Ein berühmter Nördlinger Schüler
Friedrich Schubart zu Ehren wird eine Gesellschaft gegründet. Der ging im Ries zur Schule, war Journalist und Musiker. Wegen seiner Affären verlor er eine Stelle
Nördlingen In Aalen wird am 22. Februar eine Schubart-Gesellschaft gegründet. Sie soll das Andenken an den in Aalen aufgewachsenen Dichter, Freiheitskämpfer und Komponisten Friedrich Christian Daniel Schubart pflegen. Sein Geburtstag jährt sich am 22. März zum 280. Mal. Prägende Jahre hat Schubart in Nördlingen verbracht. Sein Vater, der in Aalen als Musikdirektor, Lehrer und Pfarrvikar wirkte, schickte den 14-Jährigen 1753 auf das Lyzeum in Nördlingen. Drei Jahre hat der junge Mann im Ries gelebt und sich in der Stadt so wohl gefühlt, wie kaum irgendwo sonst, berichtet der Träger des SchubartLiteraturpreises, Professor Hartmut Schick. Mit Nördlingen blieb Schubart durch seinen Schwager Christian Gottfried Boeckh verbunden, der in der Stadt als Archdiakon wirkte. Sein Weg führte den Dichter auch an den Hof des Fürsten von Oettingen-Wallerstein. Auf Schubarts Spuren und denen anderer, wie etwa Goethes und Ludwig Uhlands, kann man heute noch in Nördlingen wandeln bei den „LiteraTour“-Stadtführungen, die die Touristik-Information anbietet. Schubart selbst schrieb: „Der Charakter der Nördlinger ist, bei unvermeidlicher reichsstädtischer Steifheit, doch seelengut, geräuschlos, mit Wenigem zufrieden, stille, ar- beitsam und zur Ordnung und Tugend beinahe durch eine Naturanlage gestimmt. Weder ihre Sprache noch ihre Sitten haben das Starke und Raue der Aalener. Vielleicht hat die Nähe einiger fürstlicher Höfe etwas zur Milde dieses Charakters beigetragen.“
Dennoch, schreibt Schick, sei Schubart die Milde der Nördlinger letztlich fremd geblieben. Dort wurde ihm aber eine ausgezeichnete Bildung zuteil, vor allem durch den Rektor Albrecht Friedrich Thilo. Über ihn schrieb Schubart: „Er liebte mich, weil er Gaben an mir bemerkte, und seinem ermunternden Unterrichte, sonderlich seiner feurigen Neigung für die Wissenschaften, die sich auch mir mitteilte, danke ich das meiste, was ich gelernt habe. Bald hatt’ ich das Glück, einer seiner besten Schüler zu seyn.“Auch musikalische Anregungen hat er hier erhalten, beschreibt er doch die Nördlinger als „große Verehrer von der Tonkunst, sonderlich von der Kirchenmusik“.
In Nördlingen begann er auch zu komponieren und zu dichten. In seinen Erinnerungen heißt es: „Ich setzte in Nördlingen einige Sonaten auf Clavier und etliche fugirte Chorale; dichtete auch eine prosaisch poetische Nähe auf das fürchterliche Erdbeben vom ersten November 1755, das Lisboa (Lissabon) hinunterschlang.“
Wie wohl Schubart sich in Nörd- gefühlt haben muss, lässt auch dieser Passus seiner Erinnerungen vermuten: „Die geflügelte Fertigkeit, womit ich das Clavier spielte, das Gefühl, mit dem ich sang und deklamirte, meine schöne Handschrift und die immer heitere, in die äusserste Offenherzigkeit getauchte Laune, erwarben mir in Nördlingen manchen Freund, unter denen mir drei Jahre wie eben so viel Rosenmonde wegschwanden.“
Schubart ging danach zwar für zwei weitere Schuljahre nach Nürnberg und dann zum Theologiestudium nach Erlangen. Eine seiner Schwestern heiratete Christian Gottfried Friedrich Boeckh. Dieser wurde 1732 in Nähermemmingen geboren und ist 1792 in Nördlingen gestorben. Boeckh war ab 1772 zunächst Diakon, später Pfarrer und Archidiakon an der Hauptkirche in Nördlingen. Die beiden Schwager standen in engem Briefkontakt, und nach einem Besuch um 1775 in Nördlingen reiste Schubart weiter an den Hof des Fürsten von Oettingen-Wallerstein, wo er Antonio Rosetti kennenlernte. Einmal reiste er mit seinem Schwager Boekh nach Ludwigsburg, erlebte erstmals eine Opernaufführung und war begeistert. Kurze Zeit später wurde dort die Stelle des Musikdirektors an der Stadtkirche frei – und der württembergische Herzog Karl Eugen stimmte einer Berufung Schubarts zu. Nach Affären mit adligen Frauen und Töchtern, die er im Klavierspiel unterrichtete, schreibt Schick, verwies ihn der Herrscher jedoch wegen mutmaßlichen Ehebruchs mit seinem Hausmädchen des Landes.
Sein weiterer Weg führte Schubart unter anderem nach Augsburg, wo er die „Teutsche Chronik“herausgab und einer der führenden und einflussreichen Journalisten in Deutschland wurde. Die Chronik erschien ab März 1774 in Augsburg und erreichte bald 20 000 Leser. Die Zeitschrift enthielt regionale und nationale Nachrichten, Ratschläge für Bauern und Händler sowie volkstümliche Balladen. Bekannt wurde sie aber vor allem wegen Schubarts bissiger politischer Gedichte und Artikel, mit denen er die Willkürherrschaft der absolutistischen Fürsten und die katholische Kirche kritisierte. Als Schubart wiederholt die Jesuiten aufs Korn nahm, wurde er aus Augsburg ausgewiesen. Anfang 1775 zog er ins protestantische Ulm um, wo er seine Zeitschrift weiter veröffentlichte.
In dieser Zeit erschien eine belingen rühmte Schrift von Schubart. Darin prangerte er die deutschen Fürsten, auch Herzog Carl Eugen von Württemberg, an, die Untertanen als Söldner an ausländische Mächte verkauften. Außerdem machte er spöttische Bemerkungen über Franziska von Hohenheim, die Mätresse des Herzogs. Dieser ließ Schubart 1777 auf württembergisches Gebiet locken, verhaften und zehn Jahre lang auf der Festung Hohenasperg einkerkern. Ohne Anklage, ohne Gerichtsverfahren, ohne Urteil, nur aufgrund eines Befehls des Landesherrn. Besuch bekam er auf dem Hohenasperg unter anderem von Friedrich Schiller, den Schubart dort auf den Stoff für das Theaterstück „Die Räuber“aufmerksam machte. Später musste auch Schiller vor dem Herzog fliehen und traf in Weimar Johann Wolfgang Goethe.
Zehn Jahre war Schubart seiner Freiheit beraubt, bis ihn der Herzog persönlich von seiner Freilassung unterrichtete. Er stellte Schubart als Theaterdirektor in Stuttgart an. Damit hatte der ehemalige Häftling für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Bei der Obrigkeit erregte er keinen Anstoß mehr. Im Alter von 52 Jahren starb er am 10. Oktober 1791. Sein Schwager Boeckh starb kurze Zeit später am 31. Januar 1792.
Die Stadt Nördlingen wird der Schubart-Gesellschaft übrigens beitreten. Das hat der Haupt- und Finanzausschuss zuletzt beschlossen.