Ein teures Pflaster
In Wemding gerät das Projekt Barrierefreiheit in der Altstadt ins Stocken. Der Großteil der Stadträte macht dafür ein Mitglied des Gremiums verantwortlich
Wemding Wer in der Wemdinger Altstadt unterwegs ist, fühlt sich ein Stück weit ins Mittelalter zurückversetzt. Das gilt auch für die Straßen und Gehwege. Die sind zu einem großen Teil gepflastert. Weil dieser Belag aber alt und ziemlich holprig ist, tun sich Alte, Kranke, Behinderte und Personen mit Kinderwagen schwer. Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Zustand zu verbessern. Nach und nach sollen die Bürgersteige neu gepflastert und ebenere Straßenübergänge geschaffen werden. Doch jetzt ist das Projekt ins Stocken geraten. Zudem könnte der nächste Schritt wesentlich teurer werden als geplant. Dies sorgt im Stadtrat für Spannungen, denn die Mehrheit des Gremiums macht dafür ein Mitglied aus seinen Reihen verantwortlich.
Die Mangoldstraße und der Marktplatz haben auf der nördlichen Seite bereits ein neues Pflaster erhalten. Nun ist die Wallfahrtstraße an der Reihe. Der Stadtrat segnete im März 2018 die Pläne mit großer Mehrheit ab. Werner Waimann (Grüne) zeigte sich mit dem Vorhaben nicht einverstanden. Grund: Weil alle Parkbuchten in der Straße erhalten bleiben sollen, werde am Gehweg die gesetzlich vorgeschriebene Mindestbreite von 1,80 Meter nicht eingehalten. An einer Stelle sei der Weg nur 80 Zentimeter breit. Waimann wendete sich deshalb – wie gemeldet – an die Regierung von Schwaben. Die ist für die Genehmigung eines staatlichen Zuschusses zuständig. Der soll bei 60 Prozent liegen. Das Verfahren kam ins Stocken. Die Folge: Die Stadt konnte die Arbeiten erst zum Jahreswechsel 2018/19 ausschreiben. Dieser Zeitpunkt gilt gemeinhin als ungünstig, weil die Auftragsbücher der Firmen bereits voll sind. Das Ergebnis der Ausschreibung fiel entsprechend aus. Nur zwei Firmen reichten ein Angebot ein. Das günstigere liegt laut Stadtbaumeister Jaumann bei 750000 Euro, das teurere bei 894 000 Euro.
Vor einem Jahr waren für das Projekt gerade mal 378000 Euro veranschlagt worden. Angesichts der hohen Preise empfahl Jaumann den Räten, die Ausschreibung aufzuheben und weitere Gespräche mit der Regierung von Schwaben bezüglich der Obergrenze der Förderung zu führen. Dies bedeutet auch, dass die Pflasterarbeiten in der Wallfahrtstraße wohl erst 2020 gestartet werden können.
Die Ratsmitglieder folgten dem Vorschlag. Vertreter der CSU/ Amerbacher Liste, der SPD und der PWG zeigten sich einigermaßen frustriert und verärgert. Im Mittelpunkt der Kritik stand Werner Waimann. Anton Eireiner, Fraktionssprecher der CSU/Amerbacher Liste, monierte, der Stadtrat müsse sich in der laufenden Periode „mit zahl- reichen Rechtsaufsichtsbeschwerden, Prüfverfahren und sonstigen Beschwerden“beschäftigen, die von Waimann ausgingen. „Wir finden es sehr schade, dass unsere Zeit und die Zeit der Verwaltung für solche Beschwerdeverfahren in Anspruch genommen wird“, so Eireiner. Der aktuelle Fall zeige es besonders deutlich. Den Schaden hätten die Menschen, „die auf ein barrierefreies Pflaster gewartet haben“. Eireiner appellierte an Waimann: „Kollegial bitten wir in Zukunft darum, sich vor Einlegung solcher Beschwerden zu überlegen, welche Folgen sich daraus ergeben können.“
Zweiter Bürgermeister Johann Roßkopf (SPD) bedauerte die Verzögerung ebenfalls: „Es wurde die Chance vertan, die Sache zu einigermaßen akzeptablen Preisen anzugehen.“An Waimann gewendet, sagte Roßkopf: „So sollte ein verantworWolfgang tungsbewusster Stadtrat nicht handeln.“Man müsse immer schauen, das Ganze im Blick zu haben. Auch das erwarte der Bürger von einem Stadtrat. Seniorenbeauftragte Heidi Vogel (SPD) äußerte in Richtung Waimann die Hoffnung, „dass es in Zukunft anders wird“.
Dietmar Dahlke (fraktionslos) fand deutlichere Worte: „Das ist für mich eine Katastrophe. Wir werden keinen vernünftigen Preis mehr erzielen. Es macht langsam keinen Spaß mehr.“Dritter Bürgermeister Gottfried Hänsel (CSU) sagte zu Waimann: „Unter dem Strich haben Sie dem Gemeinwohl einen Bärendienst erwiesen.“Und Hans Ludwig Held (CSU) ergänzte: „Man sollte einfach mal eine demokratische Entscheidung akzeptieren.“Dieter Langer (PWG) kam zu dem Schluss: „Wenn man wegen zwei Parkplätzen so ein Theater macht, sind Zweifel angebracht, ob das im Sinne der Bürgerschaft ist.“Langers Fraktionskollege Roland Schuster merkte an, die Aktion von Waimann sei nicht gut gewesen.
Der Gescholtene wehrte sich: „Auf einmal bin ich der Buhmann. Das ist ganz schön heftig.“Er nehme sich das Recht heraus, sich mit dem Sachverhalt zu beschäftigen „und nachzufragen“. Waimann verwies darauf, dass er dem Inklusionsbeirat Donau-Ries angehöre und damit über Sachkenntnis verfüge. Der Gehweg in der Wallfahrtstraße sei den Plänen zufolge „meistens viel zu schmal“. Nur den Belag auszuwechseln, reiche nicht: „Ich will echte Barrierefreiheit.“Durch zwei oder drei Parkplätze weniger bräche die Wirtschaft in der Stadt sicher nicht zusammen. Im Übrigen stellte Waimann fest: „Man muss auch seine Rechte kennen und nutzen.“