Eine neue Galerie in Oettingen
Wolf J. Gruber und Stefan Seiler haben sich mit der „Markise“im einstigen Foto-Fischer-Laden in der Residenzstadt selbstständig gemacht. Wie es dort aussieht
Oettingen Gehofft hatten sie schon, aber zu träumen gewagt haben sie es dann doch nicht: Dass die Eröffnung ihrer Galerie solch ein Erfolg werden würde. Wolf J. Gruber und Stefan Seiler haben sich mit dem Projekt „Markise“, so nennen sie ihr Atelier mit angeschlossener Galerie, selbstständig gemacht. Mit erheblichem persönlichem Aufwand und ohne finanzielle Netze und doppelte Böden haben sie im „alten“FotoFischer-Laden in Oettingens Schloßstraße den Start in die künstlerische Selbstständigkeit gewagt.
Dass sich das interessierte Publikum bei der Vernissage und durch das gesamte Eröffnungswochenende hindurch buchstäblich die Klinke in die Hand gab, ist ein gutes Zeichen. Die beiden Protagonisten sind aber nicht so blauäugig, aus diesem Auftakterfolg gleich den Durchbruch in der regionalen Kunstszene heraus- zulesen. Aber sie sind hoch erfreut darüber, dass sich neben vielen Neugierigen, die „einfach mal sehen wollten, was aus dem Fotoladen geworden ist“nicht wenige Künstlerkollegen, Kunstkenner und auch potenzielle Kunden, sprich Käufer, ein Stelldichein gaben. Dass sie von ihrer Kunst einmal werden leben können, ist zwar der auf lange Sicht gesehene Wunsch der beiden, doch der Weg dahin „kann sich ziehen“, das sehen sie beim Besuch der RN am vergangenen Samstag ganz realistisch.
Und so haben sie sich jetzt zwar ihre Basis geschaffen – das eigene Atelier – in dem beide sich gegenseitig kreativ befruchten können und werden, doch beide können „wohl noch über eine längere Zeit“(Zitat Stefan Seiler) auf einen festen Nebenjob nicht verzichten. „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit“, dieser Spruch von Karl Valentin könnte also durchaus auf der Markise über der Ladentür des einstigen Fotogeschäftes stehen, die dem neuen Domizil auch den Namen gegeben hat. Drinnen herrscht eine kreativ aufgeladene Atmosphäre, die den Besucher gleich in den Bann zieht. Da hängt in der einstigen „Hohlkehle“des Fotogeschäftes zwischen Bauhaus-Designerstuhl und 70er JahreHocker mit Kaktus eines der derzeitigen Hauptwerke Wolf Grubers, auf dem „Ladentisch“prangt ein urzeitlicher Ansichtskarten-Drehständer mit Kunstpostkarten der beiden Ladenbetreiber.
Überall sind Zitate der früheren Verwendung als Fotoladen zu sehen, die riesige Plattenkamera aus Massivholz samt Stativ oder das handgeschriebene Schild „Dunkelkammer“, ein Wegweiser, den die jüngeren Besucher sich erst noch erklären lassen müssen. Fast unscheinbar und nebensächlich dann der eigentliche Atelierraum, das freilich einmal das Herzstück des Projektes werden wird. Denn hier entstehen die Werke von Wolf Jacob Gruber, des Illustrators, Karikaturisten, Linol- und Holzschneiders und die „geschlossenen Vergnügungsparks“, wie Stefan Seiler seine großformatigen Leinwand- und Aquarellarbeiten mit ihren überraschenden, fantasievollen und auch sozialkritischen Motiven nennt.
Ob der Mut der beiden, so ein Projekt zu wagen belohnt wird, mag die Zeit zeigen. Es wird davon abhängen, ob dieser „kulturelle Glücksgriff“für Oettingen auch das langfristige Interesse und die entsprechende Nachfrage erhält, die er verdient hat. Generelle Öffnungszeiten hat die „Markise“noch nicht, auf Nachfrage hieß es: „Wir sind ja eigentlich immer da.“Wem das zu unsicher ist, mag auf das „GeöffnetSchild“an der Ladentür achten, von 10 bis 17 Uhr werktags ist in der Regel, so Wolf Gruber, tatsächlich „jemand da“.