Rieser Nachrichten

Früher Markus, jetzt Tessa Ganserer

Grünen-Abgeordnet­e war als Mann in den Landtag gewählt worden. Was sie fordert

- VON HENRY STERN

München „Ich mache das nicht zum Spaß und ich habe mir das auch nicht ausgesucht“, sagt Tessa Ganserer. Die Landtagsab­geordnete der Grünen war im Oktober noch unter dem Namen Markus Ganserer als Mann in den Landtag gewählt worden. Zum Jahresende hatte sie öffentlich erklärt, sich seit Jahren als Frau zu fühlen – und deshalb künftig auch als Frau leben zu wollen.

Dieses „Coming-out“sei „emotional für mich sehr anstrengen­d“, sagt Ganserer auf einer Pressekonf­erenz im Landtag. Zwar könne sie das öffentlich­e Interesse an der ersten Geschlecht­sänderung eines aktiven Parlamenta­riers in Deutschlan­d verstehen: „Es wäre mir aber lieber, wenn es eine ganz normale Sache wäre.“Aus den Reihen der Abgeordnet­enkollegen im Landtag habe sie viele positive Reaktionen erhalten, berichtet Ganserer: „Auch aus anderen Parteien.“Auch viele positive Zuschrifte­n von Bürgern „haben mir persönlich sehr gut getan“. Vor allem in sozialen Medien im Internet seien aber auch viele diskrimini­erende Kommentare zu finden. Dies zeige, dass es nach wie vor sehr viele Vorurteile gegen Trans- und Intersexue­lle, aber auch gegen Homosexuel­le gebe.

Vor diesem Hintergrun­d fordern die Grünen im Landtag nun von der neuen Staatsregi­erung einen bayerische­n Aktionspla­n gegen Homophobie und Transphobi­e: „Bayern ist das einzige Bundesland, das keinen solchen Plan hat“, sagt Ganserer. Auch rechtlich seien noch viele Verbesseru­ngen nötig: So habe sie zwar „ein menschlich sehr angenehmes Gespräch“mit Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner (CSU) über ihre Geschlecht­sänderung geführt. Juristisch sei dieser Schritt aber selbst für den Landtag komplizier­t – weshalb zunächst etwa auf Landtags-Anträgen auch noch der Name „Markus Ganserer“stehen müsse.

Forderunge­n hat die Grünen-Politikeri­n Ganserer aber auch an die Bundespoli­tik: So sei das aus den

Transident­ität ist keine Krankheit

1980er Jahren stammende Transsexue­llengesetz schon lange reformbedü­rftig: Eine Änderung des Vornamens und des Geschlecht­seintrags bedürfe etwa nach wie vor zweier psychologi­scher Gutachten. Dies sei für viele Betroffene extrem demütigend und eine Verletzung der Menschenwü­rde.

„Transident­ität ist keine Krankheit und auch keine Modeersche­inung“, betont Ganserer. Niemand mache einen solchen Schritt unbedacht. Bei ihr selbst habe es rund zehn Jahre gedauert, bis sie mit ihrer eigentlich­en Identität nach außen gehen konnte: „Doch jetzt kann ich endlich von meiner Umwelt so wahrgenomm­en werden, wie ich es selbst empfinde.“

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Foto: Matthias Balk, dpa Die Grünen-Abgeordnet­e Tessa Ganserer hat sich seit Jahren als Frau im Körper eines Mannes gefühlt. Nun will sie ihre wahre Identität auch leben.

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