Scholz will eine Lösung für zwei Probleme
Mit seinem Vorstoß für einen 57-Milliarden-Rettungsschirm für die Kommunen stößt der Finanzminister auf ein geteiltes Echo – vor allem aber auf ein klares Nein aus Bayern. Warum? Es geht um die Altschulden
München Mit seinen Plänen für einen 57-Milliarden-Schutzschirm für die wegen der Corona-Krise gebeutelten Kommunen hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die Rechnung ohne die Wirte gemacht. Weil sein Vorschlag vorsieht, dass sich die Länder an der Finanzierung zur Hälfte beteiligen sollen, kam vor allem aus Bayern ein kategorisches Nein. Finanzminister Albert Füracker (CSU) stellte klar: „Wenn der Bund den Kommunen helfen möchte, darf er das gern tun – eine Zwangsverpflichtung der Länder nach den Regeln des Bundes ohne Absprache ist aber eine Unverschämtheit.“
Dabei war das Echo auf die am Samstag in Berlin vorgestellten Pläne erst einmal gemischt ausgefallen: Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) konnten den Ideen aus dem Finanzministerium viel abgewinnen. Reiter sagte, Scholz’ Pläne seien ein
Vorschlag, „der die Kommunen sehr zeitnah in die Lage versetzt, ihre lebenswichtigen Aufgaben, insbesondere im Rahmen der Daseinsvorsorge, weiter sicherstellen zu können“. Und: „Wir gehen für München davon aus, dass die Mindereinnahmen allein im Jahr 2020 zwischen 700 Millionen Euro und 1,5 Milliarden Euro betragen.“Gemeindetagspräsident Brandl sagte angesichts wegbrechender Gewerbesteuereinnahmen: „Das ist schon ein Befreiungsschlag, weil man auf diese Art und Weise das Haushaltsjahr 2020 relativ sicher abwickeln kann.“Es sei ein Gebot der Solidarität, dafür zu sorgen, „dass wir in zwei, drei Jahren in der Lage sind, eine kommunale Landschaft zu haben, die aus voller Kraft investieren kann und die diese Altschuldenlast hinter sich lassen kann“. Zustimmung kam auch vom Deutschen Städtetag sowie aus NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz – beide Länder sind SPD-regiert und in beiden Ländern gibt es besonders hoch verschuldete Kommunen.
Der von Scholz vorgeschlagene Schutzschirm soll 57 Milliarden Euro umfassen und die dauernde Handlungsfähigkeit der Kommunen sichern. Davon sind knapp zwölf Milliarden zur Kompensation von Gewerbesteuerausfällen veranschlagt. Für die Übernahme kommunaler Liquiditätskredite sind 45 Milliarden Euro vorgesehen. Etwa 2000 Kommunen seien mit Kassenkrediten so hoch belastet, dass allein die Bedienung der Zinsen eine unlösbare Situation sei. „Der Schutzschild besteht aus zwei Komponenten: Erstens, der akuten Nothilfe, die durch den Wegfall wichtiger Einnahmen bei der Gewerbesteuer für die Kommunen entstanden ist und allen Städten und Gemeinden offensteht“, heißt es in dem Konzept. „Zweitens, einer Altschuldenhilfe, also einer langfristigen Übernahme von Kassenkrediten hoch verschuldeter Städte und Gemeinden, damit diese Kommunen künftig wieder handlungsfähiger sein können.“
Dass die Kommunen unter den Corona-Rettungsschirm genommen werden, findet der FDP-Bundestagsfraktionsvize Stephan Thomae (Kempten) erst mal sinnvoll, wie er gegenüber unserer Redaktion sagte: „Die Kommunen sind die wichtigsten Anlaufstellen für die täglichen Bedürfnisse der Bürger.“Doch Thomae warnte, „so zu tun, als wäre plötzlich unendlich viel Geld da“. Und es mache „keinen Sinn, mit einem Altschulden-Tilgungsfonds diejenigen Kommunen zu entschulden, die wegen ungelöster struktureller Probleme in Kürze schon wieder Schulden aufbauen werden“.
Deutlich wurde auch Bayerns Finanzminister: „Eine Altschuldentilgung von Kommunen in ganz Deutschland mit bayerischem Steuergeld ist mit uns nicht zu machen. Länder, die seit Jahren verantwortungsvoll und solide gewirtschaftet haben, werden bestraft“, sagte Füracker. Hilfe des Bundes sei wünschenswert, „aber nur mit klarer Abstimmung mit den Ländern und ohne Koppelung an Altschuldentilgung“, so der CSU-Politiker. Der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Achim Post, hielt Füracker am Sonntag entgegen: „Es ist ein ganz schön abgeschmacktes Spektakel, wenn der bayerische Ministerpräsident seit Wochen den großen Krisenmanager auf der Bundesbühne mimt, aber in dem Moment, wo es einmal um Solidarität über bayerische Landesgrenzen hinaus geht, seinen Finanzminister auf Konfrontation schalten lässt.“