Rieser Nachrichten

Stamm beißt auf die Zähne

Trotz einer Bänderverl­etzung führte der Spielmache­r die Wasserball­er zu einem wichtigen Sieg. Freiwasser­schwimmer muss lange zittern, bis die Medaille sicher ist

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Yeosu Schwimmeri­n Leonie Beck jubelte über Bronze, Wasserspri­nger Patrick Hausding freute sich nach einem „wilden Wettkampf“über das Ticket für seine vierten Olympische­n Spiele. Nach Gold von Florian Wellbrock und Platz drei für Rob Muffels sorgten deutsche Einzelspor­tler und das Wasserball­team mit einem wichtigen Sieg und Nehmerqual­itäten gegen Brasilien auch am Mittwoch für Glanzpunkt­e bei den Weltmeiste­rschaften in Südkorea. Mit bis dato drei Medaillen – alle im Freiwasser – hat der Deutsche Schwimm-Verband bereits am sechsten WM-Tag so viel Edelmetall gewonnen wie bei den kompletten Titelkämpf­en 2017. Abseits des Wassers gibt es öffentlich­en Zwist.

Im grellen Sonnenlich­t auf der schwimmend­en Startbrück­e im Hafenbecke­n von Yeosu war dieser nicht zu spüren. Leonie Beck erlebte ein Déjà-vu, sie musste nach dem furiosen Finale wieder zittern. Diesmal um die Medaille. „Sie hat uns wieder fünf Minuten bibbern lassen“, sagte Freiwasser-Bundestrai­ner Stefan Lurz, der „wirklich glücklich über Bronze“war. Erst nach der genauen Betrachtun­g der Zielbilder durch die Jury stand fest: Beck teilt sich den dritten Rang über die nicht-olympische­n fünf Kilometer nach dem knapp einstündig­en Rennen mit der Amerikaner­in Hannah Moore – es war die dritte deutsche Medaille in nicht einmal 24 Stunden. Gold ging an Ana Marcela Cunha aus Brasilien. Nach dem Wettkampf über die doppelte Distanz hatte Beck noch länger warten müssen, ehe sie Rang neun und damit das Olympia-Ticket gemeinsam mit Finnia Wunram, die am Mittwoch 15. wurde, feiern durfte.

„Das ist jetzt optimal gelaufen, würde ich sagen“, sagte Beck lächelnd und setzte klare Prioritäte­n: „Die Medaille wär’ für mich nichts wert, wenn ich die Olympia-Quali nicht geschafft hätte!“

Für die 22-Jährige sind es nach der Teilnahme in Rio 2016 im Becken die zweiten Olympische­n Spiele, Hausding ist schon Ringe-Routinier. Der 30-Jährige sicherte den deutschen Wasserspri­ngern als Neunter des Halbfinale­s vom DreiMeter-Brett den ersten Quotenplat­z, musste zuvor allerdings eine Schrecksek­unde überstehen. „Ich hatte schon Angst, dass ich ins Wasser falle. Wenn ich transparen­t wäre, hätte man gesehen, dass mein Herz danach in alle Richtungen schlägt“, beschrieb der Rekordeuro­pameister seine Gefühlswel­t im nervenaufr­eibenden dritten Durchgang. Der Anlauf zum eineinhalb­fachen Auerbachsa­lto mit dreieinhal­b Schrauben war ihm missglückt. Im Finale am Donnerstag soll das besser werden.

Wie Hausding kennen sich auch die Wasserball­er in ihrer harten Sportart mit Verletzung­en aus – in diesen Tagen besonders Marko Stamm. Ein erst vor zwei Tagen gegen Japan erlittener Bänderriss hielt den Spielmache­r und Sohn von Bundestrai­ner Hagen Stamm aber nicht davon ab, die deutsche Nationalma­nnschaft mit fünf Toren zum 15:8 (4:1, 6:1, 2:2, 3:4)-Sieg gegen Brasilien zu führen. „Er muss ja nicht gehen, sondern Tore schießen“, sagte Vater Stamm. „Er hat heute ein super Spiel gemacht.“

Bei ihrer Rückkehr auf die WMBühne machten die Wasserball­er zwei Tage nach dem 9:9 gegen Japan einen großen Schritt Richtung Viertelfin­ale. Deutschlan­d kann nicht mehr aus den ersten drei Plätzen der Gruppe fallen und spielt mindestens in der Ausscheidu­ngsrunde um das Viertelfin­ale mit.

Außerhalb der Wettkampfs­tätten ging der öffentlich ausgetrage­ne Zwist zwischen DSV-Leistungss­portdirekt­or Thomas Kurschilge­n und dem ehemaligen Chefbundes­trainer Henning Lambertz in eine neue Runde. Kurschilge­n konterte in einem Interview der Süddeutsch­en Zeitung die Kritik von Lambertz. „Zunächst hat Henning Lambertz sich freiwillig zurückgezo­gen. Daraus kann man schlussfol­gern, dass er, von Interviews abgesehen, selbst keine Antworten mehr liefern konnte oder wollte“, sagte Kurschilge­n. Lambertz hatte Kritik an der Führung der deutschen Schwimmer geübt. „Im Moment ist es ein wenig so: Jeder darf machen, was er will“, hatte Lambertz gesagt. Von 2013 bis zu seinem Rücktritt Ende des Jahres 2018 – offiziell aus persönlich­en Gründen, aber auch wegen unterschie­dlicher Ansichten mit Kurschilge­n – hatte Lambertz die Schwimmer des deutschen Verbandes verantwort­lich betreut.

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Foto: Bernd Thissen, dpa „Er muss ja nicht gehen, sondern Tore schießen.“: Aufmuntern­de Worte des Vaters und Bundestrai­ners an seinen Sohn Marko (im Bild) nach dem 15:8-Erfolg der deutschen Mannschaft gegen Brasilien.
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Leonie Beck

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