Lettenbauers Dialog bringt die Tiefe
Eva Lettenbauer spricht auf dem Evangelischen Aschermittwoch in Dürrenzimmern
Dürrenzimmern Beim Evangelischen Aschermittwoch im Gemeindezentrum von Dürrenzimmern stellte die Grünen-Landesvorsitzende Eva Lettenbauer eine zentrale Aussage ihrer Rede unter Beweis: Nur im Dialog komme man zu konkreten Ergebnissen. So umfasste ihr Vortrag zur Generationengerechtigkeit ein weites Feld, was die Themen stellenweise sehr abstrakt wirken ließ. Im Dialog mit dem Publikum aber lieferte sie dann präzise Antworten mit teils überraschenden Gedankengängen.
So erbat Pfarrer Klaus Haimböck Argumentations-Schützenhilfe gegen häufige Stammtischargumente wie „Warum soll Deutschland mit gerade einmal weltweit einem Prozent CO2-Ausstoß eine Vorreiterrolle haben?“oder „Junge Leute demonstrieren bei Fridays for Future, haben aber in Plastik verpackte Brotzeit dabei“. Lettenbauer erwiderte, bei Deutschlands Klima-Engagement sei nicht der Anteil an der
Verursachung ausschlaggebend, sondern die Folgen, die wir selbst spüren wie massive Ernteausfälle durch Dürreperioden, die kein Zufall mehr sind. Wer für eine ideale Welt eintrete, sei nicht verpflichtet, selbst ideal zu sein, denn das sei schlichtweg niemandem möglich. Auch sei ein hundertprozentig ökologisch perfektes Leben in den nächsten 20 Jahren nicht denkbar, nichtsdestotrotz aber dringlich anzustreben. Der neudeutsche Ausdruck „Whataboutismus“, also das Herumreiten auf Details wie eben Brotzeitdosen von Demonstranten, diene dazu, ganzheitliche Überlegungen zu verhindern. Zum Beispiel unke man, dass der Schutz einzelner Vögel Entwicklungen verhindere – dabei seien schon genügend Gebiete ausgewiesen, wo beispielsweise Windräder und Vogelschutz im Einklang stehen.
Auch eine kritische Frage nach der Finanzierung eingeforderter Maßnahmen wie zwei Lehrer in einer Grundschulklasse oder Investitionen in zukunftsfähige Infrastrukturen
beantwortete sie unkonventionell: Stopfe man konsequent Steuerschlupflöcher, mache man jährlich Milliarden für sinnvolle Ausgaben frei. Die Energiewende finanziere sich durch Einnahmen selbst und bei durchdachter Umgestaltung wie der besseren Nutzung bestehender Verkehrswege statt übertriebenem Straßenneubau könne man sparsamer agieren. Wo Grundsätze kollidieren, zum Beispiel, wenn Lithium für Batterien durch Kinderarbeit abgebaut wird, finden sich neue Wege; so signalisiere die Wissenschaft Möglichkeiten zu Batterien aus erneuerbaren Rohstoffen. Lettenbauer zeigte vielfach, dass generelles Umdenken zu unerwarteten Lösungen führen könne – so könne Strom aus Wind und Licht auf kurzen Wegen zu den Abnehmern führen.
Als Antriebsenergie spiele gleichzeitig Wasserstoff künftig eine große Rolle wie bei Flugzeugen oder Schiffen. Das Thema Generationengerechtigkeit war von der 27-jährigen Referentin, wie gesagt, extrem weit gefasst worden, indem sie es auf die Erhaltung der globalen Lebensgrundlagen für künftige Generationen erweitert hatte. Das Ziel der Weltgemeinschaft, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müsse sofort in Angriff genommen werden und mit dem Umweltschutz
und der Energiewende sei man bereits auf dem Weg. Spiralen wie Kinderarmut, die in armen Familien quasi vererbt werde, könne man nur durch Bildung mit ausreichend Lehrkräften durchbrechen; dabei sei der Dienst am Menschen genauso hoch zu entlohnen, wie der derzeit wesentlich besser bezahlte Dienst an der Maschine. Jugendliche sollten auch früher in gesellschaftliche Entscheidungen eingebunden werden mit einer Herabsetzung des Wahlalters, Jugendparlamenten oder selbstbestimmten Jugendzentren. Auch die Problematik von durch Gewalt oder Altersarmut bedrohter Frauen oder die Stärkung des Ehrenamtes durch die bezahlte Abtretung von Arbeitszeit zugunsten von Zeit für das Kümmern um ältere Mitmenschen sprach Lettenbauer an. Durch den impulsreichen Abend führten die Synodalin Christa Müller und der Oettinger Dekan Armin Diener. Den musikalischen Rahmen bildete der Posaunenchor Dürrenzimmern, den Segen sprach Ortspfarrer Reinhold Hertle.