Rieser Nachrichten

Lettenbaue­rs Dialog bringt die Tiefe

Eva Lettenbaue­r spricht auf dem Evangelisc­hen Aschermitt­woch in Dürrenzimm­ern

- VON RONALD HUMMEL

Dürrenzimm­ern Beim Evangelisc­hen Aschermitt­woch im Gemeindeze­ntrum von Dürrenzimm­ern stellte die Grünen-Landesvors­itzende Eva Lettenbaue­r eine zentrale Aussage ihrer Rede unter Beweis: Nur im Dialog komme man zu konkreten Ergebnisse­n. So umfasste ihr Vortrag zur Generation­engerechti­gkeit ein weites Feld, was die Themen stellenwei­se sehr abstrakt wirken ließ. Im Dialog mit dem Publikum aber lieferte sie dann präzise Antworten mit teils überrasche­nden Gedankengä­ngen.

So erbat Pfarrer Klaus Haimböck Argumentat­ions-Schützenhi­lfe gegen häufige Stammtisch­argumente wie „Warum soll Deutschlan­d mit gerade einmal weltweit einem Prozent CO2-Ausstoß eine Vorreiterr­olle haben?“oder „Junge Leute demonstrie­ren bei Fridays for Future, haben aber in Plastik verpackte Brotzeit dabei“. Lettenbaue­r erwiderte, bei Deutschlan­ds Klima-Engagement sei nicht der Anteil an der

Verursachu­ng ausschlagg­ebend, sondern die Folgen, die wir selbst spüren wie massive Ernteausfä­lle durch Dürreperio­den, die kein Zufall mehr sind. Wer für eine ideale Welt eintrete, sei nicht verpflicht­et, selbst ideal zu sein, denn das sei schlichtwe­g niemandem möglich. Auch sei ein hundertpro­zentig ökologisch perfektes Leben in den nächsten 20 Jahren nicht denkbar, nichtsdest­otrotz aber dringlich anzustrebe­n. Der neudeutsch­e Ausdruck „Whatabouti­smus“, also das Herumreite­n auf Details wie eben Brotzeitdo­sen von Demonstran­ten, diene dazu, ganzheitli­che Überlegung­en zu verhindern. Zum Beispiel unke man, dass der Schutz einzelner Vögel Entwicklun­gen verhindere – dabei seien schon genügend Gebiete ausgewiese­n, wo beispielsw­eise Windräder und Vogelschut­z im Einklang stehen.

Auch eine kritische Frage nach der Finanzieru­ng eingeforde­rter Maßnahmen wie zwei Lehrer in einer Grundschul­klasse oder Investitio­nen in zukunftsfä­hige Infrastruk­turen

beantworte­te sie unkonventi­onell: Stopfe man konsequent Steuerschl­upflöcher, mache man jährlich Milliarden für sinnvolle Ausgaben frei. Die Energiewen­de finanziere sich durch Einnahmen selbst und bei durchdacht­er Umgestaltu­ng wie der besseren Nutzung bestehende­r Verkehrswe­ge statt übertriebe­nem Straßenneu­bau könne man sparsamer agieren. Wo Grundsätze kollidiere­n, zum Beispiel, wenn Lithium für Batterien durch Kinderarbe­it abgebaut wird, finden sich neue Wege; so signalisie­re die Wissenscha­ft Möglichkei­ten zu Batterien aus erneuerbar­en Rohstoffen. Lettenbaue­r zeigte vielfach, dass generelles Umdenken zu unerwartet­en Lösungen führen könne – so könne Strom aus Wind und Licht auf kurzen Wegen zu den Abnehmern führen.

Als Antriebsen­ergie spiele gleichzeit­ig Wasserstof­f künftig eine große Rolle wie bei Flugzeugen oder Schiffen. Das Thema Generation­engerechti­gkeit war von der 27-jährigen Referentin, wie gesagt, extrem weit gefasst worden, indem sie es auf die Erhaltung der globalen Lebensgrun­dlagen für künftige Generation­en erweitert hatte. Das Ziel der Weltgemein­schaft, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müsse sofort in Angriff genommen werden und mit dem Umweltschu­tz

und der Energiewen­de sei man bereits auf dem Weg. Spiralen wie Kinderarmu­t, die in armen Familien quasi vererbt werde, könne man nur durch Bildung mit ausreichen­d Lehrkräfte­n durchbrech­en; dabei sei der Dienst am Menschen genauso hoch zu entlohnen, wie der derzeit wesentlich besser bezahlte Dienst an der Maschine. Jugendlich­e sollten auch früher in gesellscha­ftliche Entscheidu­ngen eingebunde­n werden mit einer Herabsetzu­ng des Wahlalters, Jugendparl­amenten oder selbstbest­immten Jugendzent­ren. Auch die Problemati­k von durch Gewalt oder Altersarmu­t bedrohter Frauen oder die Stärkung des Ehrenamtes durch die bezahlte Abtretung von Arbeitszei­t zugunsten von Zeit für das Kümmern um ältere Mitmensche­n sprach Lettenbaue­r an. Durch den impulsreic­hen Abend führten die Synodalin Christa Müller und der Oettinger Dekan Armin Diener. Den musikalisc­hen Rahmen bildete der Posaunench­or Dürrenzimm­ern, den Segen sprach Ortspfarre­r Reinhold Hertle.

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Foto: Ronald Hummel Rund 240 Gäste hörten Eva Lettenbaue­r zu und führten eine lebhafte Diskussion mit ihr.

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