„Libyen braucht Frieden“
Der Europapolitiker David McAllister über die Pläne der EU
Brüssel An diesem Mittwoch startet die EU-Operation „Irini“im Mittelmeer. Ihr wichtigster Auftrag: Waffenlieferungen an das Bürgerkriegsland Libyen zu verhindern. Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, dem CDU-Politiker David McAllister.
David McAllister: Der Beginn der Operation „Irini“ist ein wichtiger Schritt, um das Waffenembargo für Libyen endlich umzusetzen. Durch die Überwachung des Luft- und Seeraumes vor der libyschen Küste wird der Einsatz dafür sorgen, dass es schwer wird, Waffen unbemerkt in das Land zu schmuggeln.
Ist es nicht zynisch, dass diese Schiffe abseits der Fluchtrouten stationiert werden, damit sie nur ja keine Flüchtlinge retten können?
McAllister: Das Hauptziel der Mission ist es, den Waffenschmuggel nach Libyen zu unterbinden. Die völkerrechtliche Verpflichtung, diejenigen zu retten, die in Seenot geraten sind, bleibt davon unberührt. Deswegen ist es richtig, dass sich die Mitgliedstaaten bereits vorher auf einen Verteilmechanismus für schiffbrüchige Migranten im Mittelmeer geeinigt haben.
Kann die Operation ein Durchbruch werden, um Libyen zu befrieden? McAllister: Bis zu einem dauerhaften Waffenstillstand ist es noch ein langer Weg. Die Berliner Konferenz Anfang Januar hat dazu viele Beschlüsse gefasst. Dieser EU-Einsatz ist nur einer davon. Wir müssen noch sehr viel mehr tun. Dieses geschundene Land und die Menschen brauchen endlich Frieden.
Das Coronavirus hat auch die Verhandlungen zwischen Briten und Europäern über einen gemeinsamen Handelsvertrag betroffen. Die beiden Chefunterhändler und der britische Premier sind erkrankt. Kommt der Prozess gerade zum Stillstand?
McAllister: Nein. Am Montag hat beispielsweise der Gemeinsame Ausschuss getagt, um die Fortschritte bei der Umsetzung des Austrittsabkommens zu evaluieren. Ich denke, dass der Juni entscheidend sein wird. Nach bisheriger Planung soll dann eine hochrangige Konferenz eine erste Bilanz der Verhandlungen ziehen.
McAllister: Bisher lehnt die britische Seite eine Verlängerung weiterhin strikt ab. Die Europäische Union hat dagegen immer wieder betont, für mehr Zeit offen zu sein. Der Ball liegt ganz eindeutig im britischen Spielfeld.
Ist ein gutes Abkommen in der kurzen Zeit überhaupt machbar?
McAllister: Der Zeitplan war ohnehin ambitioniert, durch die Pandemie gibt es eine völlig neue Lage. Es war schon vorher absehbar, dass man nicht alle Detailfragen der künftigen Beziehungen würde klären können, sondern Schwerpunkte setzen muss. Denn man darf nicht vergessen: Ein Ergebnisentwurf soll bis Ende Oktober, spätestens Anfang November zur Ratifizierung vorliegen. Das sind jetzt gerade mal acht Monate. Die EU kann jetzt nur überzeugende Argumente für eine Verlängerung der Verhandlungen vortragen und hoffen, dass diese in London auf fruchtbaren Boden fallen. Interview: Detlef Drewes
David McAllister, 49, ist Deutscher und Brite. Der CDU-Politiker leitet im EUParlament den Auswärtigen Ausschuss.