Wenn Erben zum Problem wird
Reichtum verpflichtet. Weiß jeder Jura-Student. Auch wenn er (oder sie) noch so gerne mit dem Fahrrad zur Uni fahren würde, keine Chance. Polohemd-Kragen hochstellen, rein in Papis Cabrio und ab in die Vorlesung. Reputation und so. Irgendwann mal wird Justus (oder Annemarie) Papis Kanzlei leiten. Da ist es vorteilhaft, wenn zu erwartende Wesenszüge schon angelernt sind. Erben will gelernt sein. Das gilt für Millionäre ebenso wie für Trainer. Die einen haben dabei mit nervenden Steuerbeamten zu kämpfen, die anderen mit der Erwartungshaltung. Wie einst Berti Vogts, der von Franz Beckenbauer bei der Amtsübernahme mit auf den Weg bekam, dass die von ihm betreute Nationalmannschaft auf Jahre hinweg unschlagbar sei. Vogts trat an und bewies das Gegenteil.
Der Eishockey-Verband hat vor einigen Wochen Toni Söderholm als neuen Nationaltrainer vorgestellt. Er ist der Sturm-Erbe. Nachfolger von jenem Mann, der mit dem Team olympisches Silber gewonnen hat. Eine Sensation, Marco Sturm, ein Held. Da fängt das Problem der Erbschaft an. Wiederholen lässt sich der Erfolg kaum. Das Erbe auszuschlagen, funktioniert auch nicht. Derzeit hat der neue Trainer erstmals sein Perspektivteam für die Olympischen Spiele 2022 versammelt. „Jetzt ist meine Zeit, und ich mache meine Dinge“, kündigt er forsch an.
So in etwa hat das auch Christian Prokop gemacht: der SigurdssonErbe. Als Handball-Nationaltrainer schied er im vergangenen Jahr bei der EM noch vor dem Start der K.o.-Spiele aus. Als Titelverteidiger. Er hatte schnell das komplette Erbe durchgebracht – blieb überraschenderweise aber doch im Amt. Erbe ist auch immer Bürde.
Vogts immerhin gewann mit der Nationalmannschaft die Europameisterschaft. Prokop kämpft derzeit mit guten Chancen bei der Heim-WM um seinen Nachlass. Am schwierigsten aber ist es für Söderholm. Gestiegene Ansprüche, aber keine passende Mannschaft dafür. Blöd, dass dieses Silber verpflichtet.