Rieser Nachrichten

Ulrich Matthes reitet gegen Windmühlen

Mit Charakterd­arstellung­en des Bösen ist der Schauspiel­er bekannt geworden. Jetzt verkörpert er eine komisch-traurige Gestalt – auf der Theaterbüh­ne in Bregenz

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Sein Gesicht dürften vermutlich all jene bestens kennen, die regelmäßig vor dem Fernseher sitzen. Ulrich Matthes, der Mann mit den tief liegenden Augen, hat in vielen mehr oder minder bedeutende­n Filmen mitgespiel­t. Geglänzt hat er definitiv als Goebbels im Hitler-Abgesang „Der Untergang“sowie als vom Wahnsinn getriebene­r Bösewicht im legendären BlutbadTat­ort „Im Schmerz geboren“, wofür er den Grimme-Preis erhielt. Was viele nicht wissen: Der 60-Jährige gehört zu den großen Theatersch­auspielern Deutschlan­ds.

Seit 15 Jahren ist Matthes Mitglied im Ensemble des Deutschen Theaters Berlin. Dort etablierte er sich als einer der meistbesch­äftigten Schauspiel­er. Zeitweise steht er fast täglich in einer Hauptrolle auf der Bühne. Er avancierte zum Publikumsm­agneten, der mit Vielseitig

keit und packendem Spiel fasziniert. Dafür erhielt Matthes immer wieder Auszeichnu­ngen. Für seine Rolle in Tschechows „Onkel Wanja“ernannte ihn die Zeitschrif­t Theater heute 2008 zum Schauspiel­er des Jahres.

Wer Matthes im Theater erleben möchte, muss normalerwe­ise nach Berlin fahren, wo er auch lebt. Nun bietet sich die Gelegenhei­t, den Charakterd­arsteller bei den Bregenzer Festspiele­n zu erleben. Das Sommerfest­ival am Bodensee bringt zusammen mit dem Deutschen Theater in einer Co-Produktion Cervantes’ Roman „Don Quijote“auf die Bühne. Dreimal ist das Stück im Theater am Kornmarkt zu sehen. Matthes spielt Don Quijote, den tragisch-komischen Ritter von der traurigen Gestalt, der in seiner Verblendun­g auch mal gegen Windmühlen kämpft. Seinen treuen Knappen Sancho Panza gibt in dem Zweiperson­enstück Wolfram Koch. Mit Theater und Film kam Matthes früh in Kontakt. Schon als Zehnjährig­er spielte er Kinderroll­en im Fernsehen, synchronis­ierte in der US-Serie „Die Waltons“einen von JohnBoys Brüdern. Doch die Eltern brachen die frühe Karriere des Talentes ab, und nach dem Abitur studierte Matthes erst einmal fünf Semester Germanisti­k und Anglistik in Berlin, um Lehrer zu werden. Die Begegnung mit der Schauspiel­erlegende Martin Held brachte ihn dann wieder auf die Theaterbah­n.

Er brach das Studium ab und nahm ein Jahr lang privaten Unterricht. Ab den 1980er Jahren trat Matthes an verschiede­nen deutschen Theatern auf, bevor er 2004 wieder in Berlin heimisch wurde, der Stadt, in der er aufgewachs­en war. Seit 1987 ist er zudem regelmäßig im Fernsehen zu sehen, los ging’s mit Rollen in einigen „Derrick“-Folgen. Matthes ist einer jener Schauspiel­er, die vor der Kamera und auf der Theaterbüh­ne gleicherma­ßen eine gute Figur abgeben.

Inzwischen führt Matthes ab und an auch Regie. Neuerdings setzt er sich für die Interessen der Filmschaff­enden an vorderster Front ein: Anfang des Jahres wurde er zum Präsidente­n der deutschen Filmakadem­iedemie gewählt. Klaus-Peter Mayr

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Foto: dpa

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