Die Lage in Kliniken und Heimen verschärft sich
Es gibt wieder mehr Besuchsverbote. Und die Corona-Regeln treffen auch andere Patienten
Augsburg Für viele Bereiche des öffentlichen Lebens hat die Regierung klare, strenge Regeln vorgegeben. Für Krankenhäuser, Senioren- und Pflegeheime nicht. Dort liegt ein Großteil der Verantwortung bei den Leiterinnen und Leitern. Ob Patienten und Bewohner zum Beispiel Besucher empfangen dürfen, hängt stark von der Zahl der Corona-Fälle in einer Einrichtung oder in der Region ab, in der sie steht.
Die Lage in den Krankenhäusern verschärft sich. In Bayern waren – Stand Donnerstag, 17 Uhr – fast drei Viertel der 4196 verfügbaren Intensivbetten belegt, davon 169 mit Covid-19-Patienten, von denen 72 beatmet wurden. Im Notfall könnte der Freistaat aber innerhalb einer Woche gut 1900 zusätzliche Betten aufstellen.
In den Kliniken der Kreisspitalstiftung Weißenhorn (Kreis NeuUlm) werden derzeit sieben Covid19-Fälle behandelt. Die Stiftung betreibt drei Krankenhäuser in Weißenhorn, Neu-Ulm und Illertissen mit insgesamt 1600 Mitarbeitern. Die, die in Kontakt mit Patienten stehen, werden alle zwei Wochen getestet. Auch die Patienten werden Tests unterzogen. Das größte Risiko, dass das Virus in die Kliniken getragen werde, gehe von Besuchern aus, sagt Pressesprecherin Edeltraud Braunwarth. Deshalb habe die Stiftung seit Donnerstag „rein prophylaktisch“ein Besuchsverbot verhängt. So will sie einer Entwicklung wie in der Kreisklinik Schongau zuvorkommen, wo alle 600 Mitarbeiter in Quarantäne mussten, nachdem 38 von ihnen und 17 Patienten positiv getestet worden waren. Nur mit einer Ausnahmeregelung
kann der Betrieb aufrechterhalten werden. „Die Besucher und Patienten reagieren sehr verständnisvoll“, erklärt Braunwarth. Unter anderem sind auch die Kliniken in Ingolstadt und Memmingen wieder für Besucher geschlossen.
Intensivmediziner Wolfgang Geisser koordiniert die CoronaStrategie der Krankenhäuser Nördlingen, Donauwörth, Wertingen und Dillingen. Die Patienten dort dürfen Besuch empfangen – noch. Geisser sieht große Probleme auf die Krankenhäuser zukommen. Covid19-Patienten bräuchten wegen der strengen Isolation mehr Betreuung als andere Intensivpatienten. „Genug Personal ist aber nicht überall da.“Außerdem dürfe im Fall eines Corona-Ausbruchs jedes Zimmer nur mit einem Quarantänefall belegt werden. Die Folge: Für andere Patienten bleibt weit weniger Platz.
„Die Rettungsdienste wissen schon gar nicht mehr, wo sie hinfahren sollen.“Sie müssten teils lange Strecken zurücklegen, um neue Patienten einliefern zu können.
Dass die Regierung für Medizin und Pflege keine ganz strikten Vorgaben macht, stört Geisser nicht – anders als die Leiter mancher Pflegeheime. Andreas Czerny, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt Bayern (AWO) weiß: „Viele in der Pflege hätten gern einheitliche Regeln, auf die sie sich berufen können. Alles andere ist wahnsinnig anstrengend.“Die AWO betreibt allein in Schwaben dutzende Heime. Grundsätzlich ergebe die Strategie der Landesregierung Sinn, vor Ort etwa über Besuchsverbote entscheiden zu lassen. Ein flächendeckendes Verbot „würde die psychische Belastung der Bewohner wie der Belegschaft meiner Ansicht nach eher steigern“. In Augsburg musste die AWO allerdings schon ein Haus für Besucher schließen. Anfang der Woche waren dort 13 positive Testergebnisse bei Bewohnern, sechs bei Mitarbeitern bekannt geworden. Auch einzelne Heime anderer Träger in der Region sind wieder zu.
Die Regierung hatte am Mittwoch angekündigt, dass in Krankenhäusern, Heimen und Behinderteneinrichtungen „zügig Schnelltests eingesetzt werden“sollen. „Das Wichtigste ist, dass wir ausreichend Tests bekommen“, sagt Czerny, „und zwar für alle drei Gruppen: Belegschaft, Besucher, Bewohner.“Diese seien aber noch nicht in ausreichendem Maß vorhanden – oder gar nicht. „Wir gehen von 250 000 Tests pro Monat aus, die alleine die AWO Bayern, und das nur in der vollstationären Pflege, benötigen würde.“