Aus einem Intermezzo wurden 36 Jahre
Porträt Klaus Karrer hat am Oettinger Albrecht-Ernst-Gymnasium viel bewegt
Oettingen Klaus Karrer, 1953 in Weißenburg geboren, hatte in Erlangen, Konstanz und Rom Alt-Philologie studiert, um Lehrer für Latein, Griechisch und Deutsch zu werden. Eigentlich hätte ihn eine Stelle möglichst nahe bei Regensburg interessiert, wo seine Frau Diemuth, die er im Studium kennengelernt hatte, gerade Referendarin war. Aber in dieser Region war nichts frei, und so kamen beide 1982 nach Oettingen – für ein paar Jahre, so war der Plan. Doch von Anfang an merkte er, dass am AlbrechtErnst-Gymnasium (AEG) eine Atmosphäre herrschte, wie er sie aus dem Schulbetrieb bislang nicht kannte: Die Schüler hatten keinerlei Berührungsängste mit den Lehrern, scheuten das Lehrerzimmer nicht wie zu seiner Schulzeit, und auch im Kollegium spürte er vom ersten Tag an, wie man sich gegenseitig zum Mitgestalten der Schulabläufe inspirierte und unterstützte.
Gut 400 Schüler und 20 Lehrer waren es damals, heute sind es doppelt so viele Schüler und etwa 50 Lehrer. Von Anfang an wurde besonders viel Wert gelegt auf Schüler, die von außerhalb kamen, sei es von einem immer größeren Einzugsgebiet bis hin zu Hesselberg oder Hahnenkamm oder aus dem Ausland. „Vor allem der Neulinge in der fünften Klasse nahm man sich intensiv an, das wurde von den Eltern honoriert“, sagt Klaus Karrer, dessen Frau als Beamtin zur Anstellung erst in der Nördlinger Liselotte-NoldSchule Deutsch lehrte, dann auch am AEG Deutsch und Latein. Beide spürten, wie sich die konstruktive Atmosphäre an der Schule immer stärker verdichtete; in den letzten zehn Jahren erwuchsen daraus systematische Innovationen wie Lernlandschaften oder Offenheit der Klassenzimmer. Klaus Karrer nutzte die Flexibilität, nahm anders als beim „Frontalunterricht“immer neue Positionen im Klassenzimmer ein, nach Möglichkeit dort, wo am meisten individuelle Unterstützung vonnöten war. Die baute er aus, um beispielsweise bei Freiarbeiten auf Probleme einzugehen oder auch einmal in Freistunden oder Mittagspausen spontan Nachhilfe zu geben – neben Intensivierungsstunden, die Schüler von vorneherein zusätzlich zum Unterricht belegen konnten. Die Lehrer selbst vertieften ihre Teamarbeit beispielsweise in der Jahrgangskoordination, wo sie die unterschiedlichen Fächer durch gleiche Themen verknüpften oder sich auch gegenseitig korrigierte Schulaufgaben zeigten, um ihre Perspektiven auszutauschen. „Alles lief darauf hinaus, sich mehr um den einzelnen Schüler zu bemühen“, resümiert Klaus Karrer. „Fähigkeiten wie freies Sprechen, Umgang mit Medien oder Teamarbeit wurden spürbar verbessert.“Eine völlig neue Dimension der Teamarbeit war die Teilnahme bei einem europäischen „Comenius-Projekt“, wo Karrer eine Filmproduktion von AEG und Schulen in der Türkei, Apulien, Sizilien und Spanien zum Thema Europa koordinierte. Die Teilnehmer besuchten sich dabei gegenseitig, so wurde auch auf dem Roßfeld in antiken Gewändern gedreht. Die einzelnen Filmbeiträge verschmolzen zu einem abendfüllenden Film, der schließlich auf Europa-Ebene einen Preis gewann. Auch seine sonstige Arbeit mit Schülern an Theaterprojekten zu mythologischen antiken Themen wurde beim Bundeswettbewerb Fremdsprachen ausgezeichnet.
Das G8 unterbrach die allgemeine konstruktive Entwicklung: „Der Stress stieg, die Qualität sank“, fasst es Karrer zusammen. In den Jahren danach versuchte man, das Schlimmste „auszubeulen“, doch es müsse sich noch zeigen, wie weit das gelinge. Dennoch hatte er bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand ein sehr gutes Gefühl: „Man konnte Schule mitgestalten und hatte immer mehr Möglichkeiten, sich einzubringen – immer mit dem Rückhalt der Schulleitung und der Kollegen, sonst hätte es nicht funktioniert.“Und so blieben er und seine Frau dann doch ihr gesamtes Berufsleben lang in Oettingen.