Rieser Nachrichten

Anton hat einen Lebensrett­er

Krankheit Der Schwenning­er Familienva­ter hat seinen genetische­n Zwilling gefunden. Die Stammzellt­ransplanta­tion fand bereits statt. Wie es Anton Eichberger jetzt geht

- VON SIMONE BRONNHUBER

Schwenning­en In einem Moment himmelhoch­jauchzend, im anderen Moment todtraurig. Und das binnen weniger Stunden. Für Anton Eichberger und seine Familie ist das nicht nur eine Redewendun­g, sondern bittere Realität. Die vergangene­n Wochen waren für ihn, seine Frau und Kinder eine Achterbahn der Emotionen. Ein Auf und Ab, das die Eichberger­s so noch nie erlebt haben und auch nie wieder erleben wollen. „Ich kann das nicht beschreibe­n. Ich bin an meine Grenzen gestoßen und konnte es fast nicht mehr ertragen. Aber die Hoffnung hat mich letztendli­ch getragen und tut es weiter“, sagt Carola Eichberger und atmet tief durch. Denn nach so vielen schlechten Tagen, an denen die Schwenning­er Familie fast verzweifel­t ist, gibt es nun eine wunderbare Nachricht: Es gibt einen Lebensrett­er für ihren Ehemann Anton. Für den an Leukämie erkrankten 51-Jährigen wurde ein genetische­r Zwilling gefunden. Die lebensnotw­endige Bluttransp­lantation fand bereits statt. „Es ging plötzlich alles ganz schnell. Bis zum allerletzt­en Moment wird man nicht informiert, da ja immer etwas dazwischen kommen kann. Aber es hat geklappt und der Spender passt sehr gut zu Anton. Jetzt muss er gesund werden“, sagt Ehefrau Carola.

Anton Eichberger ist zum zweiten Mal an Leukämie erkrankt. Bereits 2017 kämpfte der ehemalige Schwenning­er Feuerwehrk­ommandant gegen den Blutkrebs – mit Erfolg. Doch die Krankheit kam zurück. So stark, dass eine hoch dosierte Chemothera­pie nicht mehr ausreichte. Es war schnell klar: Anton braucht einen genetische­n Zwilling, der sein Lebensrett­er sein will. Und diese Person, weiblich oder männlich, kann überall auf der Welt sein. Einzige Voraussetz­ung ist die Registrier­ung in der Knochenmar­kspenderka­rtei. Eine verzweifel­te Suche für Anton begann.

Um einen Teil dazu beizutrage­n und um einfach irgendetwa­s zu tun, hat Carola Eichberger beschlosse­n, selbst eine große Typisierun­gsaktion auf die Beine zu stellen. Dabei hat sie nicht nur von Familie und Freunden große Unterstütz­ung bekommen. Das ganze Dorf hat mitgeholfe­n und vor wenigen Wochen eine beispiello­se Aktion im Schwenning­er Sportheim organisier­t. Unglaublic­he 1154 Menschen wurden an diesem einen Samstag neu in der DKMS-Kartei aufgenomme­n. In einer extra Aktion im Gundremmin­ger Kraftwerk, wo Anton Eichberger bis zu seiner Erkrankung gearbeitet hat, sind weitere 232 potenziell­e Lebensrett­er aufgenomme­n worden, und bei Erwin Müller in Buttenwies­en haben bei einer firmeninte­rnen Aktion 106 Personen Speichelpr­oben abgegeben. „Das sind Bombenzahl­en, das kommt nicht oft vor. Ich bin immer noch überwältig­t und allen so dankbar“, sagt Carola Eichberger.

Denn nicht nur, dass sich so viele Menschen haben registrier­en lassen, es kamen auf das DKMS-Spendenkon­to von Anton bereits knapp 36000 Euro an Geldspende­n zusammen. Ob Privatmens­chen oder Unternehme­r aus dem Landkreis – das Schicksal des Schwenning­ers hat die Menschen bewegt. „Es ist selten, dass es solch einen Rücklauf für Spendenauf­rufe gibt. Wir sind sprachlos“, sagt die zweifache Mutter. Ihr ist es ein großes Anliegen, sich bei allen von Herzen zu bedanken, vorne weg bei Feuerwehrk­ommandant Michael Bregel, der ihr eine Stütze bei der Typisierun­gsaktion war. „Wir haben einen unglaublic­hen Zusammenha­lt gehabt, es waren so viele Menschen vor Ort, die geholfen haben. Danke. Jetzt muss nur noch mein Anton heimkommen.“

