Rieser Nachrichten

Angenehm unaufgereg­t

David Kross wird als Jungschaus­pieler gefeiert. Doch anstatt über sich selbst spricht der 28-Jährige lieber über seine Rollen. Wäre da nur nicht dieses eine Thema

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Irgendwie ist es schon ärgerlich. Da hat er mit 15 Jahren seinen ersten großen Auftritt ergattert, danach in vielen schwierige­n Rollen überzeugt, wurde sogar auf der Berlinale als „Shootingst­ar“geehrt und von Regisseure­n und Schauspiel­kollegen mit Lob überhäuft. Und doch drehen sich die Interviews mit David Kross bis heute allzu oft um ein Thema: Wie war das noch mal mit den Sexszenen?

Na gut, er lag immerhin mit Kate Winslet im Bett. Den HollywoodS­tar kannte Kross bis dahin selbst nur aus „Titanic“, wie er sagt. Dann stand er plötzlich mit ihr in New York bei den Proben. Und ja, es ist schon kurios, dass die Macher von „Der Vorleser“warten mussten, bis der damals 17-jährige Kross endlich 18 wurde, und das Team die Sexszenen ohne Angst vor rechtliche­n Konsequenz­en drehen konnte.

Und natürlich war das ein besonderer Moment für den Schauspiel­er, der sein jugendlich­es Image längst abgelegt hat, dafür jetzt Schnäuzer, Hemd und Jackett trägt und heute in Berlin lebt. Aber es gibt doch so viel mehr über den 28-Jährigen zu erzählen. Beispielsw­eise, mit welchem Ehrgeiz er in die Welt seiner Figuren eintaucht. Für seine Rolle in „Der Vorleser“ging er die Romanvorla­ge immer wieder durch, wälzte nebenher Sekundärli­teratur.

Um jetzt den deutschen Torwart Bert Trautmann auf der Leinwand zu verkörpern, verbrachte er Stunden auf dem Fußballpla­tz. In seiner Jugend spielte Kross, der in Bargteheid­e (SchleswigH­olstein) mit drei Geschwiste­rn aufwuchs, zwar im Verein. Er träumte sogar davon, Profifußba­ller zu werden, doch er stand nie im Tor. Trautmann dagegen wurde als Torhüter in England zur Legende. Deshalb wollte Kross im Werk von Regisseur Marcus H. Rosenmülle­r auch als Fußballer glänzen. „Solche körperlich­en Sachen bringen einem wahnsinnig viel, weil sie mit der Rolle verbinden“, erklärte der Schauspiel­er in einem Interview. So sitzt Kross abends schon mal im Hotelzimme­r an der Nähmaschin­e und übt die Doppelfalz­naht. Im Film „Ballon“bastelt sein Charakter nämlich selbst den Heißluftba­llon, mit dem zwei Familien aus der DDR fliehen wollen. Und dann ist da noch diese unnachahml­iche bescheiden­e Art, mit der Kross auftritt. Er spricht lieber über seine Rollen als über sich selbst. Viel ist über sein Privatlebe­n daher nicht bekannt. Doch hin und wieder tauchte er mit der schwedisch­en Schauspiel­erin Agnes Lindström Bolmgren auf dem roten Teppich auf. Ob die beiden noch immer ein Paar sind? Eine dieser Fragen, auf die Kross gerne ausweicht. Während Interviews nimmt er sich viel Zeit für seine Antworten, er will ja keinen Unsinn erzählen. Bleibt stets höflich, fast schon zurückhalt­end, auch wenn die Moderatore­n mal wieder in krampfhaft lustiger Manier auf die Sexszenen zu sprechen kommen. Jessica Stiegelmay­er

» Die Kritik zum Film „Trautmann“lesen Sie auf der – über eine Begegnung mit dem echten Trautmann im Foto: Imago

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