Rieser Nachrichten

Promillewe­g wird zum Zankapfel

Der Streit um einen Waldweg zwischen Wornfeld und Megesheim kommt vor Gericht. Der Weg ist mittlerwei­le öffentlich, der Frieden absehbar – trotz der fast unglaublic­hen Geschichte

- VON VERENA MÖRZL

Nördlingen Von Wornfeld nach Megesheim sind es rund sechs Kilometer – auf der offizielle­n Straße. Es gibt aber auch eine Abkürzung durch den Wald, die nur knapp zweieinhal­b Kilometer lang ist. Der Schleichwe­g wird gern als Promillewe­g genutzt. Und mal abgesehen von der Tatsache, dass betrunken gefahren wird, wurde die Nutzung so gar nicht gern gesehen. Ein Teil des Weges war bis vor einigen Monaten in privatem Besitz und der Eigentümer wollte nicht, dass dieser Weg öffentlich genutzt wird. Die meisten Autofahrer arrangiert­en sich damit. Bis auf einen, der sich nicht belehren ließ und weiter über den Waldweg Richtung Wornfeld fuhr.

Der Besitzer des Waldgebiet­es hatte die Geschichte irgendwann einmal satt. Dann stellte auch noch ein Gericht fest, dass es in Ordnung sei, diesen Weg zu benutzen. Allerdings habe er als Eigentümer das Recht, die Nutzung zu widerrufen. Der Landwirt teilte also der Gemeinde mit, dass dort nicht mehr gefahren werden solle. In Absprache mit den Behörden durfte er Schilder aufstellen, um das Fahrverbot zu Der Mann aus dem Hainsfarth­er Gemeindege­biet erhoffte sich, mit dem Kauf zweier Schilder auf Ebay auch wieder seinen Frieden zurückzuer­langen.

Die Schilder wurden aufgestell­t, doch dem anderen Mann war das noch immer egal: Er fuhr weiterhin auf dem Waldweg. Da kam ihm der Landwirt eines Tages mit seinem Traktor entgegen und blieb stehen. Keiner kam mehr weiter. Der Autofahrer fuhr zur Seite, soll nach Informatio­nen unserer Zeitung seinen Sitz in Liegeposit­ion gedreht und gewartet haben.

Irgendwann ging er offenbar zu Fuß wieder nach Hause und rief von dort die Polizei. Die Beamten kamen, um die Situation festzustel­len, machten Fotos, fuhren wieder nach Nördlingen. Viel Wirbel um ein paar Meter Waldweg. Doch er sollte noch größer werden.

Irgendwann lag ein Strafbefeh­l wegen Amtsanmaßu­ng im Briefkaste­n des Landwirts. Er sollte 40 Tagessätze zu je 50 Euro bezahlen, weil er Schilder, die eigentlich für den öffentlich­en Straßenver­kehr bestimmt sind, auf seinem Privatgrun­d aufgestell­t hatte. Der Landwirt legte Einspruch ein. 2000 Euro, weil er das gemacht hatte, was er laut Behörde und seiner damaligen Anwältin tun sollte. Für den Angeklagte­n kaum zu glauben.

Also kam es am Dienstag wegen der zwei Fahrverbot­sschilder zur Gerichtsve­rhandlung vor dem Nördlinger Amtsgerich­t. Anwesend: Richterin, Staatsanwä­ltin, Angeklagte­r mit neuer Anwältin, ein Polizist und der unbelehrba­re Waldweg-Fahrer.

Der angeklagte Landwirt sagte zu seiner Verteidigu­ng, dass er die Schilder gekauft und aufgestell­t habe. Kein Geständnis, sondern vielmehr ein Erklärungs­versuch für eine fast unglaublic­he Sache. „Es war mir keine Sekunde bewusst, dass es das falsche Schild war“, sagte er. Von der Gemeinde habe ihn niemand darauf hingewiese­n, welches Verbotszei­chen es sein müsse oder welches auf jeden Fall für diesen Weg verboten sei. Dass die Schilder falsch waren, wurde weder von der Gemeinde noch von der VG Oettingen angemerkt. Auch eine andere Anwältin empfahl dem Mann, ein Schild aufzustell­en, sodass erkenntlic­h ist, dass es nicht erwünscht ist, über diesen Weg zu fahren.

Seine neue Verteidige­rin Kerstin Küfner sagte, dass sie ihre Vorgängeri­n ungern schimpfen möchte. Alverdeutl­ichen. lerdings gehöre es für eine Verteidige­rin zur Beratung, ihrem Mandanten zu sagen, was er beim Aufstellen der Schilder alles zu beachten habe. Und: „Da haben für mich auch mehrere Leute geschlafen“, sagte sie in Richtung der zuständige­n Gemeindeve­rwaltung. Wenn nicht einmal die Behörde bemerke, dass es sich um die falschen Schilder handle, könne man ihrem Mandanten auch nicht vorwerfen, dass er vorsätzlic­h eine Behördenei­genschaft nach außen getragen habe – sprich Amtsanmaßu­ng. „Da ist die Vorsorgepf­licht des Bürgers überstrapa­ziert.“

Das Verfahren wurde zwar eingestell­t, zur endgültige­n Einstellun­g machte Richterin Katrin Wegele dem Angeklagte­n allerdings zur Auflage, 150 Euro innerhalb eines Monats an den Ortsverein der Helfer und Förderer des THW Donauwörth zu bezahlen.

Um den Zoff zwischen dem Landwirt und dem Fahrer zu befrieden, hat inzwischen die Gemeinde Hainsfarth das Waldstück gekauft – der Eigentümer erhielt ein entspreche­ndes Grundstück zum Tausch. Der Promillewe­g ist wieder befahrbar. Verkehrsze­ichen stehen dort nicht mehr.

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