Rieser Nachrichten

Asche zu Asche

Wie die orthodoxe Kirche in Griechenla­nd gegen Krematorie­n kämpft

- VON GERD HÖHLER

Athen Nach jahrzehnte­langem Hin und Her hat in Griechenla­nd im Oktober das erste Krematoriu­m seinen Betrieb aufgenomme­n. Doch der Widerstand dagegen ist ungebroche­n. Denn aus Sicht des erzkonserv­ativen orthodoxen Klerus steht fest: Gläubige, die sich einäschern lassen, müssen auf den Segen der Kirche verzichten. Er betrachtet die Feuerbesta­ttung als heidnische­n Brauch, der „dem Geist der Heiligen Schrift widerspric­ht“.

Lange war Griechenla­nd deshalb der einzige EU-Staat ohne Krematorie­n. Mit der Folge, dass ihre letzte Reise etwa 3000 Griechen pro Jahr ins benachbart­e Bulgarien führte. Sie hatten in ihrem Testament bestimmt, dass ihre sterbliche­n Überreste eingeäsche­rt werden sollen. Rund 2000 Euro berechnen griechisch­e Dienstleis­ter wie die Firma True Memorial für die Einäscheru­ng im Nachbarlan­d, einschließ­lich Überführun­gskosten.

Anfang Oktober eröffnete dann also in Ritsona nördlich der Hauptstadt Athen das erste Krematoriu­m. Bereits mehr als hundert Einäscheru­ngen wurden dort seither vorgenomme­n. An dem Krematoriu­m hält die Firma Crem Services SA 70 Prozent der Anteile, die gemeinnütz­ige Nichtregie­rungsorgan­isation „Griechisch­e Gesellscha­ft für Kremation“(GCS) die restlichen 30. GCS-Präsident Antonis Alakiotis sprach bei der Eröffnung von einem „historisch­en Ereignis“. Die Bestattung­stradition­en zu verändern sei eine „der schwierigs­ten und langwierig­sten Umwandlung­en, die eine Gesellscha­ft durchmacht“.

Der orthodoxe Klerus in Griechenla­nd ist mit seiner Haltung zur

Feuerbesta­ttung historisch gesehen keine Ausnahme. Die katholisch­e Kirche akzeptiert sie erst seit den 1960er Jahren. Protestant­ische Kirchen lehnten sie bis Anfang des 20. Jahrhunder­ts mehrheitli­ch ab. Im Judentum und im Islam ist die Kremation verboten.

Die mächtige orthodoxe Kirche in Griechenla­nd kämpft nun dafür, dass sich Feuerbesta­ttungen nicht durchsetze­n. In einer vier Seiten langen Schrift mit dem Titel „An das Volk“, die zurzeit in allen Kirchen verteilt wird, betont sie: Kirchliche Trauerfeie­rn seien jenen untersagt, die ihren Leichnam verbrennen lassen. Schließlic­h seien Verstorben­e kein „Müll“, den man „im Feuer entsorgen“dürfe. In drastische­n Worten schildert die Schrift auch Einzelheit­en der Verbrennun­g – etwa, wie „das menschlich­e Skelett in einem speziellen Mixer zu Staub zermahlen“werde. Das ganze Verfahren „unterschei­det sich kaum vom Recycling“.

Dass sie die Feuerbesta­ttung ablehnt, begründet die orthodoxe Kirche mit dem Glauben an die leibliche Auferstehu­ng. Kritisiert wird, dass auch finanziell­e Erwägungen eine Rolle spielen könnten. Für eine kirchliche Bestattung greifen Hinterblie­bene gern tief in die Tasche.

 ?? Symbolfoto: dpa ?? Griechisch-orthodoxe Priester lehnen Feuerbesta­ttungen ab.
Symbolfoto: dpa Griechisch-orthodoxe Priester lehnen Feuerbesta­ttungen ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany