Die Grenzen der Marine Le Pen
Besseres Image, aber Macron liegt vorne
Paris Der Autor eines Comicbandes sah Marine Le Pen vor zwei Jahren bereits an der Macht in Frankreich: „Die Präsidentin“hieß das fiktive Werk. Auch einige Beobachter hielten den Einzug der französischen Rechtspopulistin in den Élysée-Palast im Mai 2017 für nicht ganz unwahrscheinlich, erreichte sie doch die Stichwahl gegen Emmanuel Macron. Im zweiten Durchgang, wo jeder dritte Wähler für sie stimmte, wurden ihr allerdings ihre Grenzen aufgezeigt. Auch eine neue Umfrage zeigt, dass 69 Prozent der Franzosen Le Pen weiterhin für „keine gute Präsidentin“halten würden.
Für 62 Prozent der Befragten hat die 50-Jährige keine neuen Ideen, um die Probleme der Menschen im Land zu lösen, die vor allem auf die Ablehnung von Ausländern und Muslimen setzt. 67 Prozent sagen, Le Pen sei nicht ehrlich und vertrauenswürdig.
Eine andere Umfrage zur Europawahl sieht die französischen Rechtsextremen derzeit mit rund 22 Prozent deutlich hinter Macrons Partei La République en Marche (LREM) mit 25 Prozent, allerdings als stärkste Oppositionskraft.
Im Vergleich zum Vorjahr verbesserte sich Le Pens Image wieder. Zwar hatte sie bei der Präsidentschaftswahl mit 10,6 Millionen Stimmen einen historischen Erfolg für ihre Partei erreicht. Doch nach ihrem desaströsen Auftritt beim damaligen TVDuell gegen Macron, bei dem sie statt Argumenten lediglich platte Slogans wiederholte, wandten sich viele von ihr ab.
Im Bemühen um einen Neuanfang benannte Le Pen den Front National in Rassemblement National (RN) um und distanzierte sich so vom belastenden Erbe ihres Vaters, des offen rassistischen und antisemitischen Parteigründers Jean-Marie Le Pen. Zumindest bei ihren Anhängern sind inzwischen die Zweifel an ihrer Führungsstärke ausgeräumt: 94 Prozent wollen Marine Le Pen bei der nächsten Wahl als Präsidentschaftskandidatin sehen.
Von der Protestbewegung der „Gelbwesten“profitiert sie nur begrenzt, obwohl sie sich zu deren Sprachrohr machen wollte. „Gelb ist die Farbe des Volkes“, verkündete Le Pen beim Start ihres EuropaWahlkampfs
Gemeinsame Sache mit Italiens Rechtspopulisten
im Januar. Sollten Vertreter der „Gelbwesten“allerdings wie geplant mit einer eigenen Liste antreten, könnte das den RN Stimmen kosten. Meinungsforscher Brice Teinturier sieht bei den Franzosen als zunehmende Trends „die Enthaltung, die Abscheu vor den Politikern, die Skepsis gegenüber ihrer Fähigkeit, die Dinge zu ändern“. Davon sei Le Pen nicht ausgenommen.
Sie fordert inzwischen nicht mehr den Ausstieg Frankreichs aus EU und Euro, weil die Bevölkerung beidem skeptisch gegenübersteht. Stattdessen tritt sie für ein „Europa der Nationen“gegenüber den Vorkämpfern einer föderalen, zusammenwachsenden Union ein. Le Pen verfolgt das Ziel, eine möglichst starke Fraktion der Europaskeptiker im EU-Parlament aufzubauen und setzt vor allem auf die Zusammenarbeit mit dem italienischen Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini. Ende März haben sie angekündigt, bei einem gemeinsamen Treffen in Mailand die „Konturen“für eine „Allianz von Souveränisten“festzulegen.