Im Namen von Maria
2016 wurde eine Freiburger Studentin von einem Flüchtling ermordet. Statt in Wut und Trauer zu verharren, setzten ihre Eltern ein beeindruckendes Zeichen gegen Hass
Berlin Es ist eine bewegende Stunde im hektischen Berlin, ein Zeichen der Besinnung, ein Mahnmal für Zivilcourage und Mut. Friederike und Clemens Ladenburger sind in die Hauptstadt gekommen, um den „Bürgerpreis der Zeitungen“entgegenzunehmen. Gewürdigt werden sie für ihr Verhalten in einem Fall, der bundesweit Aufsehen erregt und erbitterte Debatten ausgelöst hat: die Ermordung ihrer Tochter Maria, damals 19, durch einen afghanischen Flüchtling im Herbst 2016. Statt in Wut und Hass zu verharren, gründeten die Eltern die „MariaLadenburger-Stiftung“für Studierende an der Universität Freiburg.
Der vom Bundesverband deutscher Zeitungsverleger ins Leben gerufene Preis wird in der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz vergeben. Das eher nüchterne Gebäude liegt nahe des HolocaustMahnmals, durchs Fenster haben die Gäste – Verleger, Offizielle, aber auch Freunde und Angehörige der Familie – einen Blick aufs Reichstagsgebäude, auf dem hektisch und wie zur Untermalung der tobenden Brexit-Debatte die deutsche und die europäische Flagge im Sturm knattern. Draußen laut, drinnen still, so lautet die Botschaft dieser Szenerie, die auch von der Laudatorin Elke Büdenbender aufgegriffen wird.
„Es sind laute Zeiten, in denen wir gerade leben“, mahnt Büdenbender, die ohne Pathos, aber mit viel Herzenswärme manchen im Saal zu Tränen rührt. „Populisten übertönen allzu oft die leiseren Stimmen der Besonnenen“, stellt die Frau des Bundespräsidenten fest. Büdenbender hat als Richterin viel erlebt, sie hat an der Seite von Frank-Walter Steinmeier viel von den Zuständen auf dieser Welt gesehen, und sie weiß um die Sprengkraft, die die Ermordung einer Deutschen durch einen ausländischen Asylbewerber entfalten kann.
Es sei viel über den Fall geredet worden, die Meinungsfreiheit in Deutschland sei ein sehr, sehr hohes Gut, wagt sich Büdenbender auf schwieriges Terrain vor in diesen Zeiten, in denen jeder nicht nur eine Meinung hat, sondern sie auch überall und ständig kundtun darf. Wie auch im Fall Maria Ladenburger, in dem die Familie und ihre Angehörigen, Freunde und Zeitungsredaktionen mit fremdenfeindlichem Hass überschüttet wurden.
Heftige Reaktionen, die mit dazu beitrugen, dass sich das in Brüssel lebende Ehepaar öffentlich bislang nur in einem einzigen Interview äußerte. „Wir haben uns entschieden, uns nicht in die wichtige öffentliche Diskussion einzuschalten. Dabei wollen wir auch künftig bleiben“, sagt Clemens Ladenburger, der gleichzeitig eine mit Bedacht geführte Debatte anmahnt. Es dürfe nicht sein, „dass in unserer Gesellschaft Taten des Hasses, Taten der kaltblütigen Verachtung, wiederum mit Hass und mit Hetze gegenüber anderen beantwortet werden.“
Im Leben, im Licht, gebe es zum Glück andere Stimmen als den Hass, würdigt Büdenbender, die in ihrer Rede das Leben einer Familie nachzeichnet, der Möglichkeiten und Talente geschenkt worden seien, die sich aber nie darauf ausgeruht habe. Auch Maria Ladenburger habe diesen Geist in sich getragen, sie habe das Leben geliebt, sich engagiert und ihre besondere Fähigkeit gelebt, sich anderen Menschen zuzuwenden „und sie zu ermuntern, den Blick auf das Schöne im Leben zu richten“. Maria sei „ein Sonnenschein“für ihre Familie und Freunde gewesen, bis „das Dunkel in das Leben der Familie Ladenburger“eingetreten sei, sagt Büdenbender. Ein Dunkel, dem die Familie mit ihrer Stiftung trotze. „Weil sie Marias Licht in ihrer Stiftung weiterleuchten lassen. Weil sie den lauten Zeiten leise Töne entgegensetzen.“
Die „Maria-Ladenburger-Stiftung“ist inzwischen auf rund eine halbe Million Euro gewachsen. 100000 Euro steuerte das Ehepaar Ladenburger bei. Von mehr als 900 Unterstützern kamen weitere 400000 Euro. Gefördert werden Studenten, die wegen einer Krankheit, einer Behinderung oder einem Schicksalsschlag in einer schwierigen Lebenssituation stecken.
Das Geld steht ausdrücklich auch für Flüchtlinge bereit.