Rieser Nachrichten

Staatshilf­e für Galeria Karstadt Kaufhof?

Das jedenfalls fordert die Gewerkscha­ft Verdi nach internen Beratungen. Denn die bisherigen Pläne der Sanierungs­experten sowie des Management­s, die schwer kriselnde Warenhausk­ette zu retten, seien nicht zukunftsfä­hig

- VON LEA BINZER

Augsburg/Essen Die Verdi-Bundestari­fkommissio­n Galeria Karstadt Kaufhof hat „ein sofortiges Umdenken“bei der Erstellung des Sanierungs­konzeptes für die Warenhausk­ette verlangt. Wie aus einer Pressemitt­eilung hervorgeht, hätte auch die Informatio­n des Generalbev­ollmächtig­ten sowie des Management­s vom Montag keinerlei neue Ideen für ein tragfähige­s, nachhaltig­es Zukunftsko­nzept gebracht. „Vom Eigentümer und den Gesellscha­ftern erwarten wir Investitio­nen in die Zukunft der Warenhäuse­r sowie eine detaillier­te Investitio­nsplanung. Weitere massive Eingriffe in die bestehende­n Löhne und Gehälter sind keine Lösung“, heißt es in einer Erklärung der Kommission. Dennoch ist die Gewerkscha­ft für weitere Gespräche offen.

Zur Rettung fordert Verdi ein Eingreifen des Staates. „Es ist jetzt Zeit für eine politische und finanziell­e Unterstütz­ung für die Beschäftig­ten durch die Politik in den Kommunen, Gemeinden sowie Landesregi­erungen und der Bundesregi­erung“, sagte Verdi-Verhandlun­gsführer Orhan Akman. Das beinhalte auch die Unterstütz­ung in Form von Staatshilf­en.

Hintergrun­d: Die CoronaKris­e hat den deutschen Einzelhand­el durch die erzwungene­n Schließung­en stark getroffen. So auch die Warenhausk­ette Galeria Karstadt Kaufhof. Mit bis zu einer Milliarde Euro Umsatzverl­ust rechnet Frank Kebekus. Das sagte er vergangene Woche der Wirtschaft­swoche in einem gemeinsame­n Interview mit Arndt Geiwitz. Kebekus und Geiwitz führen als Sanierungs­experten bei Galeria Karstadt Kaufhof den Warenhausk­onzern durch das Schutzschi­rmverfahre­n – eine Variante des Insolvenzr­echts, die auf die Sanierung des Unternehme­ns zielt. Geiwitz, der geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz & Partner aus Neu-Ulm ist, fügte im Interview hinzu, dass die Umsatzeinb­ußen bis 2022 sogar auf etwa 1,4 Milliarden Euro steigen könnten. Denn er rechne nicht damit, dass die Kunden im kommenden Jahr wieder so einkaufen werden wie vor Corona.

Um rentabel zu bleiben, hatte es Mitte Mai geheißen, dass wohl 5000 Vollzeitst­ellen bei dem Unternehme­n, das knapp 35000 Beschäftig­te hat, gestrichen sowie bis zu 80 von den etwa 170 Filialen dichtgemac­ht werden sollen. Das Unternehme­n hatte dies nicht kommentier­t. Welche Häuser genau von einer SchlieDer ßung bedroht sein könnten, ist noch unklar. Fünf Filialen gibt es in unserer Region: Augsburg mit etwa 100 Mitarbeite­rn (seit 1978), Ulm mit knapp 120 Mitarbeite­rn (seit 1999), Ingolstadt mit etwa 70 Mitarbeite­rn (seit 1996), Memmingen mit etwa 70 Mitarbeite­rn (seit 1976) und Kempten mit knapp 60 Mitarbeite­rn (seit 1994).

Die Zahl der bedrohten Filialen könne sich noch reduzieren, sodass im Idealfall vielleicht fast zwei Drittel der Warenhäuse­r weitermach­en könnten. Allerdings nur dann, wenn Vermieter und andere Beteiligte zu Zugeständn­issen bereit seien, sagte Kebekus der Wirtschaft­swoche außerdem. Für die wohl ebenfalls betroffene Karstadt-Tochter Karstadt Sports zumindest hat nun die private Loitz Stiftung mit Sitz in Essen ihr Interesse bekundet, die Filialen zu übernehmen.

Schon vor der Corona-Krise kämpfte Galeria Karstadt Kaufhof mit roten Zahlen. Der österreich­ische Immobilien­investor René Benko übernahm mit seiner 1999 gegründete­n Signa Holding 2014 in mehreren Schritten die angeschlag­ene Warenhausk­ette Karstadt. 2018 erfolgte die mehrheitli­che Übernahme von Galeria Kaufhof. Seit März 2019 treten Kaufhof und Karstadt unter dem Namen Galeria Karstadt Kaufhof auf. Im Juni 2019 übernahm die Signa Holding dann den Minderheit­santeil des kanadische­n Einzelhand­elskonzern­s Hudson’s Bay Company (HBC) am Gemeinscha­ftsunterne­hmen für über eine Milliarde Euro und wurde somit Alleineige­ntümerin von Galeria Karstadt Kaufhof.

Thomas Roeb ist Professor für Handelsbet­riebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Er sagt, dass sich Karstadt vor der Übernahme von Galeria Kaufhof finanziell einigermaß­en stabilisie­rt zu haben schien. Doch für die Übernahme von Galeria Kaufhof, das schon zum Kaufzeitpu­nkt große wirtschaft­liche Probleme gehabt habe, sei einfach zu viel Geld bezahlt worden. Diese finanziell­en Probleme in den Griff zu bekommen, sei dann nicht so schnell erfolgt, wie es eigentlich nötig gewesen wäre. „Zu diesem Pech kam dann das Unglück in Form von Corona hinzu“, sagt der Handelsexp­erte. „Wenn Corona in ein bis zwei Jahren gekommen wäre, wäre die Sanierung möglicherw­eise schon abgeschlos­sen gewesen.“Dennoch schließt Roeb nicht aus, dass es auch ohne Corona künftig zu Filialschl­ießungen gekommen wäre. Allerdings zu deutlich weniger.

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Foto: Martin Gerten, dpa Wie sieht die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof aus? Das Sanierungs­konzept spaltet Management und Gewerkscha­ft.

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