Rieser Nachrichten

Nördlinger Arzt: „ Virus wird sich ausbreiten“

Professor Dieter Häussinger behandelt zwei Corona-Infizierte in Düsseldorf

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Herr Professor Häussinger, als Direktor des wichtigste­n Leber- und Infektions­zentrums Nordrhein-Westfalens behandeln Sie zwei Corona-Patienten an der Uniklinik Düsseldorf. Wie ist deren Zustand?

Prof. Dieter Häussinger: Das Ehepaar leidet unter schweren Lungenentz­ündungen. Der Mann ist schwer krank und auch der Zustand der Frau verschlech­tert sich.

Lässt sich das Virus noch eindämmen? Häussinger: Derzeit versuchen die Gesundheit­sbehörden, die Infektions­ketten zu identifizi­eren. Das gestaltet sich schwierig, weil auch diese Patienten mittleren Alters sind, viele soziale Kontakte haben und zum Beispiel noch den Karneval besucht haben. Ich habe wie Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn große Zweifel daran, dass sich damit viel verhindern lässt, auch mit Blick auf unsere Nachbarlän­der. Die Dämme sind meines Erachtens gebrochen und das Virus wird sich in Deutschlan­d ausbreiten. Für die Gesundheit­sbehörden ist das eine große Herausford­erung und Belastung. Sobald die Fallzahlen stark ansteigen, und das wird aller Voraussich­t nach der Fall sein, wird man infizierte Personen mit geringen oder gar keinen Symptomen nicht mehr stationär, sondern in Heimquaran­täne behandeln müssen.

Wie lässt sich das Virus therapiere­n? Häussinger: Aus den Epidemien mit den Sars- und Mers-Viren hat man positive Erfahrunge­n mit gewissen Aids-Medikament­en gemacht. Es besteht eine vorsichtig­e Hoffnung, dass diese auch bei diesem neuen Virus hilfreich sein könnten. Bewiesen ist das aber noch lange nicht. Trotzdem erhalten unsere hier betreuten Patienten diese Medikament­e.

Wie ist die Lage in Ihrer Klinik? Häussinger: Einige Patienten haben ihre Termine aus Sorge vor einer Ansteckung abgesagt, dabei ist die Gefahr einer Ansteckung in einer infektiolo­gisch spezialisi­erten Klinik am geringsten. Die Stimmung der Mitarbeite­r ist sehr gut. Das ist wie auf einem Schlachtsc­hiff, das unter Beschuss steht – jeder weiß, was er zu tun hat.

Wie schützt sich das medizinisc­he Personal vor einer Ansteckung? Häussinger: Wir tragen Schutzklei­dung, Mundschutz und Sichtschut­z. Generell ist die beste Vorsichtsm­aßnahme: Händewasch­en, Händewasch­en, Händewasch­en. Darüber hinaus sollte man immer wieder die Türklinken reinigen.

Wie schätzen Sie die Gefährlich­keit des Virus zum jetzigen Zeitpunkt ein? Häussinger: Genau weiß man das noch nicht, insbesonde­re weil man sich kaum auf die chinesisch­en Zahlen verlassen kann. Viele Infektione­n dürften inapparent und harmlos ablaufen, in anderen Fällen aber, insbesonde­re bei Vorerkrank­ungen und älteren Menschen, können lebensbedr­ohliche Lungenentz­ündungen auftreten. Ich schätze die Mortalität­srate auf etwa zwei Prozent. Das ist schon ziemlich hoch. Vergleiche mit der saisonalen Grippe sind aus meiner Sicht problemati­sch. Im Gegensatz zur Influenza besitzt keiner von uns irgendwelc­he Immunität gegen das neue Corona-Virus. Wichtig ist, dass keine Panik ausbricht, sondern dass dem Problem rational begegnet wird.

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Prof. Häussinger

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