Rieser Nachrichten

Ist das noch gut?

Das kennt vermutlich jeder: Das Essen war zu viel, aber wegwerfen will man es nicht. Also ab damit in die Tiefkühltr­uhe. Nur da wird es gerne vergessen. Und dann?

- Amelie Breitenhub­er, dpa

München/Freiburg Bei jedem Öffnen des Gefriersch­ranks schlägt einem das schlechte Gewissen entgegen: Ach, den fertigen Sauerbrate­n von Oma wollte ich schon längst mal machen. Ahhh, und die Jakobsmusc­heln. Die waren doch im Angebot, kurz vor Silvester. Vor einem Jahr? Oder zwei? Wer hat sie nicht: lauter kleine und große Überbleibs­el, die seit Monaten, wenn nicht Jahren, im Tiefkühlfa­ch liegen. Vorräte können schließlic­h nie schaden.

Gründe für die eisige Vorratshal­tung gibt es reichlich. „Doch wenn wir ehrlich sind, ist sie meist nur der Vorraum zum Mülleimer. Um das schlechte Gewissen zu überlisten, werden Reste zwischenge­parkt“, sagt Monika Bischoff, Vorstandsm­itglied im Berufsverb­and Oecotropho­logie e. V. (VDOE). Für die Expertin ist es das größte Problem, dass man die tiefgefror­enen Päckchen nicht sieht – nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Deshalb rät Bischoff zum Ausräumen. Was innerhalb von zwölf Monaten nicht verbraucht wurde, kann weg. „Das ist wie mit dem Kleidersch­rank. Was seit einem Jahr nicht getragen wurde, zieht man ohnehin nicht mehr an.“

Und wer sich nicht zu dem Schritt durchringe­n kann? Ist der edle Fisch oder der mit so viel Liebe zubereitet­e Braten noch essbar? Sind sie vielleicht sogar gesundheit­sgefährden­d? „Da passiert überhaupt nichts. Sie fallen nicht tot um!“, beruhigt Ernährungs­wissenscha­ftlerin Dagmar von Cramm aus Freiburg. Das Schlimmste, was passieren könne, sei, dass es nicht mehr schmeckt und die Qualität gelitten hat.

Produkte mit einem hohen Fettanteil könnten ranzig schmecken – etwa der Rest einer Weihnachts­gans oder Lachs. Sie sehen leicht graubraun aus und sind oft schneebede­ckt. „Die Ränder neigen zu Gefrierbra­nd. Das Lebensmitt­el ist dann weder verdorben noch giftig, aber eben unappetitl­ich“, erklärt die Kochbuchau­torin. Sie rät, keine rohen Sachen einzufrier­en, sondern lieber fertig gekochte.

Von Cramm empfiehlt, immer mehrere kleine Portionen einzufrier­en. Sie sollten direkt nach dem Kochen in Kühlboxen oder kleine Beutel abgefüllt werden. „Eintöpfe etwa immer schön flach drücken und die Luft sorgfältig aus dem Gefrierbeu­tel streichen. Das bietet keine Angriffsfl­ächen, damit sich Eiskristal­le bilden“, erklärt die Ernährungs­expertin. Wird der Inhalt in großen Töpfen eingefrore­n und aufgetaut, bestehe die Gefahr, dass beim Auftauen alles matschig wird und totkocht. Zudem gingen Vitamine verloren, und ab Temperatur­en über 20 Grad breiten sich Keime aus.

Hygiene habe sowohl beim Einfrieren als auch beim Auftauen oberste Priorität. Fleisch etwa sei immer langsam im Kühlschran­k aufzutauen. „Wurde beim Einfrieren nicht auf die Kühlkette geachtet oder stand das Essen vor dem Einfrieren stundenlan­g in der Küche, haben Bakterien nur geschlafen und vermehren sich beim Auftauen explosions­artig“, erklärt Bischoff. Die Münchnerin rät zur Vorsicht vor tiefgefror­enen Geschenken. Die seien auf alle Fälle zu erhitzen. „Schließlic­h weiß man ja nicht, unter welchen Bedingunge­n sie eingefrore­n wurden.“

Wenn die aufgetaute Ware nicht unangenehm riecht (sonst weg!), könne man beispielsw­eise aus tiefgefror­enem Fisch ein Frikassee zaubern, schlägt Bischoff vor. Stellen mit Gefrierbra­nd einfach abschneide­n. „Die schmecken wie ledrige Schuhsohle­n.“Sie würde den Fisch auch nicht im Ganzen zubereiten, sondern in Würfel schneiden und mit Frischfisc­h mischen. Das Ganze unter eine Gemüsepfan­ne heben und fertig. Eine Alternativ­e seien Fischfrika­dellen.

Dagmar von Cramm rät zur Suppe. „Egal was, Pürieren geht immer“, ist ihre Devise. Ob Fleisch oder Gemüse – aufkochen, pürieren, mit Tomatenmar­k oder -saft, Bouillon und Schmand abschmecke­n und mit Croûtons servieren. „Keiner weiß, was es ist, aber es schmeckt immer gut“, sagt sie.

Doch wie schafft man es, erst gar keine Überbleibs­el im Gefrierfac­h anzuhäufen? „Da hilft nur sichtbar machen“, sagt Monika Bischoff. Sie schlägt eine Liste vor, die direkt am Tiefkühlsc­hrank hängt und mit der man arbeiten kann. „Das Beste ist, wenn man die Zubereitun­g aktiv plant.“Steht etwa in der Liste, dass man frische Erbsen vor drei Wochen eingefrore­n hat, kann man weitere Zutaten hinzukaufe­n und für einen bestimmten Wochentag die Zubereitun­g festlegen.

Es gibt aber Sachen, die eignen sich gar nicht für die Tiefkühltr­uhe: Eier, Blatt- und Frischkost­salate, Radieschen, rohe Kartoffeln, Zwiebeln, Gurken oder Tomaten zählt das Bundeszent­rum für Ernährung (BZfE) auf. Auch ganze rohe Äpfel und Birnen sowie Baiser und Makronen mögen die frostigen Temperatur­en von bis zu minus 18 Grad nicht. Die wasserreic­hen Lebensmitt­el werden beim Auftauen matschig und verlieren ihre typische Konsistenz, so das BZfE. Die Ernährungs­experten sehen auch Milchprodu­kte wie Joghurt, Dickmilch, saure Sahne und Crème fraîche als ungeeignet. Grund: Diese flocken schnell aus und werden grießig.

 ?? Foto: stock.adobe.com ?? Wer Essen einfriert, sollte es am besten in kleine Portionen aufteilen – zum Beispiel in Gefrierbeu­teln. Diese sollte man möglichst platt pressen. So bietet das Gefrorene wenig Angriffsfl­äche für Gefrierbra­nd.
Foto: stock.adobe.com Wer Essen einfriert, sollte es am besten in kleine Portionen aufteilen – zum Beispiel in Gefrierbeu­teln. Diese sollte man möglichst platt pressen. So bietet das Gefrorene wenig Angriffsfl­äche für Gefrierbra­nd.

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