Und dieser Wunsch ging am vergangene­n Freitag in Erfüllung. Denn Anton Eichberger darf nach Hause. Er ist auf dem Weg der Besserung – zumindest gibt es endlich die lang ersehnte Hoffnung, dass doch wieder alles gut werden kann. Im Februar wurde er transplant­iert. Das Einzige, was die Familie über den Spender weiß ist, dass er männlich und aus Bayern ist. Mehr ist aus Gründen des Datenschut­zes nicht möglich. „Das Gefühl, dass es einen Spender gibt und alles passt, war unbeschrei­blich. Es war grandios“, erzählt Carola Eichberger. Nach der Behandlung ging es aber dann erst wieder richtig bergab, ihr Anton war aufgeschwe­mmt, fiebrig, hatte keine Haare und keine Kraft mehr. Seine Abwehrkräf­te waren komplett weg. „Es ging ihm so schlecht. Die Chemo und die Medikament­e waren zu viel. Ich habe meinen eigenen Mann nicht mehr erkannt. Er hat nur noch gebetet.“

Seit wenigen Tagen geht es dem 51-Jährigen besser, es geht langsam aufwärts, die lebenswich­tigen Blutkörper­chen steigen wieder an. „Wir sind auf dem richtigen Weg, und Anton will nur noch heim“, sagt seine Frau und betont: „Ich bin so stolz auf ihn, was er in den letzten Wochen für eine Kraft, Geduld und einen Lebenswill­en hatte. Wir sind nur die Statisten. Der Kämpfer ist er, und es ist unglaublic­h, was er geleistet hat und aushalten musste. Er soll jetzt einfach endlich wieder heimkommen.“

Daheim wartet nicht nur die Familie, auch seine geliebten Hunde freuen sich auf ihn. Die müssen sich aber noch ein wenig gedulden, bis sie mit ihrem Herrchen wieder spielen und schmusen können. Denn der Katalog an Vorsichtsm­aßnahmen für Anton ist dick und umfangreic­h. Cagroße rola Eichberger musste in den vergangene­n Wochen sogar das Haus umbauen. „Es muss alles steril sein. Keine Hunde, keine Pflanzen. Anton bekommt einen separaten Wohnraum im zweiten Stock. Die nächsten hundert Tage sind kritisch und so lange ist Quarantäne angesagt.“

Die ambulante Behandlung in der Augsburger Klinik geht auch zu Hause weiter. Immer wieder finden Kontrollen statt, immer wieder wird die Familie hoffen und bangen, ob die neuen Zellen gut anwachsen. Ein Mundschutz wird in den nächsten Wochen das wichtigste Utensil von Anton sein. Er darf sich nichts einfangen, selbst ein kleiner Schnupfen kann lebensgefä­hrlich sein. Aber das, so sagt es Carola Eichberger, werden sie auch noch schaffen. „Wichtig ist: Wir haben einen passenden Stammzells­pender gefunden. Es gibt einen Lebensrett­er für Anton.“Jetzt muss der Schwenning­er wieder zu Kräften kommen und den schweren Kampf gegen Leukämie gewinnen. Zum zweiten und hoffentlic­h letzten Mal.

 ?? Foto: Carola Eichberger ?? Endlich: Am vergangene­n Freitag durfte Anton Eichberger (links) nach Hause. Er hat die schwierige Stammzellt­ransplanta­tion geschafft, jetzt muss er sich erholen – im Kreise seiner Familie. Auf dem Bild ist er mit dem behandelnd­en Arzt in Augsburg, Professor Dr. Christian Schmid, zu sehen.
Foto: Carola Eichberger Endlich: Am vergangene­n Freitag durfte Anton Eichberger (links) nach Hause. Er hat die schwierige Stammzellt­ransplanta­tion geschafft, jetzt muss er sich erholen – im Kreise seiner Familie. Auf dem Bild ist er mit dem behandelnd­en Arzt in Augsburg, Professor Dr. Christian Schmid, zu sehen.

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