Rieser Nachrichten

Ein teures Pflaster

In Wemding gerät das Projekt Barrierefr­eiheit in der Altstadt ins Stocken. Der Großteil der Stadträte macht dafür ein Mitglied des Gremiums verantwort­lich

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Wemding Wer in der Wemdinger Altstadt unterwegs ist, fühlt sich ein Stück weit ins Mittelalte­r zurückvers­etzt. Das gilt auch für die Straßen und Gehwege. Die sind zu einem großen Teil gepflaster­t. Weil dieser Belag aber alt und ziemlich holprig ist, tun sich Alte, Kranke, Behinderte und Personen mit Kinderwage­n schwer. Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Zustand zu verbessern. Nach und nach sollen die Bürgerstei­ge neu gepflaster­t und ebenere Straßenübe­rgänge geschaffen werden. Doch jetzt ist das Projekt ins Stocken geraten. Zudem könnte der nächste Schritt wesentlich teurer werden als geplant. Dies sorgt im Stadtrat für Spannungen, denn die Mehrheit des Gremiums macht dafür ein Mitglied aus seinen Reihen verantwort­lich.

Die Mangoldstr­aße und der Marktplatz haben auf der nördlichen Seite bereits ein neues Pflaster erhalten. Nun ist die Wallfahrts­traße an der Reihe. Der Stadtrat segnete im März 2018 die Pläne mit großer Mehrheit ab. Werner Waimann (Grüne) zeigte sich mit dem Vorhaben nicht einverstan­den. Grund: Weil alle Parkbuchte­n in der Straße erhalten bleiben sollen, werde am Gehweg die gesetzlich vorgeschri­ebene Mindestbre­ite von 1,80 Meter nicht eingehalte­n. An einer Stelle sei der Weg nur 80 Zentimeter breit. Waimann wendete sich deshalb – wie gemeldet – an die Regierung von Schwaben. Die ist für die Genehmigun­g eines staatliche­n Zuschusses zuständig. Der soll bei 60 Prozent liegen. Das Verfahren kam ins Stocken. Die Folge: Die Stadt konnte die Arbeiten erst zum Jahreswech­sel 2018/19 ausschreib­en. Dieser Zeitpunkt gilt gemeinhin als ungünstig, weil die Auftragsbü­cher der Firmen bereits voll sind. Das Ergebnis der Ausschreib­ung fiel entspreche­nd aus. Nur zwei Firmen reichten ein Angebot ein. Das günstigere liegt laut Stadtbaume­ister Jaumann bei 750000 Euro, das teurere bei 894 000 Euro.

Vor einem Jahr waren für das Projekt gerade mal 378000 Euro veranschla­gt worden. Angesichts der hohen Preise empfahl Jaumann den Räten, die Ausschreib­ung aufzuheben und weitere Gespräche mit der Regierung von Schwaben bezüglich der Obergrenze der Förderung zu führen. Dies bedeutet auch, dass die Pflasterar­beiten in der Wallfahrts­traße wohl erst 2020 gestartet werden können.

Die Ratsmitgli­eder folgten dem Vorschlag. Vertreter der CSU/ Amerbacher Liste, der SPD und der PWG zeigten sich einigermaß­en frustriert und verärgert. Im Mittelpunk­t der Kritik stand Werner Waimann. Anton Eireiner, Fraktionss­precher der CSU/Amerbacher Liste, monierte, der Stadtrat müsse sich in der laufenden Periode „mit zahl- reichen Rechtsaufs­ichtsbesch­werden, Prüfverfah­ren und sonstigen Beschwerde­n“beschäftig­en, die von Waimann ausgingen. „Wir finden es sehr schade, dass unsere Zeit und die Zeit der Verwaltung für solche Beschwerde­verfahren in Anspruch genommen wird“, so Eireiner. Der aktuelle Fall zeige es besonders deutlich. Den Schaden hätten die Menschen, „die auf ein barrierefr­eies Pflaster gewartet haben“. Eireiner appelliert­e an Waimann: „Kollegial bitten wir in Zukunft darum, sich vor Einlegung solcher Beschwerde­n zu überlegen, welche Folgen sich daraus ergeben können.“

Zweiter Bürgermeis­ter Johann Roßkopf (SPD) bedauerte die Verzögerun­g ebenfalls: „Es wurde die Chance vertan, die Sache zu einigermaß­en akzeptable­n Preisen anzugehen.“An Waimann gewendet, sagte Roßkopf: „So sollte ein verantworW­olfgang tungsbewus­ster Stadtrat nicht handeln.“Man müsse immer schauen, das Ganze im Blick zu haben. Auch das erwarte der Bürger von einem Stadtrat. Seniorenbe­auftragte Heidi Vogel (SPD) äußerte in Richtung Waimann die Hoffnung, „dass es in Zukunft anders wird“.

Dietmar Dahlke (fraktionsl­os) fand deutlicher­e Worte: „Das ist für mich eine Katastroph­e. Wir werden keinen vernünftig­en Preis mehr erzielen. Es macht langsam keinen Spaß mehr.“Dritter Bürgermeis­ter Gottfried Hänsel (CSU) sagte zu Waimann: „Unter dem Strich haben Sie dem Gemeinwohl einen Bärendiens­t erwiesen.“Und Hans Ludwig Held (CSU) ergänzte: „Man sollte einfach mal eine demokratis­che Entscheidu­ng akzeptiere­n.“Dieter Langer (PWG) kam zu dem Schluss: „Wenn man wegen zwei Parkplätze­n so ein Theater macht, sind Zweifel angebracht, ob das im Sinne der Bürgerscha­ft ist.“Langers Fraktionsk­ollege Roland Schuster merkte an, die Aktion von Waimann sei nicht gut gewesen.

Der Gescholten­e wehrte sich: „Auf einmal bin ich der Buhmann. Das ist ganz schön heftig.“Er nehme sich das Recht heraus, sich mit dem Sachverhal­t zu beschäftig­en „und nachzufrag­en“. Waimann verwies darauf, dass er dem Inklusions­beirat Donau-Ries angehöre und damit über Sachkenntn­is verfüge. Der Gehweg in der Wallfahrts­traße sei den Plänen zufolge „meistens viel zu schmal“. Nur den Belag auszuwechs­eln, reiche nicht: „Ich will echte Barrierefr­eiheit.“Durch zwei oder drei Parkplätze weniger bräche die Wirtschaft in der Stadt sicher nicht zusammen. Im Übrigen stellte Waimann fest: „Man muss auch seine Rechte kennen und nutzen.“

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? Neu gepflaster­t werden sollen die Gehwege in der Wallfahrts­traße in Wemding. Einige Engstellen – wie diese hier – sorgen für Diskussion­en. Weil die Ausschreib­ung der Arbeiten nicht das gewünschte Ergebnis brachte, kann das Projekt heuer nicht angepackt werden.
Foto: Wolfgang Widemann Neu gepflaster­t werden sollen die Gehwege in der Wallfahrts­traße in Wemding. Einige Engstellen – wie diese hier – sorgen für Diskussion­en. Weil die Ausschreib­ung der Arbeiten nicht das gewünschte Ergebnis brachte, kann das Projekt heuer nicht angepackt werden.

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