Musikalisches Erlebnis der Extraklasse
Auftakt der Residenzkonzerte mit Julia Galic und dem Oettinger Kammerorchester. Die Professorin reißt die anderen Künstler mit
Oettingen Die Erwartungen für das erste Oettinger Residenzkonzert waren offenbar groß, denn auch dieses Jahr war das Auftaktkonzert völlig ausverkauft. Das heimische Kammerorchester übte wieder seine Anziehungskraft nicht nur auf die Oettinger selbst aus, sondern auch auf die Besucher der benachbarten Regionen. Darüber drückte Bürgermeisterin Petra Wagner ihre Freude aus, als sie die diesjährige Konzertsaison zu Beginn für eröffnet erklärte.
Sehr passend zur Charakteristik dieses Orchesters aus überwiegend einheimischen Streichern wählte Leiter Günter Simon Edward Elgars „Serenade für Streicher, e-Moll, op. 20“, bei dem die Orchesterstimmen zu klanglicher Ausgeglichenheit gelangten, eine Voraussetzung für die Darstellung einer elegischen Stimmung, wie sie der Komponist im ersten Satz durch eine einschmeichelnde Themamelodie vorgab, mit wenigen Kontrasten. Sehr elegisch und fast schon sehnsuchtsvoll wirkend schloss das Orchester mit dem zweiten Satz, den Elgar selbst als „Elegy“bezeichnete, an die ruhige empfindsame Stimmungslage an, die mit einem ruhigen Ausklingen endete.
Mit dem Aufzug der Bläsergruppe und den Pauken kündigte sich mit Max Bruchs berühmtem „Violinkonzert Nr. 1 g-Moll“der fällige Kontrast an. Diesem Konzert, an dem die bedeutenden Geigenvirtuosen gemessen werden, stellte sich Julia Galic, Professorin an der Münchner Hochschule für Theater und Musik. Sie widmet ihre künstlerischen Vorzüge seit Jahren dem Internationalen Violinfestival auf Schloss Oettingen, wo sie in ihrem Meisterkurs mit jungen Virtuosen erfolgreich arbeitet. Ihrem Auftritt im Residenzkonzert wurde vom Oettinger Publikum darum sehr erwartungsvoll entgegengesehen. Und tatsächlich geriet dieses mit spieltechnischen und klanglichen Raffinessen gespickte Virtuosenstück zu einem musikalischen Erlebnis der Spitzenklasse, einem der großartigen Ereignisse im Rahmen der Residenzkonzerte. Von Anfang an konnte der Zuhörer die persönliche Ausstrahlung und die musikalische Perfektion der Künstlerin genießen, wenn sie die zahlreichen Stimmungsumschwünge mit tiefer Ausdrucksfähigkeit und ergreifender Dynamik entwickelte. Dabei riss sie das Orchester mit ihrer Begeisterung zu ungeahnter Emotionalität hin und inspirierte in offenbarer Übereinstimmung mit dem Dirigenten Günter Simon die Musiker zu einem wahrhaften Gesamtkunstwerk, dem die Zuhörer mit begeistertem Beifall Bewunderung darbrachten.
Die volle Konzentration auf Max Bruchs kompositorisches Glanzstück erschwerte es der „D-DurSinfonie Nr. 86“von Joseph Haydn, ihre vorzüglichen kompositorischen Eigenschaften voll zur Geltung zu bringen. Vor allem die vielen eingestreuten rhythmisch pointierten streicherischen Farbtupfer blieben leider etwas farblos, während die Bläser das Ganze mit ihren melodischen Anteilen auffrischten. Sehr herausfordernd die Tempowechsel und die verzögerten Einsätze im Largo, erfrischend beschwingt aber auch das Menuett, etwas rustikal das Finale. Insgesamt aber eine feine Leistung des sehr konzentriert wirkenden Gesamtensembles, das vom Publikum durch lang anhaltenden Beifall eine großartige Würdigung erfuhr und dafür mit einem Satz aus J. Haydns „Sinfonie Nr. 13“dankte.