Staunen über Utopien
Im Museum Kulturland Ries in Maihingen wird die Schau „Utopie Landwirtschaft“gezeigt. Von wunderlichen Ideen und seltsamen Zukunftsperspektiven
Maihingen Es ist eine im wahrsten Wortsinn unglaubliche Ausstellung, die das Museum Kulturland Ries ab dem morgigen Freitag in Maihingen präsentiert. „Agrarische Utopien gestern und heute“ist der zweite Untertitel der Schau, die genauso sehenswert wie schräg ist. Träume und Albträume, das Versprechen eines paradiesischen Lebens auf dem Land inmitten harmonischer Natur, Nahrung in Hülle und Fülle ohne Anstrengung – solche Utopien haben die Menschen zu allen Zeiten bewegt. Die Utopien der Landwirtschaft zeigt das Museum auf der einen Seite anhand drastisch gescheiterter Beispiele, auf der anderen Seite mit Ideen, die sich von der Fantasie ihrer Schöpfer langsam zur Realität entwickelt haben.
„Utopie Landwirtschaft“ist ein gemeinsames Ausstellungsprojekt sechs bayerischer Museen, auch das des Museums Kulturland Ries, das jetzt die dritte Station ist. Mittels Bildern, Schautafeln, Modellen, alten Gerätschaften und vielen alten Filmen vermittelt die Ausstellung Erfolgs- und Irrwege der Landwirtschaft in den vergangenen 200 Jahren. Skizziert werden nicht nur gesellschaftliche und soziale Wunschbilder, sondern auch gewagte technische Entwürfe wie riesige Dampfpflüge zur Moorkultivierung oder die Nutzung von Atomenergie zur Hühnerzucht und dergleichen mehr.
Da sieht man Pläne zur Trockenlegung und Urbarmachung des Mittelmeeres oder andere visionäre Erwartungen von idealen neuen Kulturpflanzen und Nutztieren. Viele dieser Visionen endeten in einer Sackgasse, andere – von den damaligen Zeitgenossen für ebenso illusionär gehalten – sind über kurz oder lang Stand der Technik geworden. Und wieder andere Entwicklungen kamen nicht einmal den kühnsten Utopisten in den Sinn: Dass etwa Kühe einst frei darüber entscheiden würden, wann sie gemolken werden, ohne menschliche Hand von einem Automaten.
Wie alle Zukunftsträume, so waren und sind auch die agrarischen mit euphorischen Hoffnungen und Erwartungen verbunden, aber ebenso mit Ängsten und Befürchtungen. Das alles wird gezeigt in dieser wunderbaren Ausstellung, für deren Betrachtung man sich viel Zeit nehmen sollte. Zeit, die sich allemal lohnt, denn es geht nicht zuletzt auch um aktuelle Fiktionen einer künftigen Agrarwirtschaft und Ernährungsweise – man sieht es auch an einer reich gedeckten Tafel zukünftig möglicher „Köstlichkeiten“. Vom Essen der Zukunft ist die Rede, von den Verheißungen des digitalen Bauernhofes 4.0 und von alternativen Visionen bis hin zur Idee einer völlig land- und tierlosen Nahrungserzeugung. Der Ingolstädter Künstler Thomas Neumaier hat die vielfältigen Themenbereiche mit künstlerischen Arbeiten, absurden Verfremdungen alltäglicher Gegenstände und „nicht realisierbaren Erfindungen in der Landwirtschaft“ergänzt, zum Beispiel einem windgetriebenen Butterfass.
Ein Augenzwinkern, das der Ausstellung gut tut, denn nicht nur dem Staunen über den Erfindergeist, sondern auch dem Wundern über die Dummheit des Menschen kann man sich beim Betrachten der Ausstellung nicht entziehen. Ein tolles Projekt, unbedingt sehenswert und nicht nur Landwirten wärmstens zu empfehlen. „Utopie Landwirtschaft“, Museum Kulturland Ries, Maihingen, vom 19. Juli bis 27. Oktober 2019, jeweils Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr.