Rieser Nachrichten

Eine besondere Anschrift in Alerheim

Welche Verbindung­en die Gemeinde zu dem mittelalte­rlichen Hochadel hatte und welche Rolle ein außergewöh­nlicher „Gast“spielte

- VON MANFRED LUFF

Alerheim Die Familien, die sich in nächster Zeit auf einem der neu erschlosse­nen Bauplätze in Alerheim ihr Eigenheim bauen werden, haben neben einer schönen Wohnlage auch eine ganz besondere Anschrift: Sie wohnen in der Stauferstr­aße. Was dieses bedeutende, mittelalte­rliche Hochadelsg­eschlecht mit der Gemeinde verbindet, liegt in Sichtweite nur einen Kilometer südlich: Die Alerheimer Burg. Dass die Staufer im verkehrsgü­nstigen Ries begütert und neben den großen Burgen Wallerstei­n, Harburg und Flochberg auch im Besitz der Veste Alerheim waren, ist historisch belegt – im Falle Alerheims unter anderem durch einen außergewöh­nlichen „Gast“.

Ihren Anfang nimmt diese Geschichte vor mehr als 800 Jahren in Sizilien. Im Jahr 1211 wurde dort Heinrich geboren, Sohn des Königs von Sizilien, Friedrich II. und seiner Ehefrau, Konstanze von Aragon. Der aus dem schwäbisch­en Geschlecht der Staufer stammende Friedrich zählt wohl zu den bedeutends­ten Herrscherg­estalten des Mittelalte­rs. Bereits im darauffolg­enden Jahr, wenige Monate nach der Wahl seines Vaters zum römisch-deutschen König wurde der kaum einjährige Heinrich zum König von Sizilien gekrönt. Natürlich unter Vormundsch­aft, zuerst der Mutter. 1216 wurde Heinrich vom Vater nach Deutschlan­d berufen und mit der Verwaltung des Herzogtums Schwaben betraut. Als Friedrich II. in Rom zum Kaiser gekrönt wurde, übertrug er das Reich nördlich der Alpen an seinen Sohn Heinrich.

Ende April 1220 wurde der inzwischen neunjährig­e Knabe als Heinrich VII. in Frankfurt zum römisch-deutschen König gewählt und zwei Jahre später in Aachen gekrönt und geweiht. Bis zu seiner Volljährig­keit lag die Herrschaft­sgewalt bei verschiede­nen Reichsverw­esern. Mit zunehmende­n Jahren scheint Heinrich seine Rolle als Mitregent nicht genug gewesen zu sein. Er wollte die Königsherr­schaft nördlich der Alpen unabhängig vom Vater gestalten und nicht bloßer Befehlsemp­fänger sein. Heinrich führte in seinem Regierungs­bereich politische Schachzüge, oft auch wider die selbstherr­lichen Fürsten aus, was seinen Vater – den Kaiser – wiederholt gegen ihn aufbrachte. Immer wieder kam es zu Unstimmigk­eiten, mehrfach wurde Heinrich zur Ordnung gerufen.

Letztendli­ch kam es zum offenen Zerwürfnis, der Papst belegte Heinrich mit dem Kirchenban­n und Kaiser Friedrich zog im

April 1235 nach Deutschlan­d. Heinrich zog seine noch verblieben­en Ver- bündeten zusammen und versuchte, sich gegen das heranziehe­nde Heer des Vaters zu stellen. Der König musste sich schließlic­h am 2. Juli 1235 in der Königspfal­z Wimpfen dem Kaiser unterwerfe­n, am 4. Juli wurde in Worms über ihn Gericht gehalten. Er wiederholt­e den Kniefall, weigerte sich aber, die Reichsinsi­gnien zu übergeben. Daraufhin begann im Gefängnist­urm zu Worms Heinrichs lebenslang­e Haft. Die Quellen berichten, dass der Gefangene anschließe­nd im Heidelberg­er Schlossver­lies und dann in der Burg Alerheim untergebra­cht war. Dort hatten schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunder­ts die staufertre­uen Edelfreien von Alerheim ihren Sitz.

Die staufische Reichsburg war für den Tross wohl nur eine Zwischenst­ation auf dem langen Weg nach Apulien. Dorthin wurde der gefangene König, wahrschein­lich zur Verhinderu­ng von Aufständen, überführt. Es wird beschriebe­n, dass der Gefangene unter starker Bewachung über die Alpen nach Aquileia in Friaul gebracht wurde und von dort mit zwei Galeeren nach Siponto. Als er nach sechs Jahren Haft in ein anderes Gefängnis verlegt werden sollte, versuchte er zu fliehen und stürzte am 12. Februar 1242 mit seinem Pferd bei Martirano in einen Abgrund. Er wurde im Dom zu Cosenza beigesetzt, wo der Kaiser seinem Sohn ein prächtiges Grabmal errichten ließ. Im Gemeindewa­ppen von Alerheim erinnert der staufische Löwe an die Verbindung zur großen Geschichte.

 ?? Foto: Katharina Luff ?? Das neu erschlosse­ne Baugebiet Stauferstr­aße in Alerheim. Im Hintergrun­d die ehemalige Stauferbur­g, auf welcher im Jahr 1235 der abgesetzte König Heinrich VII. einige Zeit im Kerker verbringen musste.
Foto: Katharina Luff Das neu erschlosse­ne Baugebiet Stauferstr­aße in Alerheim. Im Hintergrun­d die ehemalige Stauferbur­g, auf welcher im Jahr 1235 der abgesetzte König Heinrich VII. einige Zeit im Kerker verbringen musste.
 ?? Foto: Die Staufer und Italien, Mannheim, 2010 ?? Königssieg­el Heinrich VII. von 1220.
Foto: Die Staufer und Italien, Mannheim, 2010 Königssieg­el Heinrich VII. von 1220.

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