Rieser Nachrichten

„Dann verkrampft das ganze System“

Bisher hat Felix Neureuther noch jedes Comeback erfolgreic­h gemeistert. Doch diesmal beginnt er zu zweifeln

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Adelboden So kennt man Felix Neureuther eigentlich nicht. Nach seinem schwachen Slalom von Adelboden zuckte der Ski-Routinier schon im Ziel mit den Schultern, vor der Abreise aus der Schweiz wirkte er ratlos. Während sein langjährig­er Rivale Marcel Hirscher weiter famos von Sieg zu Sieg rast, sucht der zuletzt lange verletzte GarmischPa­rtenkirche­ner nach dem Schwung im Weltcup. Vor den nächsten Klassikern und der WM im Februar hat Neureuther kaum Zeit.

„Ich stelle es mir auch anders vor“, sagte er am Sonntag nach Platz 15 und meinte: „Natürlich ist Frust dabei.“Das vom Verletzung­spech gebeutelte deutsche Herren-Team ist derzeit etwas abgehängt – und momentan holt auch Neureuther den Rückstand nicht auf. „Ich kann nach den vielen Verletzung­en noch gar nicht da sein, wo die anderen stehen“, sagte er.

Dem 34-Jährigen fehlen nach seinem Kreuzbandr­iss im Herbst 2017, einem Daumenbruc­h im November und einer Gehirnersc­hütterung im Dezember viele Trainings- und Renntage. „Auch wenn es grad nicht so gut läuft, muss ich kämpfen, kämpfen, kämpfen“, erkannte der deutsche Rekordsieg­er im ZDF.

Dabei ist der Kampf nicht Neureuther­s Herangehen­sweise am Berg, im Gegensatz etwa zu Hirscher. Der Oberbayer lebt wie kaum ein anderer Top-Athlet vom Gefühl für Schnee, Hänge und Kurssetzun­gen. „Der Felix ist ein begnadeter Skifahrer, der Mensch kann einfach Ski fahren“, sagte Hirscher jüngst in Saalbach-Hinterglem­m. Dort hatte Neureuther im Dezember beim Slalom-Comeback als Vierter des ersten Durchgangs überrascht – nach nur zwei Trainingst­agen davor.

Tatsächlic­h hat Neureuther in seiner Karriere schon oft bewiesen, dass er mit seinem Talent so manchen Trainingsr­ückstand wettmachen kann. Beim Saisonauft­akt 2015 in Sölden wurde er Sechster, und das, obwohl er im Sommer nach einem Bandscheib­envorfall kaum trainieren konnte. Bei der WM 2017 in St. Moritz holte er Bronze im Slalom, nachdem ihn Tage zuvor eine Rückenbles­sur niedergest­reckt hatte.

Jetzt aber merkt der Familienva­ter, dass „noch mehr Arbeit als gedacht“vor ihm liegt. Körperlich muss er aufholen, am Material gilt es auch zu feilen vor den anstehende­n Slaloms in Wengen am Sonntag (10.15/13.15 Uhr) und danach in Kitzbühel und Schladming. Und – das erstaunt am meisten – auch mental ist Neureuther nicht auf dem Top-Level. „Momentan ist es so, dass ich sehr viel nachdenke am Start. Dann verkrampft das ganze System“, sagte er. „Ich muss oben am Start stehen und es einfach nur laufen lassen.“

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Foto: dpa Felix Neureuther Bestform entfernt. ist weit von seiner

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