Ein Sturm gegen Volkswagen
Das Entsetzen über ein rassistisches Werbe-Video des Konzerns wird immer größer. Nun stellen sich Manager die Frage, wie das passieren konnte. Ex-BKA-Leute ermitteln
Wolfsburg Volkswagen hat nach Meinung des Betriebsrats im Umgang mit einem rassistischen Werbespot Fehler gemacht. Es stehe fest, „dass ja ganz offensichtlich auch VW-intern Fehler passiert sind“, sagte ein Sprecher des VWKonzernbetriebsrats am Wochenende. „Daher ist es mehr als irritierend, dass einzelne Unternehmensvertreter bereits jetzt öffentlich der beteiligten Agentur eine Schuld zuweisen. Es geht vielmehr aktuell darum, diese Ungeheuerlichkeit restlos aufzuklären – und nicht um vorschnelle Schlüsse.“Ein Sprecher des Volkswagen-Konzerns hatte zuvor gesagt: „Man müsste erwarten können, dass Inhalte dieser Art eine internationale, kompetente Agentur mit Hauptsitz in den USA gar nicht erst verlassen.“
Der VW-Betriebsratssprecher meinte hingegen, dass die Konzernrevision mittlerweile begonnen habe, den Fall zu untersuchen. „Damit sind nun Profis am Werk – viele der Kolleginnen und Kollegen aus unserer Revision waren früher beim LKA oder BKA.“Bei der Aufarbeitung gehe Gründlichkeit vor Schnelligkeit. „Wenn am Ende das Gesamtbild feststeht, ist es Zeit, mit aller gebotenen Härte die Konsequenzen zu ziehen. Aber auch erst dann“, sagte der Sprecher.
In dem online veröffentlichten Werbevideo war unter anderem zu sehen, wie eine riesige weiße Hand einen schwarzen Mann durchs Bild schiebt und schließlich wegschnippt. Nach Kritik in sozialen Netzwerken baten Volkswagen und die Agentur Voltage OMC um Entschuldigung.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezeichnete das Video als „eindeutig rassistisch und menschenverachtend“. Es sei nicht zu verstehen, dass das „schockierende“Video nicht vor Veröffentlichung gestoppt worden sei. „Dieses Thema wird sicher auch noch ein Nachspiel in den Gremien haben“, sagte der SPD-Politiker, der als Vertreter des Landes und VW-Großaktionärs Niedersachsen im Volkswagen-Aufsichtsrat sitzt.
Weils Parteifreund, der frühere Vizekanzler Sigmar Gabriel, der einst auch im VW-Aufsichtsrat saß, versuchte hingegen, die Wellen zu glätten: „Ich halte es für absoluten Blödsinn, Volkswagen Rassismus oder die Absicht zu unterstellen, da ,White Power‘ zu unterstützen.“Der Begriff „White Power“, also weiße Macht, und die White-PowerFaust werden von Ultra-Rechten in den USA dem Black-Power-Slogan der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung entgegengesetzt.
Das VW-Top-Management in Wolfsburg reagierte jedenfalls letztlich doch tief betroffen auf das Video. VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann sprach von einem „rassistischen Werbevideo“.
Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, ist entsetzt: „Das Video ist grenzwertig und komplett rassistisch in seiner Wirkung“, sagte er. Betriebsratschef Bernd Osterloh stimmte Della zu und meinte: „Ich schäme mich für diesen Spot. Da spreche ich sicherlich für die ganze Belegschaft.“
Für einen Moment war gegen Ende des Werbefilms für das neue Golf-Modell auch eine Buchstabenfolge zu sehen, deren Einblendung das Wort „Neger“nahelegte. „Schon vor dem Hintergrund unserer eigenen Unternehmensgeschichte positioniert sich Volkswagen gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung“, ließ die Volkswagen AG darauf mitteilen. Auch bei Twitter war der Clip zu sehen gewesen. Della sagte, es sei erstaunlich, dass es die heftige Reaktion in den sozialen Medien gebraucht habe, damit auch Volkswagen selbst das Video kritisch sehe. Eine erste, aber noch vorsichtige Entschuldigung war zuvor auf Instagram verbreitet worden: „Wie ihr euch vorstellen könnt, sind wir überrascht und schockiert, dass unsere InstagramStory derart missverstanden werden kann“, schrieb VW dort. Dies war stellenweise nochmals auf Kritik gestoßen. Ein Nutzer meinte: „Alles also nur eingebildet und ein Missverständnis? Sorry, aber den Rassismus bilden wir uns nicht ein.“
VW präzisierte daraufhin seine Entschuldigung. Das Unternehmen betonte zudem: „Viele Initiativen im Unternehmen und in unserer weltweiten Belegschaft fördern Vielfalt, Integration und eine vorurteilsfreie Zusammenarbeit.“Das sei begrüßenswert, so Della, aber entschuldige nicht das Video. Der Clip zeige, dass sich VW mit Rassismus und damit, wie Bilder wirken, auseinandersetzen müsse. Della: „Dann wäre das auch den Leuten bei VW aufgefallen, dass es nicht okay ist, eine schwarze Person durch die Gegend zu schubsen.“