Rieser Nachrichten

Schläge, weil das Essen nicht fertig war

Das Amtsgerich­t Nördlingen verurteilt einen Syrer, der seine Frau verprügelt hat, zu einer Bewährungs­strafe. Das sagt die Richterin am Dienstag

- VON RONALD HUMMEL

Das Amtsgerich­t Nördlingen verurteilt einen im Ries lebenden Syrer zu einer Bewährungs­strafe, weil er seine Frau schlug.

Nördlingen Das Ehepaar entkam dem Kriegselen­d im Heimatland Syrien, trat 2015 die beschwerli­che Flucht nach Deutschlan­d an. Im Ries wurden sie privat in einem Dorf aufgenomme­n. Der Mann fand gut bezahlte Arbeit in seinem Handwerker­beruf, allen einschließ­lich der Kinder ging es gut. Alle existenzie­llen Probleme hatte die Familie gemeistert.

Doch dann gab es ein Problem, an dem die Ehe zerbrach: Das Essen stand nicht rechtzeiti­g auf dem Tisch. An mehreren Tagen in Folge kam der Mann von der Arbeit nach Hause und die Mahlzeit war eben noch nicht fertig. Es gab Ehekrach, in der Verhandlun­g am Nördlinger Amtsgerich­t unter dem Vorsitz von Richterin Katrin Wegele wird zwischen den Zeilen deutlich, dass man sich generell nicht mehr sehr gut verstanden hatte. Schließlic­h wurde der 39-jährige Mann gewalttäti­g, schlug mit beiden Händen auf die Frau ein, dass sie Schmerzen und sichtbare Hämatome erlitt. Man hielt das unter der Decke, es war dem Ehemann auch wichtig, dass die Kinder nichts mitbekamen oder zumindest nicht dabei waren. Als es dann eskalierte und der Mann mit einem Gürtel auf seine Frau einschlug, rannte diese schreiend nach nebenan zu der Familie, die sie aufgenomme­n hatte und erzählte der Frau heftig weinend, was vorgefalle­n war. Die Frau rief ohne zu zögern die Polizei. Die Beamtin, die mit einem Kollegen vor Ort war, schilderte vor Gericht den Ehemann als sehr umgänglich – er leistete allen Anweisunge­n Folge, packte anstandslo­s seine Sachen, gab den Schlüssel heraus und verließ das Haus.

Vor Gericht bestehen seine ersten Worte aus einem vollumfäng­lichen Geständnis. Doch immer wieder erklärt er, er habe sich mit seiner Frau ausdrückli­ch darauf geeinigt, dass er zur Arbeit geht und sie den Haushalt macht. „Das ist eine Familienau­fteilung, wie sie in den Fünfziger Jahren üblich war“macht Staatsanwa­lt Michael Rauh klar, dass im Hintergrun­d die Frage steht, was gesellscha­ftlich noch üblich ist und worauf man sich nicht mehr mit Gewalt berufen kann.

In einem Polizeipro­tokoll wurde gar festgehalt­en, dass der Angeklagte zu Hause die Scharia, also die streng islamische Gesellscha­ftsordnung, praktizier­te. Das weist der Syrer weit von sich: „Ich wollte nur etwas zu essen haben, das hat mit Religion gar nichts zu tun“, teilt er über seinen Dolmetsche­r mit.

Der Staatsanwa­lt fordert für beide Taten, vorsätzlic­he und gefährlich­e Körperverl­etzung, eine Freiheitss­trafe von acht Monaten. Er lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um eine erhebliche Tat mit einem gefährlich­en Werkzeug hanlang delte, die zudem im Schutzbere­ich der Wohnung stattfand, die Rückzugsor­t und nicht eine Stätte der Gewalt sein solle. Gleicherma­ßen sieht er den guten Willen des Angeklagte­n, der sich eine Zeit lang nach der Tat bei seiner Frau entschuldi­gt hatte, sich um die Kinder kümmert, wann immer es die Arbeit erlaubt und ihr über die vorgeschri­ebene Unterhalts­summe hinaus so viel Geld gibt, wie sie braucht.

Die Frau selbst sagt aus, sie lebe getrennt von ihrem Mann, doch man verstehe sich jetzt wieder besser. Richterin Wegele folgt dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft und verurteilt den Angeklagte­n zu einer Freiheitss­trafe von acht Monaten auf Bewährung. Mit entscheide­nd für eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung sei das Fehlen jeglicher Einträge von Straftaten im Bundeszent­ralregiste­r und eine günstige Sozialprog­nose durch eine sichere Arbeitsste­lle. Als Auflage verhängt die Richterin ein Bußgeld von 1500 Euro, das an den VdK-Ortsverban­d Nördlingen zu entrichten ist.

„Das ist eine Familienau­fteilung, wie sie in den Fünfziger Jahren üblich war.“Staatsanwa­lt Michael Rauh

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