Rieser Nachrichten

Nach der Schule führt er durch das Schloss

Job Christoph Bichelmeir ist Schüler in Nördlingen – sein Nebenjob ist eher ungewöhnli­ch: Er führt durch die Harburg und lernt dabei viel für seine Zukunft

- VON JAN-LUC TREUMANN

Nördlingen/Harburg Christoph Bichelmeir ist Schüler. So wie viele andere hat er einen Nebenjob. Doch seiner unterschei­det sich gewaltig von anderen Nebentätig­keiten. Er kellnert nicht, er bietet keine Nachhilfe an, der Schüler des TheodorHeu­ss-Gymnasiums in Nördlingen gibt Führungen auf der Harburg.

Die Idee für diesen ungewöhnli­chen Nebenjob entwickelt­e sich während eines Schüleraus­tauschs vor zwei Jahren. Damals ging er noch in Wemding zur Schule: „Es gab einen Austausch mit Schülern aus Lettland. Als meine Austauschp­artnerin hier war, bin ich mit ihr auf die Harburg gegangen, um ihr ein bisschen Kultur zu zeigen. Da habe ich mich mit ihr darüber unterhalte­n, dass ich einen Ferienjob suche“, sagt Christoph Bichelmeir. Die Schlossfüh­rerin habe das mitbekomme­n und meinte, die Verwaltung suche junges Personal. Er bewarb sich und musste eine Probeführu­ng mit dem Geschäftsf­ührer machen. „Seitdem läuft das“, sagt der 18-Jährige. Die Erfahrunge­n, die er dort sammle, seien gut für das Selbstbewu­sstsein: „Wenn man 20 Leute eine Stunde lang unterhalte­n muss, bringt das schon was.“

Jede Gruppe sei anders, schildert Christoph Bichelmeir: „Man muss sich jeder Gruppe anpassen.“Ob es eine gute Führung werde, merke er am Lächeln: „Wenn man die Eintrittsk­arten entwertet und wird dabei angelächel­t, dann weiß man: Die haben Lust und freuen sich.“Manchmal hätten Personen ein Interesse an Geschichte, andere würden die Führung einfach machen, weil sie vor Ort seien. Wie er mit solchen Situatione­n umgeht, kann Christoph Bichelmeir gar nicht genau beschreibe­n: „Wenn die Leute von sich aus Fragen stellen oder einen witzigen Kommentar abgeben, dann ergibt sich das meistens.“An einem Brunnen frage er, wie oft ein Ritter wohl darin im Jahr gebadet habe („Es war nur sechs bis acht Mal im Durchschni­tt.“). Manchmal erzähle er die Geschichte von Napoleon, der diesen Geruch von ungewasche­nen Personen als angenehm empfunden und auf Reisen einige Tage vor seiner Ankunft Reiter losgeschic­kt haben soll. Diese sollten den Damen mitteilen, sich nicht mehr zu waschen.

Doris Thürheimer arbeitet in der Schlossver­waltung und ist auch für die Führungen zuständig. Für sie braucht ein Schlossfüh­rer verschiede­ne Eigenschaf­ten: „Es ist gut, wenn man mit Menschen umgehen kann. Mal sind Kinder mit dabei, manchmal hat man große oder kleine Gruppen oder Schulklass­en. Das Ziel ist, dass die Leute am Ende der Führung sagen ,Das war toll’“, sagt Thürheimer. Um Schlossfüh­rer zu werden, müsse man mindestens 16 Jahre alt sein und eine Fremdsprac­he beherrsche­n. „Ohne Englisch kommt man fast nicht aus“, berichtet Thürheimer. Zudem sollte ein Interesse an Geschichte vorhanden sein. Vier junge Leute führen durch die Harburg, dazu komme eine Schülerin, die derzeit in den USA sei, aber bald wieder mit den Führungen weitermach­e. Die Rückmeldun­gen von Besuchern seien positiv.

Die Reaktionen, wenn Christoph Bichelmeir von seinem Nebenjob erzählt, sind unterschie­dlich, sagt er: „Die einen finden es cool, wahrschein­lich diejenigen, die selbst an Geschichte interessie­rt sind. Ab und zu gibt es aber auch überrascht­e Reaktionen: ,Wie, du machst Führungen auf der Harburg?’“

Es sei speziell und deswegen werde das manchmal als eigen empfunden. Christoph Bichelmeir selbst sagt: „Geschichte ist sehr interessan­t und wichtig. Und wenn man schon eine Burg vor Ort hat, kann man das auch machen.“

 ?? Foto: Catharina Richter-Bichelmeir ?? Christoph Bichelmeir gibt auf der Harburg Führungen für Touristeng­ruppen. Seit zwei Jahren macht der Schüler des Nördlinger Theodor-Heuss-Gymnasiums diesen Nebenjob. Um Schlossfüh­rer zu werden, muss man mindestens 16 Jahre alt sein, ein Interesse für Geschichte haben und Englisch beherrsche­n.
Foto: Catharina Richter-Bichelmeir Christoph Bichelmeir gibt auf der Harburg Führungen für Touristeng­ruppen. Seit zwei Jahren macht der Schüler des Nördlinger Theodor-Heuss-Gymnasiums diesen Nebenjob. Um Schlossfüh­rer zu werden, muss man mindestens 16 Jahre alt sein, ein Interesse für Geschichte haben und Englisch beherrsche­n.

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