Eine gesunde Dosis Zweifel
Wer eine Wohngemeinschaft gründen will, muss einiges beachten. Der Jurist Thomas Weiand kennt als Geschäftsführer eines Mietervereins die Schwierigkeiten und gibt Tipps, wie Probleme vermieden werden können
Landkreis Gemeinsam kochen, Partys organisieren und stundenlang ratschen: Für viele Studenten ist das der ultimative WG-Traum. Doch eine Wohngemeinschaft zu gründen, ist gar nicht so einfach. Wie findet man die passende Wohnung? Wer bezahlt was, und was passiert, wenn es zwischen den WG-Partnern Komplikationen gibt? Wohnexperte und Jurist Thomas Weiand ist Geschäftsführer des Mietervereins Augsburg und erklärt, wie es funktionieren kann.
● Die Bewohner „Die WG steht und fällt mit den Personen, die ein gemeinsames Wohnverhältnis eingehen“, fasst Weiand zusammen: Selbst wenn gute Freunde zusammenziehen, kann es zum Streit kommen. K!ar.Texterin Lisa Kessner wohnt selbst in einer WG und rät zu klaren Regeln, zum Beispiel beim Putzen und bei der Miete. Bei der 21-Jährigen funktioniert das Miteinander dadurch gut. Sie kannte ihre Mitbewohnerinnen vor dem Einzug kaum, es gab nicht einmal ein WGCasting. „Ich hatte Glück“, sagt Lisa, mit ihren Mitbewohnerinnen kommt sie gut aus.
Weiand rät dazu, sich vorher kennenzulernen und zu testen, ob alle auf einer Wellenlänge sind. Außerdem sollte im Vorfeld klar sein, was die künftigen Mitbewohner erwarten: eine reine Mädchen- oder Jungs-WG, eine Zweck-WG – oder sind gemeinsame Unternehmungen wichtiger? Bei Lisa ist es eine Mischform aus Zweckgemeinschaft und Freundschaft. Die Augsburgerin studiert in Passau und ist an den Wochenenden oft in ihrer Heimat. Unter der Woche setzt sie sich aber gerne abends mit ihren Mitbewohnerinnen zusammen.
● Die Wohnung Es gebe viele verschiedene Portale, auf denen passende Wohnungen angeboten werden, berichtet Weiand. Beliebt sind zum Beispiel WG-gesucht und die Privatzimmervermittlungen der Studentenwerke. Egal ob WG oder Wohnheim – wichtig sind die Erwartungen an das Zusammenleben. Reichen zum Beispiel individuelle Zimmer oder soll die Wohnung einen gemeinsamen Aufenthaltsraum haben? Es ist sinnvoll, bei einer WG-Gründung zuvor gemeinsam zur Wohnungsbesichtigung zu gehen, damit am Ende jeder einverstanden ist. Wie bei anderen Immobilien ist auch hier die Lage wichtig: Als Lisa ein WG-Zimmer suchte, entschied sie sich für ein kleineres Zimmer, weil dafür die Wohnung günstig zur Uni lag und die Wohngegend schöner war als bei anderen Angeboten.
● Die Warmmiete Grundsätzlich werden die Mietkosten in einer WG auf die Wohnfläche verteilt. Bei den Verbrauchskosten, die auch in der Warmmiete enthalten sind, gestaltet sich das schwierig. Der Jurist des Augsburger Mietervereins kennt drei Lösungen für dieses Problem: Wenn in jedem Zimmer Verbrauchserfassungsgeräte für Heizung und Strom angebracht sind, kann man den Verbrauch für jeden Bewohner einzeln berechnen. „Einfacher und handelbarer ist es, auch die Verbrauchskosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche zu verteilen“, sagt Weiand. Oder jeder zahlt denselben Anteil.
● Die Nebenkosten Zusätzlich zur Warmmiete fallen noch Nebenkosten an: Strom, Wasser, Müllentsorgung, Hausmeisterdienste und Weiteres werden hier verrechnet. Der Jurist rät zur Vorsicht. „Bitte schaut im Mietvertrag genau hin, welche Kosten gedeckt sind. Bei zu niedrigen Nebenkosten drohen saftige Nachzahlungen.“Wer damit noch keine Erfahrungen hat, sollte sich in der Betriebskostenverordnung und im Mietvertrag informieren, welche Kosten entstehen können. Weiand legt als Richtwert drei Euro pro Quadratmeter fest. Im Notfall kann die letzte Abrechnung Auskunft darüber geben und ist ein guter Richtwert. Aber: Sobald mehr Menschen in einer Wohnung leben, steigen auch die Nebenkosten, da dann der Verbrauch größer ist.
● Das Mietverhältnis Entweder sind alle Bewohner Hauptmieter, oder einer übernimmt diesen Posten und stellt die restlichen Zimmer zur Untermiete. Für Zweck-WGs ist letztere Form eher ungeeignet. Lisa entschied sich deswegen für eine WG mit getrennten Mietverträgen. „Bei einem Auszug sind wir nicht voneinander abhängig“, erklärt sie. Weiand sieht auch für den Vermieter Vorteile: „Er hat dann mehrere Schuldner, die er zur Verantwortung ziehen kann und somit eine hohe Sicherheit.“
Daraus ergibt sich aber auch, dass alle Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden können. So muss beispielsweise dem Ein- und Auszug neuer Mitbewohner gemeinschaftlich zugestimmt werden, was zu großem Chaos führen kann. Schließlich wechseln in WGs häufig die Mitbewohner.
Was ist dann also für die Wohngemeinschaft die beste Lösung? Weiand rät zu einer sogenannten „Öffnungsklausel“, durch die der Vermieter vertraglich dem Wechsel der Bewohner zustimmt. Der Experte macht deutlich, dass sich mündliche Zusagen auch immer im Mietvertrag wiederfinden müssen. Das habe nichts mit Misstrauen zu tun: „Ein fairer Vertragspartner sollte kein Problem damit haben, Vereinbarungen schriftlich zu geben.“