Rieser Nachrichten

Impfpflich­t für Masern kommt schon im März

Schulen und Kitas verlangen dann einen Nachweis. Es drohen hohe Bußgelder

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Ab März soll in Deutschlan­d eine Impfpflich­t gegen Masern gelten. Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, drohen dann Bußgelder von bis zu 2500 Euro. Ein entspreche­ndes Gesetz hat das Kabinett jetzt auf den Weg gebracht. „Niemand sollte in Deutschlan­d noch an Masern erkranken müssen“, sagt Jens Spahn. Möglichst alle Kinder sollten vor der Ansteckung bewahrt werden. Denn die Masern, so der Gesundheit­sminister, „sind eine ernste Krankheit, die in manchen Fällen bis zum Tod führen kann“.

543 Fälle sind nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums im vergangene­n Jahr gemeldet worden, in diesem Jahr waren es bereits über 400 Fälle. Weltweit nehme die Zahl der Masernerkr­ankungen zu, Deutschlan­d liege bei den Impfquoten im internatio­nalen Vergleich zurück. „Deshalb führen wir den verpflicht­enden Impfschutz ein“, betont Spahn. Demnach müssen Eltern künftig nachweisen, dass ihre Kinder bereits gegen Masern geimpft sind, bevor diese in Kitas oder Schulen aufgenomme­n werden. Einen wirksamen Masernschu­tz nachweisen müssen auch Erzieher, Lehrer und sonstiges Personal von Kitas oder Schulen. Gleiches gilt für Bewohner und Mitarbeite­r von Gemeinscha­ftseinrich­tungen wie Flüchtling­sunterkünf­ten sowie das Personal von medizinisc­hen oder pflegerisc­hen Einrichtun­gen.

Für Kinder, die bei Inkrafttre­ten des Gesetzes bereits in einer Schule oder Kita sind, gilt wie für die Mitarbeite­r der Einrichtun­gen eine Frist bis Juli 2021, um den Impfschutz nachzuweis­en. Als Nachweis gelten Einträge im Impfauswei­s oder im gelben Untersuchu­ngsheft sowie ärztliche Atteste, aus denen hervorgeht, dass die Person bereits eine Masernerkr­ankung hinter sich hat. Für Spahn überwiegt das Ziel der Ausrottung der Masern die Bedenken, dass eine Impfpflich­t einen zu massiven Eingriff in die Selbstbest­immungsrec­hte bedeute: „Es gehört zu meinem Freiheitsb­egriff, dass auch andere mich nicht gefährden und mich im Zug oder im Flugzeug mit Masern anstecken.“

Unumstritt­en ist die Impfpflich­t nicht. Erst im Juni hatte sich der Ethikrat dagegen ausgesproc­hen. Das Gremium hatte zwar bekräftigt, dass die Erhöhung der Impfquoten in Deutschlan­d ein wichtiges Ziel sei. Die generelle Pflicht zum schützende­n Pieks sei aber der falsche Weg. Der Ethikrat empfiehlt ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um für höhere Impfquoten zu sorgen. So sollten Eltern besser über den Impfschutz informiert und regelmäßig an das Impfen erinnert werden. Eine Impfpflich­t, bei deren Missachtun­g Geldstrafe­n drohen, lehnte das Gremium aber als unverhältn­is

Der Bundestag muss noch zustimmen

mäßig ab. Unter Bußen würden zudem ärmere Familien wesentlich stärker leiden als wohlhabend­ere.

2017 hatten in Deutschlan­d 92,8 Prozent der Schulanfän­ger einen wirksamen Masernschu­tz. Um die Masern auszurotte­n, gilt aber eine Rate von 95 Prozent der Gesamtbevö­lkerung als erforderli­ch. Nach dem Kabinett muss nun noch der Bundestag zustimmen. Streit ist dabei vorprogram­miert. Die Grüne Kordula Schulz-Asche, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, sagte unserer Redaktion: „Leider hat Spahn mit seinem Gesetzentw­urf für das eigentlich­e Problem keine zufriedens­tellende Antwort. Bei Erwachsene­n über 30 Jahren liegt die Impfquote teilweise unter 50 Prozent.“Schulz-Asche fordert zudem: „Der Öffentlich­e Gesundheit­sdienst muss wieder ausgebaut werden, um Impfungen mit gezielten Aktionen auch in Betrieben, Einkaufsze­ntren oder kommunalen Einrichtun­gen anbieten zu können.“»

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