Behörde setzt Zeichen gegen Tierfolter
Veterinäre am Landratsamt Donau-Ries verweigern Papiere für Ausfuhren in Länder, in denen Schlachttiere gequält werden
Donauwörth Erschütternd seien die Bilder, die er sehen musste, sagt Thomas Kellner. Keinesfalls sollte man die Schicksale der Tiere am Abend konsumieren, es könnte einen schier um den Schlaf bringen. Was Nutztieren in diversen Staaten Nordafrikas und in der Türkei vor und bei der Schlachtung zum Teil angetan wird, sei kaum in Worte zu fassen. Der Landkreis Donau-Ries will als einer der ersten in Schwaben jetzt ein Zeichen setzen, und keine amtstierärztlichen Dokumente mehr ausstellen, die für Tiertransporte in die Maghreb-Staaten und in die Türkei erforderlich sind.
Eine Reportage von Journalisten des ZDF-Formats „37 Grad“habe nicht nur ihn, sondern zahlreiche bayerische Veterinäre geschockt, sagt Kellner. Er ist Leiter des Fachbereichs Veterinärmedizin am Landratsamt in Donauwörth. Nach der Ankunft in Nordafrika würden Tiere ohne Rampe auf Kleinlaster verladen, daraufhin würden ihnen ohne Betäubung oftmals die Augen ausgestochen und Beinsehnen durchtrennt, um so ein Weglaufen auf den völlig desorganisierten Schlachthöfen zu verhindern. Dazu Tritte gegen den Schädel. „Das sind Zustände bei Schlachtungen, die bei uns völlig undenkbar sind.“Perversionen, die jenseits jeder Vorstellungskraft liegen. In seinem Fachbereich hätten die Bilder „tiefe Erschütterung“ausgelöst. Ein Rind, um dessen Bein ein Seil gewickelt wird, um es anschließend per Kran förmlich vom Frachtschiff zu reißen, gehöre da noch zu den milderen Umständen.
Leicht sei es nicht, jene Ausstellung der Papiere für die Tierexporte zu verweigern. Dokumente, die direkt für die Verladungen bestimmt sind, stellt das Amt in Donauwörth zwar seit 2013 nicht mehr aus – jedoch sogenannte „Vorzeugnisse“. Sie betreffen das Tierseuchenrecht und werden von den Behörden andernorts angefordert, die wiederum die Verladepapiere ausstellen.
Das verweigern der Kreis DonauRies sowie zahlreiche Veterinärbehörden in anderen bayerischen Kreisen nun, vor allem in Niederbayern werden die Zertifikate nicht mehr abgesegnet. Neben den offensichtlichen moralischen und ethischen Bedenken hat man auch eine Rechtsgrundlage gefunden. Diese braucht das Amt freilich, da es an konkrete Gesetze und zunächst nicht an eine Ethik gebunden ist.
Tierquälerei gilt in Deutschland und in der EU als Gesetzesverstoß. Und jene Gesetzesverstöße dürfe eine Behörde nicht begünstigen, auch wenn diese außerhalb des eignen Landes stattfinden, sagt Kellner. Zuletzt sei es unstrittig gewesen, dass der europäische Tierschutz eben nicht an der EU-Außengrenze ende, sondern den gesamten Transportweg bis zur Ankunft der Tiere am Bestimmungsort betreffe. Das hat auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2015 so entschieden. Die Kontrolle bis in jene Zielländer kann aber kaum gewährleistet werden. Die Theorie ist da, an der Praxis hapert es – zumindest auf dem Transportweg außerhalb der EU. Von daher braucht es, so sehen es nun zahlreiche bayerische Landratsämter, ein Einschreiten vor dem Export. Nach der Ankunft der Tiere im Zielland müssten die Tierschutzgesetze des jeweiligen importierenden Landes gelten – oftmals gibt es in außereuropäischen Staaten, allen voran in Schwellen- und Entwicklungsländern aber keine Gesetze, die ein anständiges Verhalten gegenüber Tieren vorschreiben, weiß Kellner.
2018 stellte das Landratsamt Donau-Ries 38 Vorzeugnisse für Tierexporte aus. Diese sind in der Regel für jeweils ein bis 20 Tiere gedacht gewesen. In den vergangenen drei Monaten spielten die betroffenen Nationen im Veterinäramt in Donauwörth jedoch keine Rolle. Doch
Papiere werden von anderen Behörden angefordert
Runder Tisch der Staatsregierung
man wolle ein Zeichen setzen, sich am Domino-Effekt beteiligen, der eine würdigere Behandlung der Lebewesen vorsieht. Kommende Woche, am 19. Februar, findet in München ein Runder Tisch der Staatsregierung statt, bei dem das weitere Vorgehen des Freistaates hinsichtlich der Tierexporte besprochen werden soll. Kellner hofft, dass sich die bayerischen Ämter bald allesamt den Exporten in Nationen ohne jeglichen Tierschutz geschlossen entgegenstellen. Erste Schritte dazu sind wohl getan.