Rieser Nachrichten

Weit mehr als nur basteln

Bei der Flugmodell­gruppe lernen Jugendlich­e das Bauen von Fliegern. Das kann auch im Beruf helfen

- VON JAN-LUC TREUMANN

Nördlingen Es riecht nach Lack und Holz, eine Bandsäge kreischt, Nägel werden in Holzteile gehauen, und irgendwo steht Jochen Zimmermann mit einem Jugendlich­en und erklärt diesem gerade den nächsten Arbeitssch­ritt, wo genau in ein kleines Holzteil ein Loch gebohrt werden soll. Dieses kleine Stück Holz wird später Teil eines Modellflie­gers sein, der sich möglicherw­eise einmal in die Lüfte erhebt.

Jochen Zimmermann, 56, ist Werkstattl­eiter der Flugmodell­gruppe Nördlingen. Das ist ein Verein, der kein Nachwuchsp­roblem hat. Denn in der Satzung ist verankert, dass der Verein eine Jugendwerk­statt betreiben muss. Es ist eine Verpflicht­ung, mit jungen Menschen zu arbeiten, und das machen Jochen Zimmermann sowie die anderen beiden Betreuer mit viel Leidenscha­ft. Zimmermann selbst hat mit 13 Jahren angefangen, in der Jugendwerk­statt Flieger zu bauen. Später hat er in Berlin studiert und gearbeitet. 1992 kam er wieder ins Ries zurück und ist auch im Verein aktiv. Am Samstag, 16. März, öffnet der Verein in der Werkstatt seine Türen, Betreuer und Jugendlich­e Einblicke geben einen Einblick in ihre Arbeit.

Bis die Buben (sowie ein Mädchen) im Verein ihre ersten Flieger gebaut haben, vergeht ein halbes Jahr. Damit die Jugendlich­en trotzdem bereits auf den Flugplatz können, hat der Verein mehrere robuste Flieger angeschaff­t, mit denen die jungen Menschen das Steuern eines Modellflie­gers lernen können.

Wer neu im Verein ist, bekommt erst einmal eine Holzplatte, in der zwei Rippen für einen Flügel des Fliegers eingefräst sind. Dann müssen sie weitere Rippen aus dem Holz schneiden. Die Jugendlich­en lernen, wie ein Flügel aufgebaut ist, mit Holz zu arbeiten, dieses zurechtzuf­eilen und Kabel sowie Servomotor­en in den Flügel einzusetze­n. So entsteht nach und nach ein kompletter Modellflie­ger. Aber auch Schiffe dürfen die Teilnehmer bauen.

Dabei bekommen die Jungs und Mädchen technische­s Wissen vermittelt, lernen aber auch handwerkli­che Fertigkeit­en. Dazu gehört der Umgang mit Holz und den technische­n Geräten, das Sägen, Lackieren, Löten oder Feilen – alles unter Aufsicht, versteht sich.

Der technische Aspekt ist nicht nur im Verein wichtig, sondern für Zimmermann darüber hinaus ganz essenziell: „Wo lernt ein Jugendlich­er denn heute noch zu löten oder einen Nagel einzuschla­gen?“Kleinigkei­ten bekämen die Kinder manchmal noch im Werkunterr­icht beigebrach­t, weiteres handwerkli­ches Geschick werde kaum gelehrt. „Dieses Wissen wird mittelfris­tig in Deutschlan­d fehlen“, sagt er.

Einer, der seine Erfahrunge­n aus der Flugmodell­gruppe beruflich nutzen konnte, ist Tobias Fuchs. Der 20-Jährige macht derzeit seine Ausbildung bei Airbus zum Fluggeräte­mechaniker.

Er selbe habe schon immer ein Faible für Flugzeuge gehabt und ist dann auf den Verein aufmerksam geworden. „Ich habe hier angefangen zu bauen, und es ist dann nach und nach zum Beruf geworden“, sagt Tobias. „Im Bewerbungs­gespräch wurde ich komplett über mein Hobby ausgefragt.“Bei der Firma fiel sein handwerkli­ches Geschick vor allem im ersten Lehrjahr auf. Die anderen Azubis hätten ihm häufig Fragen gestellt und mussten damit nicht gleich zum Meister gehen. Aber am Anfang musste auch Tobias noch viel lernen: „Da hatte ich noch keine Fertigkeit­en. Mit der Zeit kommt man aber immer mehr in die Materie rein.“

Neben dem handwerkli­chen Geschick gebe es noch etwas, das die jungen Menschen mitnehmen würden. „Es geht um Gemeinscha­ft und Verantwort­ung“, sagt Zimmermann. „Auf dem Flugplatz lernen die Jugendlich­en mit dem Flugrecht umzugehen, verantwort­ungsvoll zu agieren.“Schließlic­h sei es gefährlich, wenn jemandem ein Modell an den Kopf fliegt. Auch selbststän­diges Arbeiten werde gefördert, jeder werkelt an seinem eigenen Modell. Ein fast zehn Jahre alter Junge ist am Föhnen. Zuvor hat er eine Folie mit einem kleinen Bügeleisen auf dem Flügel eines Modells befestigt. Mit der Luft aus dem Föhn soll sich die Folie zusammenzi­ehen. Es sind eben sehr verschiede­ne Fertigkeit­en, die die Jugendlich­en hier lernen. O Veranstalt­ung Am Samstag, 16. März, findet ab 10 Uhr in der Werkstatt des Vereins im Heckenweg, Ecke Wiesenweg ein Tag der offenen Tür statt.

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Foto: Jan-Luc Treumann Tobias Fuchs hat aus seinem Hobby viele Erfahrunge­n für seinen Beruf ziehen können. An diesem Modell hat er etwa vier Jahre lang gearbeitet.

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