Trautmann – was der Film nicht zeigt
Heute läuft in den Kinos ein Film über den Fußball-Torhüter Bernhard „Bert“Trautmann an. Er erzählt das Leben jenes Wehrmachtssoldaten, der als Gefangener nach England kommt und dort vom Feind zur Fußball-Legende wird, zum ersten Ausländer, den die Engländer zum „Fußballer des Jahres“wählen. Es ist vor allem eine Geschichte der Aussöhnung zwischen Engländern und Deutschen für die Trautmann auf seine Art mehr getan hat als die meisten anderen.
Was nicht im Film auftaucht, ist eine Szene, die 1996 im Stadion des FC Macclesfield in der Grafschaft Chesire im Nordwesten Englands spielt. Sie lässt ahnen, warum England diesen Kerl derart verehrt hat, dass 60000 Zuschauer zu seinem Abschiedsspiel kamen. Und sie zeigt, dass die wirklich Großen auch im Kleinen groß sind.
Es war der 9. Juni, der Tag nach dem EM-Auftakt in England. Die deutsche Mannschaft, die später durch Bierhoffs Golden Goal den Titel gewann, hatte sich für ihr Training beim
FC Maccelesfield einquartiert. Als einer der wenigen Zuschauer, abseits von Kameras und Journalisten, saß Trautmann unterm Tribünendach. Zwei Schreiberlinge entdeckten ihn. Trautmann erzählte. Vom Pokalfinale 1956 zwischen Manchester City und Birmingham City. Manchester führt 3:1, als sein Torhüter mit einem Stürmer heftig zusammenprallt. Trautmann spielt weiter. Dass sein Leben am seidenen Faden hing, erfährt er erst später. Er hatte sich den zweiten Halswirbel gebrochen. Trautmann erzählt auch, wie er nach Kriegsende Bomben aufgeräumt hat, und später sein sechsjähriger Sohn bei einem Autounfall starb. Als das Interview zu Ende geht, setzt sich ein Kollege dazu und hält Trautmann ein Mikro unter die Nase. „Noch eine Frage, Herr Trautmann“, fragt der Mikrofonhalter, was er nie hätte fragen dürfen, „auf welcher Position haben sie gespielt?“. Genauso gut hätte er Mick Jagger fragen können, welches Instrument er in seiner Band spielt. Und Trautmann? Hat freundlich und ironiefrei geantwortet: „Ich war Torhüter.“Ein Großer, auf jeder Position.