Der Mann ist die Marke
Richard Branson hat mehr als 400 Firmen gegründet. Manche wurden zu Flops. Na und? Zum Milliardär hat es der schillernde Brite trotzdem gebracht
Richard Branson schert sich nicht besonders darum, was die Welt von ihm hält. Der schillernde Unternehmer macht, was er will. Der einst junge Wilde der britischen Wirtschaft ist zwar nicht mehr ganz so jung, aber trotzdem wild geblieben. Kaum jemand beherrsche die Kunst der Selbstvermarktung so sehr wie Branson, heißt es. Oder ist er lediglich ein Blender, wie Kritiker finden? Mit seiner Virgin Group hat der Brite ein Firmenimperium geschaffen. Am Samstag feiert Sir Richard Charles Nicholas Branson seinen 70. Geburtstag. Es ist nicht sein bestes Jahr.
Erst im April bat er vergeblich um staatliche Hilfen für seine Airline, die unter der Corona-Krise leidet. Das kam im Königreich äußerst schlecht an – auch, weil er einst, als der Konkurrent British Airways in Schieflage geriet, meinte, „Verlust machende und ineffiziente Gesellschaften sollte man gegen die Wand fahren lassen“. Die Briten empörten sich vor allem darüber, dass Branson seine Mitarbeiter in unbezahlten Urlaub schickte und gleichzeitig auf Unterstützung der Regierung hoffte. Branson will außerdem die Mehrheit an seinem RaumfahrtUnternehmen abgeben, obwohl es eine Herzensangelegenheit für den Briten ist. Der von der Abenteuerlust getriebene Visionär, der gerne mit Mutproben und Weltrekorden Schlagzeilen macht, etwa als er es im Heißluftballon über den Atlantik und Pazifik versuchte, will seit Jahren Reisen ins All anbieten. Bislang erfolglos. Bransons Optimismus, dessen Vermögen
das Magazin Forbes auf 3,7 Milliarden Euro schätzt, soll das nicht trüben. Wenn sein Image Kratzer bekommen hat, dann auch, weil seine Rufe nach finanzieller Unterstützung ausgerechnet aus der Karibik ins Königreich hallten. Dort besitzt er eine Privatinsel, wo er nicht nur mit seiner zweiten Ehefrau lebt, sondern auch seine Holding ansässig gemacht hat. Nebeneffekt: Er bezahlt keine Einkommensteuer. „Ich hatte das große Glück, mehr Reichtum anzuhäufen, als ich zu meinen Lebzeiten brauche, und würde nicht irgendwo nur aus Steuergründen leben, wo ich nicht leben will“, verteidigte sich der Speed-BootFahrer,
Segler und Kite-Surfer. Seine Insel gilt als Partyort für Promis. Manche von ihnen hat er zu Stars gemacht. Zu den mehr als 400 Firmen, die er gegründet haben soll, gehört die Plattenfirma Virgin Records, mit der er in den 60ern das Musikgeschäft aufwirbelte. Er produzierte für die Sex Pistols, Phil Collins oder auch die Rolling Stones.
Der Sohn eines Anwalts und einer Stewardess wirkt wie ein Getriebener. Schon mit elf Jahren züchtete und verkaufte er Wellensittiche, um Geld zu verdienen. Mit 17 gründete er ein Studentenmagazin, für das er hochkarätige Schreiber gewinnen konnte. Es wurde ein Flop, aber was soll’s? Zuvor hatte er schon die Schule geschmissen. Sein damaliger Rektor verabschiedete ihn mit der Prophezeiung, er würde im Gefängnis landen – oder Millionär werden.
Katrin Pribyl