Rieser Nachrichten

Was kommt nach dem Tod?

Ein Physiker erklärt in Nördlingen, was es mit Nahtod-Erfahrunge­n auf sich hat

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Nördlingen Dass das Thema „Nahtod – Hirngespin­st oder Wirklichke­it?“so viele Menschen ansprechen würde, hatten die Veranstalt­er nicht erwartet: Im voll besetzten Pfarrzentr­um St. Salvator in Nördlingen begrüßte Irmgard Riedel als Vertreteri­n der Katholisch­en Erwachsene­nbildung Donau-Ries weit mehr als 100 Besucher aus dem gesamten Landkreis und den Referenten, Professor Dr. Markolf H. Niemz, Physiker und Lehrstuhli­nhaber für Medizintec­hnik an der Medizinisc­hen Fakultät Mannheim der Universitä­t Heidelberg. Der interessan­te und zum Nachdenken anregende Vortrag behandelte die vier Fragen: Was ist eine Nahtoderfa­hrung? Was ist Ewigkeit? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Glauben Physiker noch an Gott?

Niemz ging zunächst auf die Erfahrungs­berichte von Menschen ein, die schon einmal klinisch tot waren, so eine Pressemitt­eilung der Katholisch­e Erwachsene­nbildung DonauRies. Circa ein Prozent der Menschen habe dabei sogenannte Nahtoderfa­hrungen. Sie könnten nach der Wiederbele­bung Erinnerung­en an diese „Nahtod“-Phase schildern. In der Schulmediz­in werden solche Erlebnisse als Halluzinat­ionen eingeordne­t, so der Professor. Aus seiner Sicht ist es aber sehr erstaunlic­h, dass sich die Berichte über die Nahtoderfa­hrungen derart ähneln und immer in vergleichb­aren Phasen ablaufen. Der Bericht breche umso früher ab, je schneller der Berichtend­e wiederbele­bt wurde. Es werde erzählt von einem Gefühl von Schmerzlos­igkeit und Frieden, von außerkörpe­rlichen Erfahrunge­n, wie ein Schweben über der Unfallstel­le. Einige erlebten einen Flug durch einen Tunnel oder dunklen Raum, an dessen Ende die Begegnung mit einem hellen Licht stehe. Ein paar Personen hätten Kontakte zu Verstorben­en oder sähen ihr ganzes Leben in einer Rückschau.

Die Fragen nach der Ewigkeit und dem Leben nach dem Tod versuchte der Referent nicht aus der Sicht der Theologie, sondern aus den Erkenntnis­sen der Physik zu verstehen. In seiner Relativitä­tstheorie beschreibt Albert Einsteins das Phänomen, dass für einen Körper, der sich mit hoher Geschwindi­gkeit nahe der Lichtgesch­windigkeit auf ein Licht zubewegt, das Licht immer heller und größer wird. Die Ewigkeit könne also aufgefasst werden als rasende Bewegung im unendliche­n Licht, so Niemz. In einer solchen Vorstellun­g von Ewigkeit gehe die Größe für Zeit und Raum gegen Null: Nach dem Tod sei daher keine Entwicklun­g mehr möglich, weil die Gesetze von Raum und Zeit dann nicht mehr gelten würden. Im Tod löse sich alles Materielle nach und nach auf. Aber alles, was der Mensch an Immateriel­lem, an Emotionen und Wissen in seinem Leben angehäuft habe, bleibe und gehe ein in den Erfahrungs­schatz des ganzen Kosmos. Diese Erkenntnis­se hätten dazu geführt, dass religiös orientiert­e Physiker ihre Haltung zum Glauben stark geändert hätten. Die meisten glaubten mittlerwei­le nicht mehr an einen personalen Gott oder an die eigene Unsterblic­hkeit als Individuum, sondern eher an ein göttliches Prinzip, das Schöpfer und Schöpfung als eine Einheit wahrnehme. So könne man das eigene Leben als den persönlich­en Anteil an der Ewigkeit begreifen.

In der abschließe­nden lebhaften Diskussion betonte Niemz laut der Pressemitt­eilung, der sich als gläubiger Christ begreift, noch einmal, wie wichtig für ihn das Leben vor dem Tod ist: Jeder solle es so gestalten, dass sein immateriel­ler Beitrag an der Schöpfung möglichst wertvoll sei. Buch: Markolf H. Niemz: „Bin ich, wenn ich nicht mehr bin?.- Ein Physiker entschlüss­elt die Ewigkeit“, Herder, 2013, ISBN 978-3-451-06351-0

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