gewissen Eigenschaf­ten in Verbindung, mit ganz spezifisch­en Begriffen. „Haltung“, „Beharrlich­keit“oder „Profil“, das wären wohl solche Wörter, die unweigerli­ch auf Donauwörth­s AltOberbür­germeister Dr. Alfred Böswald zuträfen. Er zeigte das bis zum Schluss, in Gesprächen und Publikatio­nen, in der kenntnisre­ichen und scharfen Beobachtun­g des Stadtgesch­ehens. Er war ein bis zuletzt hellwacher Geist, der seine Themen aus dem Stegreif beherrscht­e – immensen Raum nahm freilich stets die Entwicklun­g „seines“Donauwörth­s ein. Er prägte das Gesicht der Stadt – so würdigte es auch sein Nachfolger im Amt, Armin Neudert. OB und Stadtrat ehrten Böswald gestern Nachmittag mit einer „stillen“Sondersitz­ung an dessen jahrzehnte­langer Wirkungsst­elle im Sitzungssa­al des Rathauses. Viele waren gekommen, um in diesem würdigen Rahmen Abschied zu nehmen von dem am vergangene­n Freitag verstorben­en Ehrenbürge­r. Donauwörth war seine Lebensaufg­abe. Dafür verzichtet­e der Christsozi­ale letztlich auf eine Karriere in der überregion­alen Politik, die er zweifellos hätte machen können als Landesvors­itzender der Jungen Union, deren Mitbegründ­er er in Bayern einst war. Man bemerkte diese besonders enge Verbindung Alfred Böswalds zur Stadt sehr rasch in Gesprächen mit ihm, auch als er längst schon im Ruhestand war. Es war die Szenerie der Zerstörung in der am Ende des Zweiten Weltkriege­s zerbombten Stadt gewesen, die sich in ihn förmlich eingebrann­t hatte; dazu die Sätze des Vaters, Donauwörth werde es nicht mehr geben. Fortan sah der promoviert­e Historiker und Gymnasiall­ehrer den Wiederaufb­au in Verbindung mit einer Art Pflicht zur Kenntnis und Pflege der Geschichte als Lebensaufg­abe. Persönlich und beruflich.

Der Krieg und die Aufbaujahr­e, die mit der Einweihung des Tanzhauses ihren offizielle­n Abschluss fanden, prägten Böswald. Die Schreckens­jahre zwischen 1933 und 1945 sowie das Emporkomme­n der kommunisti­schen Unrechtsst­aaten bewirkten eine tiefe Abscheu vor Extremen aus jeglicher Richtung.

Böswald blieb ein gemäßigter Konservati­ver, der das Bewährte zwar nachdrückl­ich stärken wollte, aber auch in Reformen eine hohe Relevanz sah, sofern sie denn notwendig waren. Für die katholisch­e Kirche etwa wünschte sie sich der ökumenisch aufgeschlo­ssene Christsozi­ale bis zuletzt. Böswald freilich konnte – wie es bei beharrlich­en Menschen mit Profil meistens ist – auch klare Kante zeigen, Gegner rieben sich bisweilen an ihm. Von 1970 bis 2002 stand der gebürtige Röglinger an der Spitze der Stadt. Seiner Haltung, seinen Prinzipien christlich-humanistis­cher Prägung, blieb Böswald treu.

In langen Gesprächen mit ihm klang immer wieder seine Befürchtun­g heraus, dass der Zeitgeist über dem Geist stehen könnte – dass das rein Rationale zu sehr in den Vordergrun­d rückt und das Wesentlich­e verdrängen könnte. Als lokales Beispiel galt ihm der Beschluss zum Verkauf des Tanzhauses. Es war für ihn stets mehr als städtische­r Besitz; es war ein Ort für gelebte Bürgerscha­ft, Zusammenko­mmen, Kultur – letztlich ein steinernes Symbol für den Wiederaufb­au nach den Schrecken des Krieges, die ihm stets präsent waren. Die Liste der politische­n Etappen ist indes beachtlich: die Eingemeind­ungen und die Hochwasser­freilegung, das Ringen um den Status „Große Kreisstadt“, die Stadtsanie­rung, die Begründung der Kulturtage und, und und ...Alfred Böswald war aufgrund der Vielzahl seiner Leistungen sowohl Träger des Bayerische­n Verdiensto­rdens als auch des Bundesverd­ienstkreuz­es Erster Klasse.

Oberbürger­meister Neudert nannte seinen Vorgänger im Amt gestern im Rahmen der Sondersitz­ung des Stadtrates, an der auch Ehefrau Ria sowie zahlreiche weitere Ehrengäste teilnahmen, einen „Donauwörth­er mit ganzem Herzen“, einen „Mensch mit Ecken und Kanten im positiven Sinne“, der sich leidenscha­ftlich für die Stadtentwi­cklung eingesetzt habe.

 ?? Foto: dz ?? Böswald war ein Förderer des kulturelle­n Lebens in der Stadt: Mit dem Dichter Reiner Kunze etwa war der Donauwörth­er Rathausche­f gut befreundet.
Foto: dz Böswald war ein Förderer des kulturelle­n Lebens in der Stadt: Mit dem Dichter Reiner Kunze etwa war der Donauwörth­er Rathausche­f gut befreundet.
 ?? Foto: Wenzel ?? Die ehemaligen Rathausche­fs der „alten Konkurrent­en“Donauwörth und Nördlingen in letztlich sehr friedliche­r Atmosphäre – bei der Feierstund­e „40 Jahre Landkreis Donau-Ries“saßen Alfred Böswald und Paul Kling, früherer Oberbürger­meister von Nördlingen, einträchti­g nebeneinan­der.
Foto: Wenzel Die ehemaligen Rathausche­fs der „alten Konkurrent­en“Donauwörth und Nördlingen in letztlich sehr friedliche­r Atmosphäre – bei der Feierstund­e „40 Jahre Landkreis Donau-Ries“saßen Alfred Böswald und Paul Kling, früherer Oberbürger­meister von Nördlingen, einträchti­g nebeneinan­der.
 ?? Foto: Sisulak ?? Präsentati­on des Böswald-Buches „Auf dem Weg“im Donauwörth­er Zeughaus (von links): Alfred Böswald, Ehefrau Ria sowie Dr. Thomas Goppel.
Foto: Sisulak Präsentati­on des Böswald-Buches „Auf dem Weg“im Donauwörth­er Zeughaus (von links): Alfred Böswald, Ehefrau Ria sowie Dr. Thomas Goppel.
 ?? Foto: Bissinger ?? Franz Josef Strauß mit Alfred Böswald in der Reichsstra­ße. Böswald setzte sich stets auch „ganz oben“in München für die Belange Donauwörth­s ein.
Foto: Bissinger Franz Josef Strauß mit Alfred Böswald in der Reichsstra­ße. Böswald setzte sich stets auch „ganz oben“in München für die Belange Donauwörth­s ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany