Rieser Nachrichten

Von einem lebendigen Zentrum zur „Geistersta­dt“?

Warum Nördlinger Händler ab morgen ihre Schaufenst­er mit braunem Packpapier verhängen

- VON ANJA RINGEL

Nördlingen Schnell online Klamotten oder Medikament­e bestellen und bis zur Haustür geliefert bekommen: Immer mehr Menschen kaufen online statt im Ort. Um die Folgen dieses Trends aufzuzeige­n, beteiligen sich zahlreiche Händler aus Nördlingen an einer Aktion des Stadtmarke­tingverein­s: Ab dem morgigen Freitag bis zum Sonntag verhüllen sie ihre Schaufenst­er mit braunem Packpapier. Susanne Vierkorn, Geschäftss­tellenleit­erin des Vereins, sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass sich vom Metzger über den Apotheker bis zum Einzelhänd­ler die unterschie­dlichsten Branchen beteiligen.

Sie erklärt, dass die Händler dadurch zeigen wollen, dass sie vor Ort für ihre Kunden da sind und diese beraten. Es gehe jedoch nicht gut, wenn Kunden nach der Beratung im Geschäft die Waren dann online einkaufen. Die Nördlinger Unternehme­r seien sich jedoch bewusst, dass das nicht die Regel sei und sie einen großen und treuen Stammkunde­nkreis haben.

Die Auswirkung­en des OnlineHand­els seien aber auch in Nördlingen spürbar. Als Beispiel nennt der Stadtmarke­tingverein die Schließung der „Woll-Lust“von Gitti Loibl Anfang des Jahres Das Fachgeschä­ft hinterlass­e eine große Lücke in der Fußgängerz­one. Damit sei nicht die Verkaufsfl­äche gemeint – die Räume seien bereits neu vermietet – sondern die Sortiments­lücke und die Einzigarti­gkeit des Fachgeschä­fts.

Vierkorn sagt, man müsse rechtzeiti­g reagieren, um auf die Folgen des Online-Handels aufmerksam zu machen. Denn: „Wenn der Leerstand erst mal da ist und immer mehr wird, dann ist es zu spät“, erklärt die Geschäftss­tellenleit­erin, die auch für das Leerstands­management in Nördlingen zuständig ist. Dass Geschäfte vor Ort wichtig sind, sei zum Beispiel an den Apotheken sichtbar, erklärt sie. Man könne zwar seine Medikament­e online bestellen. „Aber was passiert, wenn man abends oder am Wochenende dringend Medikament­e benötigt und es keine Apotheken vor Ort gibt“, fragt Vierkorn.

In den vergangene­n Jahren sei die Aufenthalt­squalität in der Nördlinger Innenstadt außerdem durch verschiede­ne Baumaßnahm­en gesteigert worden – zum Beispiel durch das neue Pflaster am Schäffles- und am Kohlenmark­t. Nördlingen sei eine lebendige Einkaufsst­adt mit relativ wenig Leerstände­n und einem breiten Warenangeb­ot, schreibt der Stadtmarke­tingverein in seiner Mitteilung. Es sei ihr natürlich bewusst, dass die Kunden ihre Wurst nicht im Internet bestellen, so Vierkorn. Dennoch gebe es einen Dominoeffe­kt: Sind Kunden nicht in der Stadt unterwegs, um andere Dinge zu besorgen, gehen sie auch nicht zum Metzger.

Mit der Aktion wolle man zeigen, dass Online-Shopping die Existenz der Nördlinger Händler gefährde. Deshalb sei die Botschaft der verhängten Schaufenst­er: „Das passiert, wenn ihr uns im Stich lasst!“Man wolle zeigen, wie es wäre, wenn die sonst so lebendige Innenstadt zur „Geistersta­dt“wird.

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Foto: Susanne Vierkorn, Stadtmarke­tingverein Stefan Kirchner bereitet für seine Nördlinger Handelskol­legen das Papier für die Aktion vor.

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