Freihandel ohne Klimaschutz
Kritik an EU-Plänen mit Südamerika
Brüssel Was der Whistleblower da lieferte, verstört Klimaaktivisten und Politiker: Die geplante größte Freihandelszone der Welt zwischen der EU und Südamerika soll offenbar ohne klare Regeln bei Verstößen gegen Ökoauflagen auskommen. Und das in einer Zeit, in der Europa sich mit seinem „Green Deal“gerade ehrgeizige CO2-Ziele gegeben hat und die Sorge um eine Abholzung des Amazonas-Regenwalds nicht ausgestanden ist.
Greenpeace veröffentlichte am Freitag ein brisantes Papier. Es ist eine Vorabversion des Abkommens zwischen den beiden Handelsblöcken. Die Quelle blieb anonym – die Umweltschützer versicherten, das ihnen zugespielte Material sei authentisch. Nicht nur sie sprechen von einem Versäumnis, das in einem fertigen Abkommen mit Mercosur klimapolitisch kaum tragbar wäre. Auch EU-Parlamentarier und einige EU-Staaten sehen den seit Jahren verhandelten Vertrag mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay auf wackligen Füßen.
Kern der Kritik: Der Entwurf enthalte keine wirksamen Sanktionen, wenn gegen Klimaschutzzusagen verstoßen wird. Im Text finden sich nur Appelle für einen Informationsund Erfahrungsaustausch oder die Einhaltung nationaler Verpflichtungen.
Es geht um viel. Nach dem Scheitern der transatlantischen Freihandelszone TTIP und dem von USPräsident Donald Trump befeuerten Protektionismus will die EU endlich einen Erfolg verbuchen. Durch Abbau von Zöllen, gegenseitige Anerkennung von Standards sowie weitere Erleichterungen soll der Handel zwischen Europa und Südamerika angeschoben werden. Unternehmen und Verbraucher sollen am Ende Milliarden Euro sparen.
Die Realität sieht für die Kritiker anders aus. Mehr Rindfleisch- oder Sojaexporte könnten zu mehr Brandrodungen führen, um Weideflächen zu gewinnen. „Das Abkommen würde die Zerstörung des Amazonas beschleunigen, ein Klima-Chaos entfesseln und zahllose Arten auslöschen“, glaubt Jürgen Knirsch von Greenpeace.