Einzelhandel in Oettingen: Gemischte Gefühle
Die Oettinger Ladenbesitzer sind zwar froh, wieder öffnen zu dürfen. Dennoch gibt es Zukunftsängste
Oettingen Mit einer Hand formt der Kunde eine imaginäre Pistole und ruft: „Überfall!“Sein Grinsen lässt sich unter der Mundschutzmaske nur erahnen. Matthias Jung wirft theatralisch die Hände nach oben und lacht. Er ist Inhaber des Oettinger Geschäfts „Schuh-Sport-Jung“. Als der Kunde schließlich den Laden verlässt, sagt er: „Die Scherze mit den Leuten, das hab ich schon vermisst.“Nachdem rund fünf Wochen lang die Geschäfte schließen mussten, dürfen bestimmte Einzelhändler ihren Laden seit Montag wieder öffnen, auch in Oettingen. Doch trotz der jüngsten Lockerungen hat nicht jeder von ihnen Grund zu lachen.
Auch ohne Corona-Krise stünde der Oettinger Einzelhandel vor Herausforderungen, sagt Isabella Baur, eine von drei Vorsitzenden der Oettinger Werbegemeinschaft. Es sei vor allem schwierig, neue Geschäftsleute anzuwerben. „Aktuell stagniert die Zahl der Einzelhändler, wir bekommen leider keine neuen dazu.“Problematisch sei auch, dass einige ältere Ladenbesitzer sich schwer täten, mittelfristig einen neuen Inhaber zu finden. Baur sagt: „Oft sind einfach keine Nachfolger da.“Die Corona-Krise hätte die Situation nicht besser gemacht. „Keiner weiß, wie es jetzt genau weitergehen wird.“
Auch für Susanne Hauber ist die Zukunft ungewiss. Sie ist Inhaberin des Oettinger Fotostudios „Hauber“.
Wie alle Einzelhändler musste auch sie ihr Geschäft in den vergangenen Wochen schließen. Doch anders als Produktdienstleister wie etwa Modegeschäfte oder Schuhläden konnte die Fotografin in dieser Zeit keinen Lieferdienst einrichten. „Ich habe gar nichts verdient“, sagt sie.
Es ist Dienstag, der zweite Tag, an dem Susanne Hauber wieder öffnen darf. Sie steht in ihrem Studio an der Oettinger Königsstraße. Sie habe einen „sehr verhaltenen“Start erlebt, sagt die Fotografin. Weniger Kunden als normalerweise seien in das Studio gekommen. Weil Hochzeiten, Geburtstage und Kommunionen abgesagt wurden, fällt für Hauber gerade auch ein Großteil ihrer anderen Aufträge weg. Sie sagt: „Es ist schon übel. Ich habe Existenzängste.“
Ein paar Ecken weiter hat Anita Thorwarth gerade alle Hände voll zu tun. Sie steht an der Kasse hinter einer Plexiglasscheibe und unterhält sich mit einer Kundin. Beide müssen laut werden, der Mundschutz dämpft ihre Stimmen. Thorwarth betreibt das Modegeschäft „Hölderle“. Sie hat Abstandsmarkierungen, Desinfektionsspender und Schutzhandschuhe in ihrem Laden verteilt. Wie viele habe auch sie einen Lieferdienst während der Ladenschließung angeboten. Thorwarth sagt: „Wir haben uns so gut es geht angepasst, aber jetzt sind wir schon sehr froh, dass es wieder losgeht.“
Die Einzelhändler hoffen, dass ihr Geschäft nun wieder Fahrt aufnehmen wird. Wie aber können Kunden die Ladenbesitzer unterstützen? „Bitte nicht im Internet kaufen, sondern hier, bei lokalen Händlern“, sagt Isabella Baur.
Außerdem gebe es die Internetseite www.oettingen.help.de. Dort könne man Gutscheine etwa von Ladengeschäften, Handwerks- und Gastronomiebetrieben kaufen und ihnen so vorgezogene Einnahmen verschaffen. Einnahmen, die eine drohende Insolvenz vielleicht abwenden können.