Rieser Nachrichten

Wechinger Brummifahr­er mit großem Herz

Timo Dürrwanger blockiert mit seinen Lkw die Straße und steigt aus, um einem Mann zu helfen

- VON VERENA MÖRZL

Wassertrüd­ingen/Wechingen Diesen Zahnarztbe­such am frühen Mittwochna­chmittag wird Tanja Hasselt so schnell wohl nicht vergessen. Auf dem Weg nach Hause sah sie eine Szene im Wassertrüd­inger Straßenver­kehr, die man so nicht alle Tage erlebt.

Ein Lastwagenf­ahrer parkte seinen Brummi mitten auf der Straße und blockiert den Verkehr. „Mir fiel die Kinnlade herunter“, sagt die Frau über den Moment, in dem sie sah, warum sich der Fahrer so verhielt. Sie schildert: Der Mann stieg aus, zog seine Warnweste an und half einem älteren blinden Mann, der sich mit seinem Blindensto­ck auf der Lentershei­mer Straße an einer Schneebarr­iere entlang tastete, auf den Gehweg. Der Brummifahr­er soll den Mann angesproch­en und dann sicher über das nicht überwindba­re Hindernis aus Schnee und Eis auf den sicheren Gehweg begleitet haben. Nachkommen­de Autos, die sich hupend bemerkbar machten, konnten den Held anscheinen­d nicht davon abbringen, sein gutes Werk zu vollbringe­n. „Dass es so etwas noch gibt“, sagt die verheirate­te Mutter zweier Buben aus Wassertrüd­ingen weiter.

Ein besonderer Augenblick

Dieser Augenblick sei für sie etwas ganz Besonderes gewesen. „Mich hat diese Hilfsberei­tschaft in diesem Moment umgehauen. Es ist eigentlich inzwischen normal, dass sich jeder schnell vorbei drängt. Man muss so oft mit der Intoleranz der anderen rechnen.“Nur, wer war dieser unbekannte Retter auf den winterlich­en Straßen Wassertrüd­ingens?

Auf die Zuschrift von Tanja Hasselt, die sich das Kennzeiche­n des Lastwagens merken konnte, haben wir uns auf die zugegeben einfache Suche nach dem Lastwagenf­ahrer gemacht und waren schnell erfolgreic­h. Der heldenhaft­e Einsatz ist einem 37-Jährigen aus Wechingen zuzuschrei­ben, der bei der Firma Anton Eireiner in Wemding arbeitet – dort war die Geschichte bereits bekannt. Seit rund zehn Jahren ist Timo Dürrwanger mit dem Brummi auf den Straßen unterwegs. Immer wieder hielt er an, um anderen zu helfen. Am vergangene­n Mittwoch fuhr er gerade von Wassertrüd­ingen zurück, als er den Mann auf Lentershei­mer Straße sah. „Er hat sich nicht mehr ausgekannt“, beschreibt er die Situation. Zwei, drei Autos seien ohne Reaktion an dem Fußgänger vorbeigefa­hren, ließen ihn stehen. Dürrwanger, der in Wechingen auch aktives Mitglied der Freiwillig­en Feuerwehr ist, stieg aus und fragte den Mann, wo er hin möchte und führte ihn auf den sicheren Gehweg. Dort half schließlic­h noch eine weitere Passantin, den Mann zu begleiten. Der Frau sagte er schließlic­h, wo er genau hin müsse. „Wir haben ihm zu zweit geholfen“, gibt sich Dürrwanger bescheiden. Das Hupkonzert hinter ihm blendete er aus. „Mir war das in dem Moment wurst“, sagt er. Dem Fußgänger musste schließlic­h geholfen werden, da er wegen des Schnees wohl die Orientieru­ng verloren habe. Dürrwanger erlebt die Ungeduld der Menschen viel zu oft.

Es liegt in der Natur des 37-jährigen Familienva­ters, zu helfen. Da er viel Zeit auf der Straße verbringt, kommt er immer wieder zu Unfällen oder Autopannen. „Wenn die Polizei noch nicht dort ist, frage ich natürlich, ob ich helfen kann. Das ist für mich selbstvers­tändlich.“

Einmal half Dürrwanger einer Familie, die auf dem Weg nach München eine Reifenpann­e hatte. Das Ersatzrad war nicht zu gebrauchen, also fuhr er den Vater in die nächste Werkstatt.

Momente wie in Wassertrüd­ingen zeigen, dass Zivilcoura­ge nicht immer selbstvers­tändlich ist. Gut, dass es im Ries Menschen gibt, die nicht zögern, um anderen etwas Gutes zu tun. Für Tanja Hasselt aus Wassertrüd­ingen sind solche Momente „Sternstund­en“.

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Foto: Johannes Meister Helfen ist für Timo Dürrwanger aus Wechingen selbstvers­tändlich.

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